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Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Titel: Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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war Nacht. Er hat über sich die Sterne funkeln sehen – zum ersten Mal in seinem Leben! Er hat die Maisfelder und am Bachufer die in geheimnisvolles Dunkel gehüllten Bäume gesehen, hat das Raunen und Wispern des Windes gehört und die feuchtwarme Luft des Kansas-Sommerseingeatmet. Wie anders war diese Welt als die der dunklen Höhlen, in denen er ein halbes Jahrhundert lang gehaust hatte! Und irgendwann wird er wohl auch das helle Licht bestaunt haben, das aus Medicine Creek zu ihm herüberschimmerte. In einem dieser Augenblicke haben Sie das Geschick aller Mütter geteilt, Miss Kraus, und Ihren Sohn verloren. Nur mit dem Unterschied, dass Job damals schon über einundfünfzig Jahre alt war! Er war seiner Natur und seinen Anlagen nach ein menschliches Wesen, und Sie wissen doch, Miss Kraus: Man kann den Geist nicht in die Flasche zurückstopfen. Es hat ihn immer wieder danach gedrängt, diese neue, fremde Welt zu erforschen.«
    Lautlose Stille lag über dem Zimmer, nur die alte Lady konnte ein leises Schluchzen nicht unterdrücken. Und schließlich sagte sie: »Als Sheila Swegg tot aufgefunden wurde, wäre mir nie der Gedanke gekommen, dass mein Job etwas damit zu tun haben könnte. Bis er’s mir erzählt hat. Er war so glücklich und aufgeregt, als er mir von der neuen Welt erzählt hat, die er entdeckt hatte. Als hätte ich sie nicht längst gekannt! Glauben Sie mir, Mr. Pendergast, er hatte nicht die Absicht, irgendjemanden zu töten. Für ihn war es ein neues aufregendes Spiel. Ich habe ihm zu erklären versucht, dass das ein verbotenes Spiel war, aber er hat mich einfach nicht verstanden.«
    Pendergast ließ eine Weile verstreichen, dann sagte er: »Als er älter wurde, haben Sie Job nicht mehr so oft besucht. Sie haben ihm ein-, zweimal in der Woche etwas zu essen und andere Dinge gebracht, die er eben brauchte. Zu dieser Zeit war er mit sich und seiner Höhlenwelt zufrieden, sie war sein Zuhause. Sie wollten das Beste für ihn, aber Sie haben es leider versäumt, ihm etwas über Gesetze und menschliche Moral beizubringen. Und so konnte er nie lernen, Recht von Unrecht zu unterscheiden.«
    Und da brach es förmlich aus Winifred Kraus heraus: »Aber ich habe es doch versucht, ihm all das zu erklären! Sie ahnen gar nicht, wie oft ich es versucht habe!«
    »Es gibt Dinge, die kann man nicht mit bloßen Worten erklären, Miss Kraus«, erwiderte Pendergast. »Man muss sie erfahren, um das Leben nach ihnen auszurichten.«
    Der Sturm rüttelte an dem alten Haus, und Winifred Kraus duckte sich wie unter einer Strafpredigt der entfesselten Naturgewalten.
    Pendergast merkte, dass er sie ablenken musste. »Wieso hat er sich eigentlich so krumm gehalten? War das nur eine Folge des Höhlenlebens? Oder hat er sich bei einem Sturz verletzt? Sind die gebrochenen Knochen schlecht verheilt?«
    Winifred griff die Frage wie einen Rettungsanker auf. »Er ist abgestürzt, mit zehn Jahren. Es war sehr schlimm, ich dachte, er würde sterben. Ich wollte ihn zu einem Arzt bringen, aber…«
    Weiter kam sie nicht, Hazen fiel ihr ins Wort. In seiner barschen Stimme schwangen all seine Gefühle mit: das Misstrauen gegenüber ihren Erklärungsversuchen, die aufgestaute Wut und die Schmerzen, unter denen er litt. »Aber was hat er mit den grausamen Ritualen in den Maisfeldern bezweckt? Was wollte er damit erreichen?«
    Winifred schüttelte den Kopf. »Das weiß ich selber nicht.« Ihre Miene verriet, dass sie tatsächlich vor einem Rätsel stand.
    Pendergast nickte. »Vielleicht werden wir nie verstehen, was in seinem Kopf vorgegangen ist, als er die makabren Altäre arrangiert hat. Er wollte wohl seine Empfindungen ausdrücken, er hat vielleicht so etwas wie ein kreatives Spiel darin gesehen. Wir alle haben die in die Felswände eingeritzten Zeichen gesehen – auch eine Art primitive Kunst. Und denken Sie an die Arrangements aus Stöckchen, Bindfaden, Kristallen und Knochen. Das war ein erstes Indiz dafür, dass er kein Serienmörder sein konnte, es passte einfach nicht zum Verhaltensmuster eines Serienmörders. Und das war er ja auch nicht. Er hat keinen geplanten Mord begangen. Er hätte ihn gar nicht planen können. Er war – wenn auch nicht durcheigenes Verschulden – ein amoralischer Mensch, der aus der Gesellschaft ausgeschlossen war.«
    Winifred saß mit tief gesenktem Kopf stumm da. Corrie empfand Mitleid mit ihr. Sie erinnerte sich an die Geschichten, die in Medicine Creek über den Vater der alten Lady kursierten: dass er

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