Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
Vom Netzwerk:
einen kräftigen Tritt.
    Paul war gerade dabei, seinen Espresso zu genießen, als Katinkas Handy zu zirpen begann. Während sie sprach, rückte sie von ihren Begleitern ab.
    Paul bemerkte sofort, dass die Stimmung zu kippen drohte: Katinkas Gesichtsausdruck wurde sehr ernst. Ihre Beteiligung an dem Telefonat beschränkte sich auf kurz gehaltene Bemerkungen wie »Ja« und »Nein«.
    Schließlich beendete sie das Gespräch und wandte sich ihnen wieder zu. Jegliche Unbekümmertheit war aus ihren Zügen gewichen, und Paul fragte besorgt: »Gibt es etwas Neues?«
    »Ja«, sagte Katinka, »Doro Wiesinger hat ihr Schweigen gebrochen.«
    »Aber das ist doch fabelhaft!«, freute sich Blohfeld und tastete in seiner Hemdtasche nach Stift und Notizblock.
    Auch Paul konnte nicht verstehen, was Katinka daran so bekümmerte. »Doro Wiesinger hat dem Druck nicht standgehalten und endlich ihr Gewissen erleichtert«, folgerte er.
    »Eben nicht«, entgegnete Katinka. »Sie hat lediglich zugegeben, in der Mordnacht das Gespräch mit ihrem Schwiegervater gesucht zu haben. Sie wollte mit ihm über den Kopf ihres Mannes hinweg einen ähnlichen Deal aushandeln, wie er ja bereits zwischen dem Senior und dessen Ex-Frau bestand.«
    Paul fiel das von ihm belauschte Gespräch zwischen Doro Wiesinger und Gernot Basse wieder ein. »Du meinst eine schnelle Scheidung mit Garantie auf großzügige Zahlungen auf Lebenszeit?«
    »Genau eine solch rosige Zukunft schwebte Doro vor. Aber als sie nachts in der Wiesinger-Villa eintraf, war der Senior angeblich schon tot. Sie hätte es dann mit der Angst zu tun bekommen und wäre zurück nach München gefahren.«
    »Das ist alles erstunken und erlogen!«, ereiferte sich Blohfeld. »Das sind nichts als Schutzbehauptungen.«
    »Hauptkommissar Aufseß, der die Soko Wiesinger leitet, meint, dass Doro Wiesinger einen sehr überzeugenden Eindruck gemacht hat«, sagte Katinka.
    Blohfeld verzog zweifelnd das Gesicht. »Dann hat der gute Herr Aufseß sich wohl von ihrem Dekolleté blenden lassen.«
    Katinka seufzte und stützte nachdenklich ihr Kinn auf die Hand. »Es kommt noch etwas anderes hinzu: Wiesinger erhielt den tödlichen Schlag genau auf den Scheitelpunkt seines Schädels. Deshalb waren wir ja am Anfang davon ausgegangen, dass wir eigentlich nach einem männlichen Täter suchen müssen.«
    »Na und?«, fragte Blohfeld. »Dann haben Sie sich eben getäuscht.«
    Katinka hob abwehrend die Hände. »Wiesinger war einsachtzig groß, seine Schwiegertochter misst aber gerade mal einsfunfundsechzig. Sie hätte sich auf einen Stuhl stellen müssen, um Wiesinger die tödliche Wunde zuzufügen. Mal abgesehen von der fehlenden Kraft für einen solchen Schlag. – Ich fürchte, die Partylaune ist mir soeben vergangen.«
    Paul bemerkte sehr wohl, wie sich Katinka unruhig umsah. Wahrscheinlich auf der Suche nach Jan-Patrick oder Marlen, um die Rechnung zu verlangen.
    »Lass nur«, sagte er, »du bist eingeladen.«

46
    Nach dem Anruf aus dem Polizeipräsidium hatte Katinka ihre gelassene Unbeschwertheit nicht wiederfinden können, stellte Paul mit Bedauern fest. Nachdem sich die Runde aufgelöst hatte, half er Katinka in ihren leichten Sommertrenchcoat. Sie waren die letzten Gäste im Goldenen Ritter gewesen, und Jan-Patrick verschloss hinter ihnen die Tür.
    Schweigend traten sie den Weg hinüber zur anderen Seite des Weinmarktes an, wo Katinka ihren Mini in der Nähe von Pauls Wohnung abgestellt hatte. Es war trotz allem sehr spät geworden an diesem Abend, und Paul hatte ein bisschen zu viel getrunken. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
    Paul verspürte wenig Lust, sich erneut mit dem Fall Wiesinger zu befassen. Diese vertrackte Angelegenheit hatte sich als eine besonders harte Nuss erwiesen, die sie zwar geknackt zu haben glaubten, aber bei der sie nun offenbar auf eine zweite, verborgene Schale gestoßen waren.
    Während er nachdenklich hinab auf die dunklen Pflastersteine sah, dachte er an das Playmobilmännchen, das bei ihm zu Hause auf dem Bildschirm seines Rechners saß, und spürte leichtes Unbehagen. Dieses ungute Gefühl wurde durch einen plötzlich aufkommenden, unangenehm kühlen Wind verstärkt. Paul schloss die oberen Knöpfe seines Hemdes und schaute skeptisch in den Himmel: Ein düsteres Wolkenfeld zog über die Stadt hinweg, und von Ferne hörte er leises Grummeln.
    Katinka, die fröstelnd den Kopf einzog, schien sich ähnlich unwohl zu fühlen. »Mit dem schönen Wetter ist es wohl vorbei. Sieht

Weitere Kostenlose Bücher