Pechvogel: Roman (German Edition)
Partner nicht verstehen kann, stehen die Chance gut, dass es schlecht ausgeht.
Glückswildern ist nichts für Empfindsame. Man braucht ein großes Maß an Entschlossenheit und die Fähigkeit, alle Beziehungen jederzeit zu kappen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Noch besser: Man vermeidet es, überhaupt Beziehungen einzugehen. Die kommen einem bloß in die Quere.
Niemand hat mich je für einen hoffnungslosen Romantiker gehalten.
Tony Bennett mag sein Herz in San Francisco verloren haben, aber für mich wird es wohl Zeit, mir eine neue Heimat zu suchen. Drei Jahre an einem Ort sind für einen Wilderer wie zehn, insbesondere nach einer nicht so freundlichen Einladung der chinesischen Mafia. Also wäge ich meine Möglichkeiten ab, gehe im Geiste potenzielle Reviere durch und überlege, ob ich mich wohl in Kauai durchschlagen könnte. Da öffnet sich meine Bürotür, und eine Frau kommt herein, die gerade einem Hollywood-Filmset der Fünfziger entstiegen zu sein scheint.
Offensichtlich ist mein Büro neuerdings ein ziemlich beliebter Aufenthaltsort.
Die Frau hat langes, dunkles Haar, dunkle Augen, rubinrote Lippen und ein Gesicht, das glücklich verheiratete Ehemänner ihre Frauen und Kinder vergessen lässt. Ich bin unverheiratet und kinderlos und diesen Männern somit bereits zwei Schritte voraus. Auch wenn ihr roter Tellerrock und der schwarze, enganliegende Wollpulli mit V-Ausschnitt einige ihrer Rundungen verbirgt, sehe ich genug, um mich zu fragen, ob sie eher der String-Panty- oder der Stringtanga-Typ ist.
Und plötzlich spielt Kauai nur noch die zweite Geige.
»Kann ich Ihnen helfen?«, frage ich und wünsche mir, dass ich ein grünes Shirt tragen würde. Grün steht mir.
Sie antwortet nicht sofort, sondern schaut sich in meinem Büro um, in dem es nicht viel zu sehen gibt. Bei Einrichtungsfragen bin ich eher Minimalist. Hier gibt es nur einen Schreibtisch, zwei Stühle, eine Lampe, einen Aktenschrank, einen kleinen Kühlschrank, meinen Laptop und mich.
»Ich suche Nick Monday«, erwidert sie. Als sie meinen Namen nennt, liegt so viel Abscheu in ihrer Stimme, dass ich darüber nachdenke, ob wir uns schon mal begegnet sind.
»Heute ist Ihr Glückstag«, sage ich und setze mein charmantestes Lächeln auf. »Sie haben ihn gefunden.«
Ihr gezwungenes Lächeln zeigt, dass mein Charme sie nicht eingewickelt hat.
So wirke ich auf Frauen. Zumindest, wenn es sich nicht um Baristas bei Kaffeehausketten handelt. Eine verzwickte Geschichte.
»Setzen Sie sich«, fordere ich sie auf und deute auf den Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtischs.
Ihr Lächeln ist verschwunden. Sie kommt auf mich zu, wobei ihre Schuhe laut und hohl auf dem Holzfußboden klacken. Als sie den Stuhl erreicht, schaut sie nach, ob er sauber ist, dann setzt sie sich und streicht den roten Rock glatt. Während sie die Beine übereinanderschlägt, erhasche ich einen Blick auf ihren cremefarbenen Schenkel – was ihr wiederum nicht entgeht.
Ich schaue sie an und lächle. Sie scheint davon unbeeindruckt.
»Also, wie kann ich Ihnen helfen, Miss …?«
»Knight«, ergänzt sie. »Tuesday Knight.«
»Tatsächlich?«, sage ich mit einem Lächeln.
»Amüsiert Sie das, Mr. Monday?«
Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück. »Verfolgen Sie mich?«
Sie sieht mich an wie vom Donner gerührt. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Entschuldigen Sie, ich war nur … Diese Sache mit den Wochentagen, verstehen Sie? Monday, Tuesday – Dienstag folgt auf Montag …«
Sie starrt mich an, als wäre ich ein Vollidiot.
»Schwamm drüber«, sage ich. »Warum fangen wir nicht noch mal von vorne an?«
»Mir war gar nicht aufgefallen, dass wir schon angefangen hatten.«
Nicht die Spur von Humor in ihrer Stimme oder auf ihrem Gesicht. Entweder sie blufft, oder sie sollte dringend häufiger zu Lifestyle-Drogen greifen.
»Dann fangen wir doch mit dem Grund an, aus dem Sie in mein Büro spaziert sind.«
Zum größten Teil erhalte ich potenzielle Aufträge in Form von Nachrichten auf meiner Handy-Mailbox. Ich habe nicht viel Laufkundschaft. Erst recht keine gutaussehende mit reichlich tiefem Dekolleté.
»Ich bin hier nicht einfach so hereinspaziert «, gibt sie zurück. »Ich kannte mein Ziel.«
»Und wie, wenn ich fragen darf, haben Sie von meinen Diensten erfahren?«
»Durch den Freund eines Freundes.«
»Und hat dieser Freund eines Freundes auch einen Namen?«
Sie sieht mich an und schweigt. Für einen kurzen Augenblick denke ich,
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