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Pauline Reage - Geschichte der O

Pauline Reage - Geschichte der O

Titel: Pauline Reage - Geschichte der O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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Nacktsein, an ihr Ausgeliefertsein denken müßte? Jedenfalls nicht, solange Rene und dieser Fremde sie schweigend anstarrten, wie sie es jetzt taten.
    Schließlich fügte sie sich. Sir Stephen schürte das Feuer. Rene trat plötzlich hinter das Sofa, packte O beim Hals und am Haar, zog ihren Kopf auf die Lehne zurück und küßte sie nun auf den Mund, so lange und so tief, daß sie fast erstickte und fühlte, wie ihr Schoß brannte und schmolz. Er ließ nur los, um ihr zu sagen, daß er sie liebe und sie sogleich wieder zu packen.
    O’s Hände ruhten, lose nach hinten hängend, kraftlos, die Innenflächen nach oben, auf dem schwarzen Rock, der sich wie eine Blütenkrone um sie breitete; Sir Stephen war näher gekommen, und als Rene sie endlich losließ und sie die Augen wieder öffnete, begegnete sie dem grauen und steten Blick des Engländers. So verwirrt sie auch war, noch keuchend vor Glück, sah sie doch, daß er sie bewunderte, daß er sie begehrte.
    Wer hätte diesem feuchten und halbgeöffneten Mund widerstehen können, diesen geschwellten Lippen, diesem weißen Hals, der auf den schwarzen Kragen ihrer Pagenweste zurückgebogen war, diesen groß und klar gewordenen Augen, die sich nicht abwandten? Doch Sir Stephen erlaubte sich nur eine einzige Geste: er strich zart mit dem Finger über ihre Brauen, dann über ihre Lippen. Dann setzte er sich ihr gegenüber auf die andere Seite des Kamins, und als auch Rene sich einen Sessel genommen hatte, sprach er.
    »Ich glaube, sagte er, Rene hat Ihnen nie von seiner Familie erzählt. Aber vielleicht wissen Sie, daß seine Mutter vor ihrer Ehe mit seinem Vater mit einem Engländer verheiratet war, der selbst einen Sohn aus erster Ehe hatte.
    Ich bin dieser Sohn, und sie hat mich erzogen, bis zu dem Tag, als sie meinen Vater verließ. Ich hin mit Rene also nicht verwandt, und doch sind wir in gewissem Sinne Brüder.
    Daß Rene Sie liebt, weiß ich. Ich hätte es gesehen, auch wenn er es mir nicht gesagt hätte, auch wenn er nicht die geringste Geste gemacht hätte: man braucht nur zu sehen, wie er Sie anschaut. Ich weiß auch, daß Sie in Roissy waren und ich vermute, daß Sie dorthin zurückkehren werden. Grundsätzlich gibt der Ring, den Sie tragen, mir, wie allen, die dieses Zeichen kennen, das Recht, über Sie zu verfügen. Aber es würde sich für Sie immer nur um eine vorübergehende Bindung handeln.
    Was wir von Ihnen erwarten, ist schwerwiegender. Ich sage wir, weil Sie sehen, daß Rene schweigt: er will, daß ich auch in seinem Namen zu Ihnen spreche. Wenn wir Brüder sind, so bin ich der ältere, ich bin zehn Jahre älter als er. Es besteht zudem zwischen uns eine so althergebrachte und so absolute Gemeinschaft, daß alles, was mir gehört, stets auch ihm gehört hat und alles, was ihm gehört, auch mir.
    Sind Sie einverstanden, ebenfalls dazuzugehören? Ich bitte Sie darum, und ich möchte Ihre Einwilligung haben, weil sie Sie fester bindet als Ihr Gehorsam, von dem ich weiß, daß er außer Frage steht. Eh Sie antworten, bedenken Sie, daß ich nichts anderes bin und nichts anderes sein kann, als das zweite Ich Ihres Geliebten - Sie werden auch in Zukunft nur einen Gebieter haben. Schrecklicher allerdings, als die Männer, denen sie in Roissy ausgeliefert waren, denn ich werde alle Tage dasein, und außerdem liebe ich feste Gewohnheiten und Riten »and besides, I am fond of habits and rites … »
    Sir Stephens gelassene Stimme klang in eine absolute Stille. Selbst die Flammen im Kamin brannten lautlos.
    O war auf das Sofa gespießt wie ein Schmetterling an einer Nadel, einer langen Nadel aus Worten und Blicken, die sie in der Mitte des Körpers durchbohrte und ihre nackten und bereiten Lenden an die laue Seide preßte. Sie wußte nicht, wo ihre Brüste waren, ihr Nacken, ihre Hände.
    Sie zweifelte jedoch nicht, daß die Gewohnheiten und Riten der Besitzergreifung, von denen man ihr gesprochen hatte, unter anderen Teilen ihres Körpers auch ihre langen, unter dem schwarzen Rock verborgenen und bereits halb geöffneten Schenkel zum Ziel haben würden. Die beiden Männer waren ihr zugewandt. Rene rauchte, hatte jedoch neben sich eine rauchverzehrende, schwarzbeschirmte Lampe angezündet, und die bereits durch das Holzfeuer gereinigte Luft roch nach der Frische der Nacht. »Werden Sie mir antworten oder wollen Sie erst noch mehr wissen? »fragte Sir Stephen. - Wenn du einwilligst, sagte Rene, erkläre ich dir Sir Stephens Neigungen.
    »Forderungen«, korrigierte

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