Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne
nicht übel«, meinte Jay und bewies, dass er auch mit den Besten und Gerissensten plaudern konnte.
Wir gingen in das Haus, das sie mit ihren Kindern teilte – und mit ihrem Mann. Mit Jack.
Mir fielen bestimmte Einzelheiten auf. Alles schien mir extrem wichtig und aussagekräftig zu sein – Beweise. Die hellen Farben drinnen und der überladene Stil – »amerikanisch«. Dazu vermittelten diverse Akzente den Hauch der großen weiten Welt. Französische Stiche. Flämische Gobelins. Chinesisches Porzellan.
Jill, die Reisende. Jill, die Meisterspionin.
In klassischen Kriminalfällen gibt es eine alte Redensart, die für mich nie einen Sinn ergeben hatte: Cherchez la femme. Sucht nach der Frau. Ich hatte mein eigenes Motto, um viele rätselhafte Fälle in der heutigen Zeit zu lösen: Cherchez l’argent. Sucht nach dem Geld.
Ich glaubte nicht, dass Jeanne Sterling und ihr Mann aus eigenem Antrieb gehandelt hatten. Ich glaubte es ebenso wenig, wie ich je davon überzeugt gewesen war, dass es sich bei Jack und Jill um Promijäger handeln würde. Aldrich Ames hatte angeblich zweieinhalb Millionen Dollar bekommen, weil er ein Dutzend amerikanische Agenten enttarnt hatte. Wie viel hatten die Sterlings kassiert, um einen unbequemen Präsidenten der Vereinigten Staaten zu beseitigen? Für eine entsicherte Kanone, die sich gegen das System gewendet hatte.
Und wer hatte ihnen das Geld gegeben? Cherchez l’argent. Vielleicht würde Jeanne es uns verraten, wenn wir sie ein bisschen unter Druck setzten – was ich hundertprozentig tun wollte.
Wer profitierte am meisten von dem Mord an Präsident Thomas Byrnes? Der Vizepräsident, jetzt Präsident? Die Wall Street? Das organisierte Verbrechen? Die CIA? Darüber musste ich Jeanne befragen. Vielleicht bei Zinnbechern voll dampfendem Kaffee. Vielleicht konnten wir gemütlich darüber plaudern.
Jeanne drehte sich um und führte uns in die Küche. Sie war sehr ruhig und gefasst. Ich schenkte der Einrichtung weiterhin große Aufmerksamkeit. Echte Dekorstücke, alles aufgeräumt, trotz der drei Kinder im Haus. Ich glaubte zu wissen, wie Jeanne und ihr Mann sich ein so fantastisches Haus hier draußen in Chevy Chase leisten konnten. Cherchez l’argent.
»Es hat einen Durchbruch gegeben, stimmt’s?«, sagte sie und drehte sich zu uns um. »Sie sehen mich völlig ahnungslos. Ich habe keinen Schimmer, was es sein könnte. Was ist passiert? Nun erzählen Sie schon.« Sie rieb sich freudig die Hände. Was für ein Schmierentheater. Was für eine Schauspielerin.
»Es hat einen Durchbruch gegeben«, sagte ich schließlich. »Wir haben einige höchst interessante Dinge über Jack erfahren.« Wir haben uns entschieden, ihn als Ersten zu verhaften. Jetzt bist du dran, dachte ich.
»Das sind ja großartige Neuigkeiten«, sagte Jeanne Sterling. »Bitte, erzählen Sie mir alles ganz genau. Schließlich war Kevin Hawkins einer von uns.«
Wir betraten die große Küche, an die ich mich von meinem ersten Besuch erinnerte. Die Wände waren mit Kacheln aus Terrakotta gefliest, die Einrichtung war teuer, aus Holz. Durch ein halbes Dutzend Fenster sah man in den Garten mit Pavillon und Tennisplatz.
»Wir haben Ihren Mann Brett festgenommen, Mrs. Sterling. Wegen Mordes am Präsidenten«, erklärte Jay Grayer mit kalter, ausdrucksloser Stimme. »Er befindet sich bereits in Gewahrsam. Und jetzt sind wir hier, um Sie zu verhaften.«
»Es ist so verflixt schwierig, jedes Detail zu beachten, nicht wahr? Ein winziger Schnitzer – mehr war nicht nötig«, sagte ich zu Jeanne. »Sara hat den Fehler begangen. Ich glaube, sie hat sich in Ihren Mann verliebt. Wussten Sie das? Sie müssen doch über die Affäre zwischen Sara und Brett Bescheid gewusst haben.«
»Was reden Sie denn da, Alex? Was soll der Unsinn, Jay? Haben Sie beide den Verstand verloren?«
»Beinahe, Jeanne, beinahe. Sara Rosen hat in ihrer Wohnung eine Kopie des ungekürzten Films über den Mord an Senator Fitzpatrick aufbewahrt. Ihr Mann ist auf dem Film. Das arme späte Mädchen hat ihn geliebt. Vielleicht hatten Sie das eingeplant. Zumindest müssen Sie es vermutet haben. Wir haben sogar einen Teil seines Fingerabdrucks in Saras Wohnung gefunden. Wahrscheinlich finden wir noch mehr. Jetzt wissen wir ja endlich, wonach wir suchen.«
Jeannes Miene verfinsterte sich. Ihre Augen wurden zu Schlitzen. Ich spürte, dass sie nicht alles über die »Beziehung« ihres Mannes zu Sara Rosen gewusst hatte.
Selbstverständlich wusste sie, dass
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