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Pauline Reage - Geschichte der O

Pauline Reage - Geschichte der O

Titel: Pauline Reage - Geschichte der O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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nahm sie an den Schultern.
    »Antworte, sagte er, bist du einverstanden? »Endlich sagte sie ja. Er zog sie sanft in die Höhe, setzte sich auf das Sofa und ließ sie neben sich knien; vor das Sofa, auf das sie Oberkörper und Kopf legte, mit gebreiteten Armen und geschlossenen Augen.
    Ein Bild kam ihr in den Sinn, das sie vor einigen Jahren gesehen hatte, ein Kupferstich, der eine Frau zeigte, die vor einem Stuhl kniete, in einem gekachelten Zimmer, wo ein Kind und ein Hund in einer Ecke spielten; sie hatte die Röcke geschürzt und neben ihr stand ein Mann, der ein Bündel Ruten schwang. Alle Personen waren nach der Mode des ausgehenden 17. Jahrhunderts gekleidet und der Stich trug einen Titel, der ihr abstoßend erschienen war: die häusliche Züchtigung.
    Rene preßte ihr mit einer Hand beide Armgelenke zusammen, während er mit der anderen ihren Rock hob, so hoch, daß sie spürte, wie die plissierte Gaze über ihre Wangen streifte. Er strich ihr über die Lenden und machte Sir Stephen auf die beiden Grübchen aufmerksam und auf die zarte Kerbe zwischen ihren Schenkeln.
    Dann preßte er ihr die gleiche Hand in Taillenhöhe auf den Rücken, um die Lenden besser hervortreten zu lassen und befahl ihr, die Knie weiter zu öffnen. Sie gehorchte stumm. Die Art, wie Rene ihren Körper anpries, die Antworten Sir Stephens, die Brutalität der Ausdrücke, die beide Männer gebrauchten, lösten in ihr ein so heftiges und unerwartetes Gefühl der Scham aus, daß der Wunsch, Sir Stephen zu gehören, erlosch und sie die Peitsche ersehnte wie eine Erlösung, den Schmerz und die Schreie wie eine Rechtfertigung.
    Aber Sir Stephens Hände öffneten ihren Leib, zwängten sich zwischen ihre Lenden, ließen ab, packten wieder zu, immer wieder, bis sie stöhnte, beschämt über ihr Stöhnen und vernichtet.
    »Ich überlasse dich Sir Stephen, sagte Rene, bleib, wie du bist, er wird dich wegschicken, wann es ihm paßt.« Wie oft war sie in Roissy auf den Knien gelegen, jedem ausgeliefert, aber damals hatten immer Armreife ihre Hände gefesselt, glückliche Gefangene, die man zu allem zwang, die man um nichts bat. Hier dagegen war sie aus freiem Willen halbnackt, wo doch eine einzige Bewegung, die gleiche, die zum Aufstehen genügt hätte, auch genügt hätte, sie zu bedecken. Ihr Versprechen band sie genauso wie die Lederfesseln und Ketten. War es nur ihr Versprechen?
    War es nicht, bei aller Demütigung oder gerade wegen dieser Demütigung, auch ein süßes Gefühl, nur zu gelten, weil sie sich emiedrigte, sich willig beugte, sich willig öffnete? Rene war, von Sir Stephen zur Tür begleitet, weggegangen; sie wartete also allein und reglos, fühlte sich in ihrer Einsamkeit noch ausgesetzter und in der Erwartung noch damenhafter, als im Beisein der Männer. Die graugelbe Seide des Sofas war glatt unter ihre Wange, durch das Nylon ihrer Strümpfe spürte sie den hochflorigen Teppich und an ihrem linken Schenkel die Wärme des Kaminfeuers, auf das Sir Stephen noch drei Scheite gelegt hatte, die prasselnd flammten. Eine alte Wanduhr über einer Kommode tickte so leise, daß man sie nur hören konnte, wenn alles still war.
    O lauschte ihr aufmerksam und dachte dabei, wie absurd es sei, in diesem kultivierten und diskreten Salon in ihrer jetzigen Stellung zu verharren. Durch die geschlossenen Vorhänge hörte man das schläfrige Brummen des mitternächtlichen Paris. Würde sie morgen bei Tag den Platz wiedererkennen, wo ihr Kopf auf dem Sofakissen gelegen war?
    Würde sie jemals am hellen Tag wieder in diesen Salon kommen und in der gleichen Weise behandelt werden? Sir Stephen blieb lange aus und O, die sich mit solcher Gelassenheit für die Lust der Unbekannten von Roissy bereitgehalten hatte, wurde bei dem Gedanken, daß er in einer Minute, in zehn Minuten die Hände auf sie legen würde, die Kehle eng.
    Aber es kam nicht ganz so, wie sie erwartet hatte. Sie hörte, wie Sir Stephen die Tür wieder öffnete, durchs Zimmer ging. Er blieb einige Zeit mit dem Rücken zum Feuer stehen, sah O an und befahl ihr dann mit sehr leiser Stimme, aufzustehen und sich wieder zu setzen überrascht und fast betreten gehorchte sie.
    Er brachte ihr höflich ein Glas Whisky und eine Zigarette, die sie ebenfalls ablehnte. Sie sah jetzt, daß er einen Morgenrock trug, einen sehr streng geschnittenen Mantel aus grauem Wollstoff, vom gleichen Grau wie sein Haar.
    Seine Hände waren lang und knochig, die Nägel flach, kurz geschnitten, sehr weiß. Er fing Os

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