Pechstraehne
schön, dass Sie uns gleich Ihre Vermutung mitgeteilt haben, Herr Lohrmann. Wir wissen das zu schätzen und werden bei unseren Ermittlungen natürlich auch in diese Richtung unsere Fühler ausstrecken.«
Er streckte dem Mann seine rechte Hand entgegen.
»Ansonsten haben Sie vermutlich nichts Ungewöhnliches oder Auffälliges rund um das Anwesen hier wahrgenommen? Ich meine, seit gestern Nachmittag?«
Lohrmann schüttelte mit hochgezogener Stirn den Kopf.
»Nein, akut habe ich nichts beobachtet, was von Interesse für Sie sein könnte.«
In seiner Stimme schwang unüberhörbar die Enttäuschung darüber mit, dass die Beamten nicht mehr zu den von ihm geschilderten Aktionen Vontobels wissen wollten.
»Aber wenn Sie Fragen haben zu seinem Verhalten als Bankmitarbeiter oder zu Finanzinvestments im Allgemeinen, können Sie sich natürlich vertrauensvoll an mich wenden. Ich bin da wirklich ein kompetenter Ansprechpartner und ohnehin meistens zu Hause.«
»Ja, wir kommen gern auf Ihr Angebot zurück, wenn es notwendig sein sollte, Herr Lohrmann. Und bis dahin noch einen schönen Tag.«
*
»Vermutlich gibt es auf der ganzen Welt nicht einen Banker oder Anlageberater«, meinte Hain ein wenig genervt, als die beiden endlich im Wagen saßen, »der primär das Wohl seiner Kunden im Blick hat und erst dann seinen Verdienst. So viel Altruismus traue ich dieser Berufsgruppe einfach nicht zu. Ich vermute vielmehr, das schlechte Image, das diese Jungs und Mädels mit sich herumschleppen müssen, kommt nun mal nicht von ungefähr. Aber ich glaube weiterhin, dass wir Menschen alle irgendwie an den Futtertrögen ganz vorn stehen wollen. Du genau wie ich oder jeder x-beliebige Banker oder Anlageberater.«
Er steckte den Schlüssel ins Zündschloss und startete den Motor.
»Von daher kann ich es mir schon gut vorstellen, dass dieser Vontobel seine Kunden für eine gute Provision oder einen fetten Bonus über den Tisch gezogen hat, aber ich kann mir nun wirklich ganz und gar nicht vorstellen, dass ihn einer seiner Kunden mit einer großkalibrigen Waffe ins Jenseits befördert hat.«
»Das dachte ich bis eben auch, Thilo, aber gerade ist mir in den Sinn gekommen, dass er sich vielleicht mit den falschen Leuten eingelassen haben könnte. Ich meine die Sorte Leute, mit der man besser keine Geschäfte macht, und wenn, dann nur solche, aus denen sie als strahlende Gewinner hervorgehen.«
»Was meinst du genau? Mafia? Organisierte Kriminalität? Irgendwelche Russenbanden?«
»Keine Ahnung. Aber so ganz abwegig, wie wir beide mit dem Verdacht dieses Lohrmann umgegangen sind, ist er vielleicht gar nicht.«
»Na, dann ist es ja gut«, erwiderte Hain, während er an den Journalisten vorbeirollte, mit einem Wink Richtung Kofferraum, »dass wir zumindest seine Datenträger haben. Vielleicht finden wir auf denen etwas, das uns in dieser Richtung weiterhilft.«
Er überlegte einen kurzen Augenblick.
»Meinst du, wir sollten in der Bank vorstellig werden? Es ist doch anzunehmen, dass er auch dort einen Computer im Einsatz hatte.«
»Gute Idee. Dann können wir uns gleich ein wenig umhören und -sehen. Wer weiß, vielleicht treffen wir auf einen sehr nervösen Kollegen, der ihn wegen irgendeiner Tussi abgemurkst und bis heute Abend ein Geständnis abgelegt hat. Klappe zu, Affe tot.«
Hain verzog das Gesicht und bedachte seinen Boss mit einem strafenden Blick.
»Du wirst auf deine alten Tage ganz schön schrullig, mein Freund. Ich hoffe, du weißt das.«
»Ja, das sagt Maria auch ab und zu. Macht aber keinen Eindruck bei mir.«
»Ja, das ist typisch für diese Anwandlungen«, resümierte Hain kopfschüttelnd. »Fahren wir also direkt zur Bank, oder bringen wir zuerst den Krempel aufs Präsidium?«
»Zuerst zum Präsidium. Dort soll einer der EDV-Jungs von allen Datenträgern Kopien anfertigen, für den Fall, dass dieser komische Jurist seine Drohung mit dem Polizeipräsidenten oder dem Innenminister wahr machen sollte.«
4
Rudolph Gieger stand neben der Bronzeskulptur, die ihm ein renommierter Künstler zur Einweihung seines neuen Büros auf seinen Wunsch hin angefertigt hatte, sah hinaus auf das Treiben auf der Oberen Königstraße und nahm dabei einen Schluck Espresso aus der kleinen Tasse, die er in der rechten Hand hielt. Dann drehte er sich um, ging mit stockenden Schritten auf die Tür zu und öffnete sie langsam.
»Weber soll kommen«, gab er in ruhigem, aber bestimmtem Ton seiner Sekretärin auf, die nickte, sich
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