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Pelagia und der schwarze Moench

Pelagia und der schwarze Moench

Titel: Pelagia und der schwarze Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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geschickt aus, und der Stein prallte gegen den offen stehenden Türflügel, schlug diesen entzwei, fiel dann auf die Vortreppe, sprang alle drei Stufen, eine nach der anderen, hinunter und bohrte sich in den Dreck.
    »Na so etwas! Nun stehst du da mit deinen langen Schößen.«
    Die spöttische Miene des Ritters wurde ernst, sein Kinn schob sich vor, die Augen zeigten ein stählernes Blitzen. Der wundervolle Beschützer stürzte sich auf den Mönch, nahm eine elegante Boxerhaltung ein und gab eine ganze Salve gezielter, krachender Schläge auf die breite Visage des Kapitäns ab, die aber leider auf Jonas keinerlei Eindruck machten.
    Der große, plumpe Kerl wehrte den energischen Gegner ab wie eine lästige Fliege, um ihn dann an den Schultern zu packen, hochzuheben und ihn gut zwei Klafter weit durch die Luft zu werfen. Die Zuschauerin stöhnte nur auf.
    Der Blonde sprang sofort wieder auf und riss sich den für diese Gelegenheit denkbar ungeeigneten Morgenrock vom Leib. Er trug kein Hemd darunter, sodass sich Polina Andrejewnas Blick der schlanke, sehnige Bauch und die muskulöse, mit goldenen Haaren bewachsene Brust darbot. › Nun glich der Kämpfer noch mehr einem David.
    Der Bewohner des Leuchtturms hatte offenbar eingesehen, dass er den Kampf gegen einen solchen Bären nicht mit bloßen Händen aufnehmen konnte, und blickte sich nach rechts und nach links um, ob sich nicht eine Waffe finden ließe. Mit Erfolg – neben einem Schuppen mit windschiefem, löchrigem Dach lag eine alte Gabeldeichsel im Gras.
    David stürzte in zwei Sätzen dahin, packte sie mit beiden Händen und beschrieb damit einen pfeifenden Kreis über dem Kopf. Die Chancen der beiden Widersacher schienen nun gleich zu stehen. Polina Andrejewna fasste neuen Mut, richtete sich halb auf und verbiss sich mit den Zähnen in dem Strick. Sie musste schnellstmöglich ihre Hände befreien und zu Hilfe eilen!
    Goliath war ob der Gabeldeichsel beileibe nicht erschrocken, vielmehr marschierte er mit geballten Fäusten und gesenktem Kopf geradewegs auf den Feind zu. Als der improvisierte Knüppel auf seinen Scheitel niederfuhr, dachte der Kapitän nicht daran, in die Knie zu gehen, sondern er schwankte nur leicht. Dafür war die Gabeldeichsel in der Mitte geborsten wie ein Streichholz.
    Der Kapitän packte den Gegner erneut bei den Schultern, nahm Anlauf und schleuderte ihn von sich, dieses Mal aber nicht auf den Boden, sondern gegen die Mauer des Leuchtturms. Es war einfach erstaunlich, dass der Blonde von dieser Erschütterung nicht das Bewusstsein verlor!
    Taumelnd stieg er die Vortreppe hinauf, um den Rückzug ins Haus anzutreten, wo er möglicherweise eine Waffe hatte, mit der er sich wirksamer würde verteidigen können als mit der morschen Gabeldeichsel. Doch Jonas durchschaute die Absicht des schönen Herrn, stürzte mit Gebrüll vorwärts und holte ihn ein.
    Über den Ausgang des Zweikampfs konnte es keinen Zweifel mehr geben. Mit der einen Pranke drückte der Mönch den armen Paladin gegen den Türpfosten, und die andere ballte er, gemächlich ausholend, zur Faust, um ihm den vernichtenden und wahrscheinlich tödlichen Schlag zu versetzen.
    Da endlich hatte Frau Lissizyna sich von den Fesseln befreit. Sie sprang auf und stürmte mit einem durchdringenden, schrillen Kreischen voran, um ihrem Verteidiger beizustehen. Aus dem Lauf heraus sprang sie dem Kapitän auf den Rücken, umfasste ihn mit den Armen und biss ihn in den Hals, der nach Salz schmeckte und hart war wie ein Stockfisch.
    Jonas schüttelte die federleichte Dame ab, wie ein Bär einen Hund abschüttelt: Er wand seinen Rumpf heftig hin und her, und Polina Andrejewna flog zur Seite. Durch den Ruck aber hatte der Kapitän, der am Rand der Vortreppe stand, das Gleichgewicht verloren, er schwankte kurz, ruderte mit beiden Armen, und David ließ sich die günstige, einmalige Gelegenheit nicht entgehen und stieß den stämmigen Burschen aus Leibeskräften mit der Stirn gegen das Kinn.
    Der Fall des Hünen aus eigentlich nicht so großer Höhe war ein gewaltiger Anblick und glich dem Sturz der Säule auf der Place Vendôme (Polina Andrejewna hatte einmal ein Bild gesehen, auf dem die Pariser Kommunarden die Säule der Bonapartisten stürzen). Bruder Jonas krachte mit dem Rücken zu Boden und schlug mit dem Hinterkopf auf ebenjenen kantigen Stein, den er noch vor nicht allzu langer Zeit als Mordwaffe hatte verwenden wollen. Dieser Aufprall wurde von einem entsetzlichen Knirschen begleitet, der

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