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Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit

Titel: Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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finden. Wenn nicht, wird Gottes Wille geschehen. Also, was meinen Sie, gibt es irgendeinen Grund, weshalb der Lieutenant wünschen könnte, dass ich ihm die Sakramente nicht erteile?«
    »Er ist, ehrlich gesagt, kein praktizierender Katholik …« Hayward zögerte. Sie konnte sich nicht erinnern, wann Vinnie zum letzen Mal in die Kirche gegangen war. Aber etwas an der Vorstellung, den Priester bei ihm zu wissen, schien tröstlich, und sie spürte, dass Vinnie es zu schätzen wissen würde. »Ich würde sagen, ja, tun Sie es. Ich glaube, Vincent würde zustimmen.«
    »Sehr schön.« Der Priester drückte ihre Hand. »Gibt es noch etwas, das ich für einen von Ihnen tun kann? Irgendwelche Erledigungen? Anrufe?« Er hielt kurz inne. »Eine Beichte? Wir haben eine Kapelle hier im Krankenhaus.«
    »Nein, danke«, sagte Hayward. Sie warf einen Blick auf Pendergast, aber der schwieg.
    Pater Bell nickte ihnen beiden zu, griff nach seiner schwarzen Tasche und steuerte mit schnellen, sicheren Schritten, vielleicht sogar mit einem leichten Anflug von Eile, auf die Operationssäle zu.
    Sie vergrub das Gesicht in den Händen. Fünf Prozent oder weniger. Eins zu zwanzig. Das kurze Gefühl von Trost, das der Priester ihr vermittelt hatte, löste sich auf. Sie sollte sich besser an den Gedanken gewöhnen, dass Vinnie es nicht schaffen würde. Es war so sinnlos, eine solche Vergeudung eines Menschenlebens. Er war noch nicht mal fünfundvierzig. Erinnerungen stiegen in ihr auf, zersplittert, quälend, die schlechten Erinnerungen peinigend, die guten Erinnerungen sogar noch schlimmer.
    Irgendwo im Hintergrund hörte sie Pendergasts Stimme. »Ich möchte gern, dass Sie eines wissen, falls es schlecht ausgeht: Vincent hat sein Leben nicht weggeworfen.«
    Sie blickte durch die Finger auf den leeren Krankenhausflur, dorthin, wo der Priester verschwunden war, und schwieg.
    »Captain. Ein Polizist riskiert jeden Tag sein Leben. Er kann jederzeit den Tod finden, überall, wegen allem und jedem. Beim Schlichten eines häuslichen Streits, beim Abwehren eines Terrorangriffs. Jeder Tod im Dienst ist ehrenhaft. Und Vincent war mit der ehrenhaftesten Aufgabe befasst, die es gibt, dem Wiedergutmachen eines Unrechts. Seine Bemühungen waren ausschlaggebend für das Lösen dieses Mordfalls, absolut entscheidend.«
    Hayward antwortete nicht. Sie dachte wieder an den Code. Das war vor einer Viertelstunde gewesen. Vielleicht, dachte sie, war der Priester bereits zu spät gekommen.

45
    South Mountain, Georgia
    Der Wanderweg führte aus dem Wald heraus und hinauf zum Berggipfel. Judson Esterhazy blieb am Rand der offenen Wiese stehen, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie die Sonne über den kieferbestandenen Hügelketten unterging und den diesigen Abend in ein rotes Glühen tauchte. In der Ferne schimmerte ein See weißgolden im letzten Tageslicht.
    Er legte eine kurze Pause ein, obwohl er nicht schwer atmete. Dieser sogenannte Berg war nur dem Namen nach einer, es war eher ein Hügel als irgendwas sonst. Der Gipfel war lang und schmal, ein Höhenrücken, bedeckt mit hohem Gras. Auf einer kahlen Erhebung aus Granit standen die Überreste eines Feuerturms.
    Esterhazy blickte sich um. Der Gipfel war menschenleer. Er trat aus dem Schatten der gelben Kiefern heraus und ging über den überwucherten Pfad auf den hochaufragenden Feuerturm zu. Dort angekommen, lehnte er sich an eine der verrosteten Metallstreben, fummelte in seiner Tasche herum und zog seine Pfeife und einen Tabaksbeutel hervor. Er schob den Pfeifenkopf in den Beutel, füllte ihn und stopfte den Latakia-Tabak mit dem Daumen fest, wobei ihm der Duft in die Nase stieg. Als die Pfeife zu seiner Befriedigung gestopft war, wischte er ein paar Tabakfasern ab, drückte den Tabak noch einmal fest, zog ein Feuerzeug aus der Tasche und führte die Flamme mit leichten, gleichmäßigen Bewegungen über den Pfeifenkopf.
    Der blaue Rauch trieb im Zwielicht davon. Während er rauchte, sah Esterhazy eine Gestalt am anderen Ende des Feldes auftauchen, dort, wo der südliche Weg endete. Es gab verschiedene Wanderwege, die auf den South Mountain hinaufführten, alle von unterschiedlichen Straßen und aus anderen Himmelsrichtungen.
    Der Duft des teuren Tabaks, die beruhigende Wirkung des Nikotins, das tröstliche Ritual, all das besänftigte seine Nerven. Er verfolgte nicht, wie die Gestalt näher kam, sondern hielt den Blick nach Westen gerichtet, auf das diffuse orangerote Glühen über den Bergen, wo vor

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