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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Laufe seiner Recherchen über die Rostbratwurst auf einige ähnlich böse verlaufenen Geschichten gestoßen zu sein: Schon im ausgehenden dreizehnten Jahrhundert waren Schlampereien mit der Bratwurst nachgewiesen worden. Mal wurde der Inhalt gestreckt, mal der Preis erhöht. Wie sich die Zeiten doch gleichen, sinnierte Paul.
    Das Bier, auf nüchternen Magen getrunken, entspannte ihn und als Hannah suchend ihren Lockenkopf durch die Hintertür des Lokals steckte, war Paul in der richtigen Verfassung für einen unterhaltsamen Abend. Hannah war also die Erste. Sie setzte sich ihm gegenüber auf die Bierbank und begann gleich draufloszuschwatzen. Sie erzählte von ihrem Studium, dem Ärger mit ihrem Volkswirtschaftsprofessor und konfrontierte Paul mit der Frage, ob sie die falsche Fakultät gewählt hätte.
    Paul lächelte, hörte zu, mochte aber keinen Rat geben. Mit seinem zweiten Weizen traf auch der zweite Gast ein: Blohfeld in einem seiner abgetragenen Anzüge, die grauen Haare zu lang, die Himmelfahrtsnase aber schon wieder forsch nach oben gerichtet. Zwei Schritte hinter ihm ging die linkische Volontärin, die Paul von ihrem kurzen Aufzugsgespräch in der Redaktion lebhaft in Erinnerung hatte.
    »Mein alter Vermieter!«, grüßte Blohfeld Paul mit einem kumpelhaften Schlag auf die Schultern. »Ich vermisse Ihr schönes Atelier – das schmutzige Geschirr, den leeren Kühlschrank, Ihre vorwurfsvolle Miene …«
    »Danke für die Blumen«, sagte Paul. »Ich bin auch froh, Sie nicht mehr ständig in meiner Nähe zu haben.« Mit Blick auf seine Begleiterin merkte er leise an: »Sie haben sich ja offenbar gleich wieder ins Arbeitsleben gestürzt, kaum dass Sie Katinkas Klauen entronnen sind.«
    »Natürlich! Ich komme direkt aus dem Büro und habe ein paar sehr interessante Informationen mitgebracht.« Blohfeld zwinkerte der Volontärin zu. »Es kann nämlich ein sehr befreiendes Gefühl sein, jemanden loszuwerden«, sagte er, wobei seine Augen übermütig blitzten.
    Paul verstand den Wink. »Sagen Sie bloß, dass Basse gegangen ist!«
    Blohfeld nickte und freute sich diebisch. »›Gegangen worden‹ trifft es besser.«
    »Haben ihn seine vorschnellen Veröffentlichungen den Kopf gekostet?«
    »Unter anderem«, erklärte Blohfeld. »Vor allem aber hatte sich die Verlagsleitung daran gestört, dass Basse den größten Teil seiner Arbeitszeit in Cafés verbracht hat statt in der Redaktion.« Blohfelds sonst eher fahle Wangen glühten rosig, als er davon erzählte, wie er höchstpersönlich Basses grauenhafte Katzenbilder von der Wand nehmen werde. »Die schicke ich ihm unfrei hinterher.«
    Mit wippendem Pferdeschwanz gesellte sich auch Pfarrer Fink zu ihnen. Unter seinen rechten Arm hatte er ein dickes Buch geklemmt, das er vor sich auf den Tisch legte, als er sich setzte.
    »Ihre Memoiren?«, fragte Blohfeld.
    Fink schenkte dem Reporter ein schiefes Lächeln. »Eine rare Ausgabe der Forschungen über den heiligen Sebaldus – aber mehr als den bloßen Namen werden Sie wohl nicht von ihm kennen.«
    Blohfeld kniff die Augen zusammen. »Eins zu null für Sie, Herr Pfarrer. Über St. Sebald weiß ich tatsächlich so gut wie nichts. Meinen Sie, dass Sie mir Ihr Buch einmal ausleihen könnten? Vielleicht springt ja eine nette Boulevardstory dabei heraus.«
    Fink blickte den Reporter grimmig an. Paul meinte schon eingreifen zu müssen, als der Pfarrer überraschenderweise sagte: »Das würde mir sogar sehr gelegen kommen. Ich bin fest entschlossen, das Wirken des heiligen Sebaldus einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie müssen sich allerdings der Verantwortung bewusst sein, die Sie im Falle einer Veröffentlichung auf sich nehmen würden. Immerhin genießt Sebaldus Kultstatus bei uns.«
    Blohfeld zog den Kopf ein. »Wenn ich es mir recht überlege, hat die Sache ja vielleicht doch noch ein wenig Zeit.«
    Fink wandte sich nun an Paul und senkte den Ton: »Ich habe heute mit meinem Kollegen in Grimaud telefoniert. Antoinettes Leiche ist inzwischen überführt. Der Kollege kümmert sich auch um Antoinettes Verwandte – sie machen sich Vorwürfe, dass sie Antoinette nicht davon abgehalten haben, nach ihrem Vater zu suchen.«
    »Antoinette hätte sich nicht zurückhalten lassen«, sagte Paul leise. »Dafür war sie zu besessen von dem Gedanken, endlich ihren Vater kennen zu lernen.«
    »Das glaube ich auch«, stimmte Fink nachdenklich zu.
    Katinka war die Letzte, die zu der Runde stieß. Sie drückte ihrer

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