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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Ohr. Sie hörte es wispern.
    Einen Eimer. Sofort.
    Einen Eimer gegen die Sintflut? Sie zog sich die Bettdecke hoch bis über die Ohren und drehte sich auf die Seite.
    Die Katze sprang aufs Bett und kuschelte sich schnurrend an sie. Der Sturm verebbte. Die Tropfen wurden weniger. Endlich schlief sie ein.
     
    Sie wachte erst auf, als es schon hell war. Einen Moment lang wußte sie nicht, wo sie war und woher das Geräusch kam, das sie aufgeweckt hatte. Schließlich setzte sie sich auf, schwang die Beine aus dem Bett und schrie leise auf, als sie in kalte Nässe trat. Eine Pfütze. Warum war es naß in ihrem Schlafzimmer? Ein Schatten sprang vom Bett und bewegte sich zur Tür. Was war das?
    Sophie schüttelte benommen den Kopf. Vor der Schlafzimmertür wartete die Katze und lief leise maunzend voraus, die Treppe hinunter. Sie folgte dem Tier.
    Und dann hörte sie es wieder, das Geräusch. Ein energisches Klopfen, als ob jemand hereinwollte. Aber der Laut kam nicht von unten, von der Haustür. Er kam von oben. Vom Speicher. Nein: vom Dach. Sophie lief auf bloßen Füßen wieder hoch, fand Jeans und T-Shirt auf einem Stuhl im Schlafzimmer, zog sich an und lief wieder hinunter.
    Die Haustür war zu, verschlossen. Und der Schlüssel? Sie blickte sich suchend um. Der Schlüssel. Wo war der verdammte Schlüssel? Die Katze gab einen fragenden Laut von sich, sie stand mit erhobenem Schwanz im Flur, vor einer geschlossenen Tür, und sah Sophie auffordernd an. Sophie machte lockende Laute, während sie hinüberging und die Tür zur Küche öffnete. Die Katze. So weiß wie Schnee.
    Mit einem Satz landete das Tier auf dem Küchentisch und hockte sich vor ein Schüsselchen mit Trockenfutter. Sophie horchte auf das leise Krachen, mit dem es die dunklen Brocken zerbiß. Plötzlich spürte sie ihren eigenen Hunger. Und Durst. Durst nach Kaffee.
    Sie füllte Wasser in die Maschine und häufte ein paar Löffel Kaffeemehl in den Filter. Dann drehte sie sich um und öffnete den Brotkasten. Krümel. Eine leere Papiertüte. Das war alles. Und im Kühlschrank? Auf dem Weg dahin blieb sie stehen. Sie hatte gestern Brot gekauft. Ganz sicher. Vollkornbrot mit Dinkel, ein halbes Stück. »Wie immer?« hatte Nicole in Jürgen’s Lädchen gefragt, das Brot schon in der Hand, und es, ohne auf ihr Nicken zu warten, in die Tüte gesteckt.
    Wenn kein Brot da ist, dann hast du auch keins eingekauft, schalt sie sich und schrieb »Brot!!« auf einen der Zettel auf dem Küchentisch, auf dem bereits »Frischhaltefolie!!!« stand.
    Draußen erhob sich der Wind und orgelte durch die Bäume. Da war es wieder, das Geräusch – kein Klopfen mehr, eher ein dumpfes Hämmern und Schaben. Bei jedem Schlag schien das Haus zu zittern, als ob es sich fürchtete.
    Nein, dachte Sophie. Als ob es sie hereinlassen will, die Naturgewalten. Als ob es nachgibt.
    Sie eilte aus der Küche in den Flur. Der Haustürschlüssel lag da, wo er immer lag, seit fast einem Jahr, seit sie hier wohnte, in einer Schale auf der Anrichte. Wo sollte er auch sonst sein? Sie schloß auf, öffnete die Tür und trat nach draußen. Die Tannen im Vorgarten schwankten und stöhnten, wenn eine Bö sie packte.
    »Wollen Sie nicht wenigstens ein paar der Bäume fällen lassen? Es ist so düster bei Ihnen«, hatte die Nachbarin im Sommer gesagt, kurze Zeit nachdem Sophie eingezogen war. Sie hatte nur den Kopf geschüttelt. Was hätte sie auch sagen sollen? Die Bäume sind tabu?
    Die Kletterrose neben dem Haus hatte sich vom Spalier gelöst, ihre langen Triebe fuhren wie Peitschen durch die Luft, einer streifte ihr Haar und hätte sich fast darin festgekrallt. Sophie trat einen Schritt zurück und blinzelte hoch zu den blauen Flecken zwischen den schwankenden Wipfeln, über die weiße Schäfchenwolken jagten. Hier vorne sah alles aus wie immer, nur ein paar kahle Äste lagen auf dem Boden. Und der Lorbeerbusch in dem großen Topf mit den Löwenköpfen, der neben dem Gartentor stand, war umgefallen. Macht nichts, dachte sie. Ist ja nur Plastik.
    Noch vor ein paar Jahren hätte sie einen auf Terrakotta getrimmten Kunststofftopf für einen unverzeihlichen Stilbruch gehalten. Aber damals hatte sie auch noch ein stabiles Kreuz. Sie ließ den Topf liegen, er würde ja doch wieder umfallen, wenn der Wind nicht nachließ. Dann ging sie nach hinten, in den Garten hinter dem Haus.
    Eine Bö erfaßte sie, als sie um die Ecke bog. Im gleichen Moment bohrte sich etwas Spitzes in ihren Fuß, mit einem bissigen,

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