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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Vermutungen angestellt. Aus diesem Grund war auch der Notartermin vereinbart worden – Wiesinger wollte auf Nummer Sicher gehen.
    Wahrscheinlich hatte er auch von den Treffen seiner Schwiegertochter mit Antoinette erfahren. Sie trugen zu seinem Misstrauen bei. Aus diesem Grund hatte er sich für den Abend ein Konzept zurechtgelegt: Dieses Konzept bestand weitestgehend aus Geld. Er würde sich anhören, was das Mädchen zu sagen hatte. Er würde alles tun, um die Sache nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Ein Gentest oder ähnlich auffällige Aktionen kamen für ihn nicht in Frage. Er würde sie großzügig abfinden und die Sache damit ein für alle Mal aus der Welt schaffen.
    Doch Hans-Paul Wiesinger hatte nicht mit der Willenskraft und dem Temperament seiner unehelichen Tochter gerechnet. Antoinette machte ihm die Hölle heiß. Das Geld war ihr egal – oder aber es war zu wenig. Vielleicht wollte sie Anerkennung, väterliche Liebe oder hatte andere Forderungen, die sich nun nicht mehr rekonstruieren ließen. Jedenfalls kam es zum Streit, in dessen Verlauf eine Scheibe zu Bruch ging und Antoinette sich ihre Hand verletzte. Anschließend trat Doro Wiesinger auf den Plan. Überraschend aus München zurückgekehrt, platzte sie in die turbulente Szene zwischen Vater und Tochter.
    Aus Pauls Sicht gab es für den weiteren Verlauf nur zwei mögliche Varianten. Erstens: Doro Wiesinger traf genau während des Streits zwischen Wiesinger senior und Antoinette in der Villa ein. Da sich Antoinette hinter dem Vorhang versteckte, bemerkte sie sie nicht und versuchte mit dem alten Wiesinger über ihre Scheidung zu sprechen. Als dieser nicht darauf eingehen wollte, wurde sie wütend und drohte ihm. Vielleicht damit, dass sie den Fleischbetrug auffliegen lassen würde, wenn er nicht auf ihre Forderungen einging. Die Situation eskalierte, es kam zum Eklat mit tödlichem Ausgang. Als Antoinette ihr Versteck verließ und flüchtete, erkannte Doro sie und wartete auf die passende Gelegenheit, um auch sie mundtot zu machen. Alibis verschaffte sie sich durch ihre angeblich in München verbrachte Nacht und durch den am Tatort drapierten Seidenschal Blohfelds.
    Diese erste Version würde sich in weiten Teilen mit den Aussagen aus Antoinettes Brief decken. Doch auch die zweite Möglichkeit war schlüssig: Doro Wiesinger kam zu später Stunde in der Villa an. Sie hörte den Lärm aus dem Arbeitszimmer und lauschte an der Tür. Sie schlug sich spontan auf die Seite von Antoinette, versetzte ihrem tobenden Schwiegervater den tödlichen Schlag und riet Antoinette zur Flucht. Später fürchtete sie dann, von der Französin verraten zu werden, und tötete sie.
    Sehr geschickt, attestierte Paul Doro Wiesinger und legte die Playmobilfigur langsam zu den anderen in die Schublade. Blieben dennoch ein paar Fragen. Etwa über Sinn und Zweck von Antoinettes Abschiedsbrief: Hatte sie ihn versehentlich oder absichtlich mit zu wenig Porto versehen? Wenn ein Vorsatz dahintersteckte, wollte sich Antoinette mit dem Brief wahrscheinlich absichern: Sollte ihr etwas zustoßen, konnte sie zumindest davon ausgehen, dass ihre Version der Geschichte schwarz auf weiß dokumentiert war. – Doch warum hatte sie nicht konkret Doro Wiesinger als Mörderin genannt?
    Paul verspürte Lust auf eine zweite Tasse Cappuccino. Auf dem Weg zur Küchenzeile betätigte er mit dem Ellenbogen die Abhörtaste seines blinkenden Anrufbeantworters. Jan-Patrick hatte eine Nachricht hinterlassen und ihn und seine Freunde zum Abschluss seiner Bratwurstwochen für heute Abend in den Goldenen Ritter eingeladen. Das hob Pauls Laune um eine weitere Nuance.
    Beim Blick auf das flackernde rote Licht des Anrufbeantworters fiel Paul auch wieder Imhofs Nachricht über das Sommerhaus an der Rednitz ein. In der Aufregung um die Verhaftung von Doro Wiesinger war Imhofs Mitteilung auf seinem Anrufbeantworter völlig in den Hintergrund geraten.
    Paul hörte sie sich nun an: »Herr Flemming? Paul Flemming?« Zu Pauls Überraschung klang Imhof nicht wie der verschlagene Quertreiber, als den Paul ihn sich vorgestellt hatte, sondern sehr sachlich und höflich. »Es ist schade, dass ich Sie nicht persönlich erreiche. Wir haben uns vor kurzem knapp verpasst. Ich konnte nicht wissen, dass Sie derjenige waren, der am Sommerhaus in Fürth war. Durch meine Frau habe ich erst einen Tag später erfahren, dass Sie Kontakt zu mir aufnehmen wollten. Herr Flemming, ich will es kurz machen: Meine Frau hat

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