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Pechstraehne

Pechstraehne

Titel: Pechstraehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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Arbeitsplatz ansehen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    Der Bankdirektor hob den Kopf und bedachte Lenz mit einem Blick, als hätte der ihm ein unsittliches Angebot unterbreitet.
    »Selbstverständlich habe ich dagegen Einwände, Herr Kommissar. Außerdem wüsste ich nicht, was es für Sie dort zu sehen geben könnte.«
    Wieder trafen sich die Blicke der beiden Polizisten kurz.
    »Wir ermitteln in einem Mordfall, Herr Gieger, da ist es eine Selbstverständlichkeit, sich auch am Arbeitsplatz des Opfers umzusehen und umzuhören.«
    Giegers Gesichtsausdruck bekam eine brettharte Note, bevor er zu einer Replik ansetzte.
    »So, wie es für Sie Selbstverständlichkeiten gibt, gibt es sie für uns natürlich auch. Und dazu gehört, dass es betriebsfremden Personen nicht gestattet ist, die einzelnen Abteilungen zu betreten. Wir haben Konferenzräume und Büros, in denen Berater ihre Kunden empfangen, aber weiter als dorthin gelangt niemand, auch Sie nicht, meine Herren.«
    »Klingt ein bisschen, als sei dort nicht aufgeräumt«, stellte Hain sarkastisch fest, doch Gieger überging die Bemerkung einfach.
    »Sie wissen vermutlich«, fuhr Lenz völlig ruhig fort, »dass wir uns das Recht, seinen Arbeitsplatz zu inspizieren, einfach nehmen könnten, Herr Gieger. Dazu benötigen wir nicht einmal eine richterliche Anordnung.«
    Wieder verfinsterte Giegers Gesicht sich ein paar Nuancen mehr.
    »Wenn Sie es nicht lassen könnten, würde ich mich Ihnen sicher nicht in den Weg stellen, meine Herren, jedoch sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass ich unverzüglich alle Rechtsmittel in Anspruch nehmen würde, um diesen Hausfriedensbruch ahnden zu lassen. Und wenn ich alle sage, dann meine ich alle .«
    Er wies auf die Tür.
    »Und nun leben Sie wohl, meine Herren. Sollten Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich bitte an unsere Pressestelle.«

5
    Herbert Anselm positionierte die Arme neben dem Körper, holte tief Luft, schloss die Augen und nahm im gleichen Moment wahr, dass sich die Liege unter ihm in Bewegung setzte.
    Das wievielte Mal ist es eigentlich, dass ich in dieses Wunderwerk der Technik einfahre? , fragte er sich ohne die geringste Emotion.
    Um ihn herum entstanden die gewohnten Geräusche, und nach etwa 20 Minuten hatte er die Prozedur hinter sich gebracht.
    »Es tut mir wirklich leid«, begann der junge Arzt eine Weile später das obligatorische Gespräch, »aber ich habe keine positiven Neuigkeiten für Sie, Herr Anselm. Das Wachstum des Primärtumors hat sich, entgegen unserer Erwartung, leider noch beschleunigt. Das gleiche gilt für die Metastasen. Dass die anderen relevanten Werte schlecht sind, wussten wir ja bereits.«
    Er klappte die vor ihm liegende Akte auf und tat, als würde er die genauen Zahlen studieren.
    »Lassen Sie mal, Herr Doktor«, erwiderte der hagere, aber dennoch drahtig wirkende Mann auf der anderen Seite des Schreibtischs. »Sagen Sie mir einfach, wie viel Zeit ich noch habe, das reicht schon.«
    Dr. Scholz, der Onkologe, konnte ein Schlucken nicht unterdrücken.
    »Eine solche Prognose ist immer sehr schwierig, Herr Anselm. Es gibt Menschen, die mit vergleichbarer Diagnose noch ein halbes Jahr gelebt haben, aber es gibt auch Menschen, die vier Wochen später gestorben sind.«
    Über das Gesicht des ehemaligen Bundeswehroffiziers mit dem durchgedrückten Kreuz huschte die Andeutung eines Lächelns.
    »Nun mal Butter bei die Fische, Herr Dr. Scholz. Ich weiß, dass ich auf der Liste von Gevatter Tod schon ziemlich weit nach oben gerutscht bin, also brauchen Sie mit der Wahrheit wirklich nicht hinter dem Berg zu halten. Ich hatte ein schönes Leben, zumindest die meiste Zeit davon, also werde ich dem Tod so entspannt wie möglich entgegentreten.«
    Wieder musste der Arzt schlucken.
    »Wir sprechen eher vom kürzeren Ende der Skala«, schickte er nach einer kurzen Pause hinterher.
    »Das ist doch mal ein Wort. Ich gehöre übrigens nicht zu denen, die an eine Spontanheilung glauben oder sie erwarten. Es war mir immer klar, dass mein Leben endlich ist, und wenn jetzt bald der Punkt kommt, an dem es wirklich zu Ende ist, dann ist es so. Der Tod gehört nun einmal zum Leben.«
    Dr. Scholz sah seinem Gegenüber lang in die Augen.
    »Eine sehr bemerkenswerte Einstellung, Herr Anselm.«
    »Danke.«
    Damit wollte der Mann mit den schlohweißen Haaren sich erheben.
    »Sie wissen, dass Sie sich immer an uns wenden können«, erklärte der Arzt und bat seinen Patienten mit einer vorsichtigen Geste,

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