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Pasta Mortale

Pasta Mortale

Titel: Pasta Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Luxusrestaurant als Ort für sein letztes Stündchen auszusuchen. Manche
Leute kannten ja wirklich keinen Genierer.
    Und dennoch, dieses massive Auftreten von Tod und Verderben
war nicht gut fürs Geschäft. Es sah ja fast so aus, als ob ein böser Fluch auf
dem neuen Gastroführer lag und der Weg dahin mit Leichen gepflastert war.
    Halt, vielleicht konnte man das ja marketingmäßig
irgendwie nutzen? ›Kulinarisches Wien – der mörderisch gute Gastroführer.‹
    Vielleicht sollte er seine Spezialisten darauf ansetzen.
Schaden konnte es ja nicht, einmal darüber nachzudenken.

     
    *

     
    Palinski hatte Lehberger eigentlich gar nicht
anrufen wollen. Er hatte die Nummer des Verlegers nur eingetippt, um die zehn
Minuten Wartezeit sinnvoll zu nutzen, die ihm die Sekretärin Georg Maynars
genannt hatte. »Der Chef spricht gerade, wir rufen Sie aber zuverlässig
zurück«, hatte ihm die sympathische Stimme verheißen.
    Und dann das. Lehberger hatte sich nicht nur den
aktuellen Vorfall berichten lassen, sondern ihn auch über drei andere, weitere
Geschehnisse informiert. Die zwar nicht unbedingt zusammengehörten, im Konnex
betrachtet aber doch sehr sonderbar wirkten. Ob es so etwas wie einen bösen
Fluch wirklich gab? Der einen unaufhaltsam seinem Schicksal zutrieb und auf dem
Weg dahin im Kopf blockierte. Sodass man nicht mehr denken konnte, einem nichts
mehr einfiel, und die Angst schließlich zum täglichen Weggefährten wurde.
    Wann rief denn dieser Maynar jetzt endlich an? Die
angekündigte Zeit war doch schon längst vorüber. Und in einer Viertelstunde
musste er bereits bei der Probe in Klosterneuburg sein. Da war auf jeden Fall
ein Taxi fällig. Und wenn schon. Das konnte er sich jetzt immer und jederzeit
leisten. Selbst wenn ›Kloburg‹ nicht gleich neben Döbling läge, sondern neben
Innsbruck.
    Verdammt, wo blieb denn dieser Anruf aus Deutschland? Ach, da
war er ja, hoffentlich zumindest. »Palinski, guten Tag.«
    Es war tatsächlich Georg Maynar, der geduldige,
langmütige Verleger von Palinskis beiden Romanen. Dem erfolgreichen ersten und
einem seit acht Monaten eher zögerlich anlaufenden zweiten Roman.
    »Ich möchte unbedingt noch heuer Ihren neuen Roman
herausbringen«, das erzählte ihm Maynar jetzt schon seit Anfang des Jahres.
»Die Geschichte, die Sie da skizziert haben, passt sehr gut in die Zeit, und
wir sollten beim Weihnachtsgeschäft unbedingt dabei sein. Auch die Italiener
haben mehrfach angefragt.«
    Die Italiener, das war der große Mailänder Verlag,
der aus durchaus erklärungsbedürftigen Gründen seinerzeit die fremdsprachigen
Rechte an den beiden Romanen sowie Optionen auf alle folgenden Manuskripte
erworben hatte. Gegen gutes Geld, sehr gutes sogar, da gab es nichts daran zu
deuteln. Und dennoch, diese Connection bereitete Palinski nach wie vor
Kopfschmerzen.
    »Klar, Herr Maynar«, versicherte Palinski. Jetzt war Anfang
Juni, überlegte er. Also gut. »Sie bekommen das fertige Manuskript … Ende
August. Also spätestens Mitte September. Das verspreche ich Ihnen.«
    »Sie haben exakt
bis zum 16. August Zeit. Spätestens an diesem Tag muss das Manuskript im
Lektorat sein, sonst ist eine Veröffentlichung in diesem Jahr einfach nicht
mehr drin.« Maynars geduldige, langmütige Stimme hatte plötzlich einen sehr
bestimmten Klang angenommen. »Und Sie wissen hoffentlich, was das für Sie
bedeutet.«
    »Na ja, klar. Natürlich weiß ich …, das ist doch
selbstverständlich«, Palinski fühlte sich, als ob in seinem Magen eine mittlere
Million junger Schmetterlinge aus ihren Larven gekrochen wären und ihre ersten
Flugversuche gestartet hätten.
    »Also spätestens 16. August«, ermahnte Maynar
nochmals, »und keinen Tag später. Setzen Sie sich endlich auf Ihren Hintern und
schreiben Sie, Herr Pé«, das war Palinskis Pseudonym. »Sie können es ja, und
Sie haben uns das schon bewiesen. Schönen Tag noch.«
    Ehe Mario Palinski vulgo Jean Marie Pé noch etwas sagen
konnte, hatte der Deutsche das Gespräch auch schon beendet.
    Bis Mitte August, das waren gerade noch zehn Wochen. Das
konnte nicht gut gehen. Er merkte, wie ihn die Angst überfiel. Nicht leise,
schleichend wie sonst meistens, sondern schlagartig. Maynar hatte ja leicht
reden, der wusste nicht, wie das war. Wenn man das hatte, was Palinski zu haben
befürchtete. Nämlich ein erstklassiges erstes Kapitel und seither nur mehr ein
großes Loch dort, woher sonst die Ideen

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