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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Sie, was Sie wollen. Ich wäre ganz glücklich gewesen, wenn Angela und ich zu zweit geblieben wären. Aber Angela …«
    Sie wollte es ja nicht anders! Ach, man kannte derlei Argumente. DeLange tat, als ob er ein Gähnen unterdrücken müsse. Neumann beugte sich vor. »Wollen Sie es nun wissen oder nicht?« flüsterte er.
    DeLange nickte.
    »Angela hat mitgekriegt, daß wir zu dritt im Bett waren. Sie hat Sascha eine Eifersuchtsszene gemacht. Sascha hat sie ausgelacht. Sascha hat sie beleidigt. Angela ist auf sie los, hat sie geschüttelt, sie ist gestürzt … Ach, was erzähle ich Ihnen das alles. Es war ein Unfall.«
    Es war ein Unfall. Das sagen sie alle.
    »Verstehen Sie? Wir haben einander überfordert. Wir haben so getan, als ob es das alles nicht gäbe: Liebe, Treue, Eifersucht. Als ob man sich nicht schützen müsse vor all diesen Gefühlen. Eri ist damals voller Panik davongelaufen – und ein paar Stunden später stand der Freund ihrer Schwester vor der Tür. Da hatten wir Sascha schon …« Neumann klang heiser. Neumann zeigte Gefühle. Aber DeLange dachte nicht daran, Rücksicht zu nehmen.
    »Sie haben sie verscharrt? Wo liegt sie?«
    Neumann schüttelte den Kopf.
    »Beihilfe zur Vertuschung einer Straftat ist strafbar.«
    »Verjährt.«
    »Und Sophie Winters Tat – wenn es denn so war, wie Sie behaupten …«
    »Ein Unfall. Ich sagte es doch. Auch das ist verjährt.«
    »Wenn man Ihnen Glauben schenkt. Vielleicht war es ja ganz anders? Vielleicht haben Sie Sascha umgebracht, weil Sie eifersüchtig waren – auf Angela?«
    »Ich habe Sascha nicht geliebt. Angela schon.«
    »Und die liefern Sie jetzt ans Messer?«
    »Das hängt doch ganz von Ihnen ab, DeLange, oder? Natürlich können Sie uns denunzieren. Das ist ein gefundenes Fressen für die lieben Kollegen von der Presse. Der Politiker, die Schriftstellerin, die einen Bestseller geschrieben hat, der jetzt verfilmt wird …«
    Er kennt das Buch, dachte DeLange. Er weiß alles. Er hat mich auflaufen lassen.
    »Aber Sie können nur noch mich ruinieren. Und mir ist das ziemlich egal. Angela kann niemand mehr etwas anhaben.«
    »Sophie Winter …«
    »Ist tot. Sie hat mir einen Brief geschickt mit einer zerbrochenen Schallplatte. Und einen Zettel. Auf dem stand …«
    DeLange stieß den angehaltenen Atem aus. »›Schnee unterm Sternenhimmel‹.«
    Neumann lachte ungläubig. »Woher wissen Sie das? Wir hatten darüber gesprochen, damals. Wie wir gehen würden, wenn es Zeit wäre.«
    »Sie ist gefunden worden. Auf dem Taufstein. Erfroren.«
    Neumann senkte den Kopf. DeLange stand auf.
    »Lassen Sie sie in Ruhe, DeLange.« Neumanns Stimme klang klar und fest. Er hob den Kopf. Diesmal wich er DeLanges Blick nicht aus. »Lassen Sie Sascha und Angel in Frieden. Niemand hat etwas davon. Von dem, was Sie Wahrheit nennen. Nur ein paar Journalisten, die Schlagzeilen brauchen. Verstehen Sie?«
    »Nein.«
    DeLange ließ einen Zehneuroschein auf dem Tisch liegen, bevor er ging. Er wollte den Mann nicht verstehen. Aber er konnte nicht mehr ausschließen, daß er recht hatte.
    Wenn man Sophie Winters Buch unter all diesen Aspekten aufs neue las … Wenn man es angesichts der nun bekannten Fakten analysierte …
    DeLange ging zu Fuß nach Hause. Er wollte sich Klarheit verschaffen, bevor er bei den Mädchen eintraf. Und bei Karen.
    Sophie Winters Buch verdrehte die Fakten, wenn Neumann die Wahrheit sagte. In Summer of Love gab es nichts, was die Idylle der drei Blumenkinder gestört hätte – außer der feindseligen Außenwelt. Sascha und Angel und Charles lebten und liebten, aber die anderen ließen sie nicht. Und zum Schluß wurde eine der drei Liebenden von den mißgünstigen Nachbarn gejagt und getötet.
    Hätte es so sein können? DeLange dachte an den Fall von Sebnitz, dem ostdeutschen Städtchen, in dem ein kleiner Junge beim Baden ertrank. Die verzweifelte Mutter beschuldigte die Badegäste, beim Mord des kleinen Jungen durch eine Gruppe Rechtsradikaler zugeschaut zu haben. In Wirklichkeit dürfte es sich um einen Unfall gehandelt haben – und um eine Pflichtvergessenheit der Schwester, die auf den kleinen Bruder hatte aufpassen sollen.
    Wenn Neumann recht hatte, dann lenkte auch Sophie Winter den Verdacht auf das gesamte Dorf, um von der eigenen Schuld abzulenken. So etwas muß keine bewußte Strategie sein. Es kann auch ein unbewußter Versuch sein, sich gegen die eigene überwältigende Schuld zu wehren.
    Sophie Winter war in die Kälte gegangen, weil in

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