Patria
einen eleganten Nadelstreifenanzug. Er war sechsmal als Senator in den Kongress gewählt worden, und als der Präsident ihn zum Justizminister berief, war er Gouverneur von Vermont gewesen. Durch seine ehrliche, offene Art war er in beiden Lagern des politischen Spektrums beliebt, doch seine distanzierte Art schien einem noch höheren Karrieresprung im Wege zu stehen.
Stephanie war noch nie bei Green zu Hause gewesen, und sie hatte eine trübselige, fantasielose Behausung erwartet, die ihrer Meinung nach zu ihm passte. Doch es war warm und gemütlich bei Green, und die erdfarbenen, blaugrauen und blassgrünen Töne mit den braunen und orangefarbenen Tupfern erinnerten Stephanie an Ensembles, die eine Möbelkette in Atlanta als Hemingway-Look bewarb.
»Diese Sache hier ist selbst für Ihre Verhältnisse ungewöhnlich, Stephanie«, sagte Green, nachdem er sie begrüßt hatte. »Gibt es Neuigkeiten von Malone?«
»Er wollte sich etwas ausruhen und dann zum Schloss Kronborg fahren. Wenn man die Zeitverschiebung berücksichtigt, dürfte er schon auf dem Weg sein.«
Green bot ihr einen Platz an. »Das Problem scheint zu eskalieren.«
»Brent, wir haben schon einmal über diese Sache gesprochen. Jemand aus den höchsten Regierungskreisen hat sich Zugang zu unseren streng gesicherten Daten verschafft. Wir wissen, dass Dateien über die Alexandria-Connection kopiert wurden.«
»Das FBI ermittelt in dieser Sache.«
»Das ist doch ein Witz. Der FBI-Direktor ist ein Arschkriecher erster Güte, der niemals zulassen würde, dass der Verdacht auf jemanden aus dem Weißen Haus fallen könnte.«
»Sie nehmen mal wieder kein Blatt vor den Mund, aber Sie haben recht. Leider ist die Anfrage beim FBI aber der einzige Weg, der uns offiziell zur Verfügung steht.«
»Wir könnten selbst ermitteln.«
»Damit handeln wir uns nur Ärger ein.«
»Daran bin ich gewöhnt.«
Green lächelte. »Stimmt.« Er stockte. »Ich frage mich, wie viel Sie eigentlich über diese Sache wissen?«
»Als ich Cotton vor fünf Jahren auf diese Sache angesetzt habe, waren alle der Meinung, dass ich nichts weiter darüber zu wissen brauchte. Das ist nichts Ungewöhnliches. Es kommt öfter vor, und mich hat es nicht weiter belastet. Aber jetzt brauche ich alle Informationen über die Sache.«
Greens Gesicht verriet seine Beunruhigung. »Wahrscheinlich verletze ich damit eine Million Bundesgesetze, aber Sie haben recht: Es wird Zeit, dass Sie erfahren, worum es hier geht.«
Malone sah auf die felsige Landzunge mit dem Kronborg Slot. Früher einmal waren die Kanonen der Festung auf ausländische Schiffe gerichtet gewesen, die auf dem Weg zur Ostsee diese Meerenge passierten und mit ihren Zollgebühren die Schatzkammern der dänischen Monarchie füllten. Jetzt zeichneten sich die natursteinfarbenen Wände düster vor dem azurblauen Himmel ab. Das Gebäude, das schon lange nicht mehr als Festung diente, war nun einfach ein skandinavischer Renaissancebau mit achteckigen Türmen, spitzen Türmchen und grünen Kupferdächern, der eher an ein holländisches denn an ein dänisches Bauwerk denken ließ. Das war darauf zurückzuführen, dass die Festung im sechzehnten Jahrhundert nach den Plänen eines Niederländers gebaut worden war. Malone fand, dass der Ort für ein Treffen gut gewählt war. Wo viel Publikum unterwegs war, war jemand, der nicht auffallen wollte, in der Regel gut aufgehoben. Während seiner Jahre beim Billet hatte er sich das oft zunutze gemacht.
Die Fahrt von Christiangade nach Kronborg im Norden hatte nur eine Viertelstunde gedauert. Thorvaldsens Landsitz lag auf halbem Wege zwischen Kopenhagen und Helsingör, dem geschäftigen Hafen in unmittelbarer Nachbarschaft des Slot. Malone hatte sowohl Kronborg als auch Helsingör besichtigt und an den Stränden nach Bernstein gesucht, was eine angenehme Art war, sich einen Sonntagnachmittag lang zu entspannen. Bei seinem heutigen Besuch war an Entspannung gar nicht zu denken. Er war angespannt und absolut kampfbereit.
»Worauf warten wir?«, fragte Pam mit versteinerter Miene.
Er war gezwungen gewesen, sie mitzunehmen. Sie hatte darauf bestanden und gedroht, eine Menge Ärger zu machen, wenn er sie zurückließ. Außerdem konnte er verstehen, dass sie nicht bereit war, bei Thorvaldsen zu bleiben und einfach abzuwarten. Es wusste nur zu gut, dass es kaum auszuhalten war, wenn man unter Hochspannung stand und dabei gleichzeitig zur Untätigkeit verdammt war.
»Unser Kontaktmann hat elf Uhr
Weitere Kostenlose Bücher