Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Penthesilea - ein Trauerspiel

Penthesilea - ein Trauerspiel

Titel: Penthesilea - ein Trauerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
Vom Netzwerk:
spät.
    Penthesilea . (nach einer unruhigen Bewegung)
Wenn ich rasch wäre – – Ach es macht mich rasend!
– Wo steht die Sonne?
    Prothoe . Dort, dir grad’ im Scheitel,
Noch eh’ die Nacht sinkt, träfest du dort ein.
Wir schlössen Bündniß, unbewußt den Griechen,
Mit den Dardanischen, erreichten still
Die Bucht des Meer’s, wo jener Schiffe liegen;
Zur Nachtzeit, auf ein Merkmal, lodern sie
In Flammen auf, das Lager wird erstürmt,
Das Heer, gedrängt zugleich von vorn und hinten,
Zerrissen, aufgelöst, ins Land zerstreut,
Verfolgt, gesucht, gegriffen und bekränzet
Jedwedes Haupt, das unsrer Lust gefiel.
O seelig wär’ ich, wenn ich dieß erlebte!
Nicht ruh’n wollt’ ich, an deiner Seite kämpfen,
Der Tage Glut nicht scheuen, unermüdlich,
Müßt’ ich an allen Gliedern mich verzehren,
Bis meiner lieben Schwester Wunsch erfüllt,
Und der Pelid’ ihr doch, nach so vielen Mühen,
Besiegt zuletzt zu Füssen niedersank.
    Penthesilea . (die während dessen unverwandt in die Sonne gesehen)
Daß ich mit Flügeln weit gespreizt und rauschend,
Die Luft zertheilte – !
    Prothoe . Wie!
    Meroe . – Was sagte sie?
    Prothoe .
Was siehst du, Fürstinn – ?
    Meroe . Worauf heftet sich – ?
    Prothoe .
Geliebte, sprich!
    Penthesilea . Zu hoch, ich weiß, zu hoch –
Er spielt in ewig fernen Flammenkreisen
Mir um den sehnsuchtsvollen Busen hin.
    Prothoe .
Wer, meine beste Königinn?
    Penthesilea . Gut, gut.
– Wo geht der Weg?
(sie sammelt sich und steht auf)
    Meroe . So willst du dich entschließen?
    Prothoe .
So hebst du dich empor? – Nun, meine Fürstinn,
So sei’s auch wie ein Riese! Sinke nicht,
Und wenn der ganze Orkus auf dich drückte!
Steh, stehe fest, wie das Gewölbe steht,
Weil seiner Blöcke jeder stürzen will!
Beut deine Scheitel, einem Schlußstein gleich,
Der Götter Blitzen dar, und rufe, trefft!
Und laß dich bis zum Fuß herab zerspalten,
Nicht aber wanke in dir selber mehr,
So lang ein Athem Mörtel und Gestein,
In dieser jungen Brust, zusammenhält.
Komm. Gieb mir deine Hand.
    Penthesilea . Geht’s hier, geht’s dort?
    Prothoe .
Du kannst den Felsen dort, der sichrer ist,
Du kannst auch das bequemre Thal hier wählen.
Wozu entschließen wirst du dich?
    Penthesilea . Den Felsen!
Da komm’ ich ihm um soviel näher. Folgt mir.
    Prothoe .
Wem, meine Königinn?
    Penthesilea . Euren Arm, ihr Lieben.
    Prothoe .
Sobald du jenen Hügel dort erstiegen,
Bist du in Sicherheit.
    Meroe . Komm fort.
    Penthesilea . (indem sie plötzlich auf eine Brücke gekommen, stehen bleibt)
Doch höre:
Eins eh’ ich weiche, bleibt mir übrig noch.
    Prothoe .
Dir übrig noch?
    Meroe . Und was?
    Prothoe . Unglückliche!
    Penthesilea .
Eins noch, ihr Freundinnen, und rasend wär’ ich,
Das müßt ihr selbst gestehn, wenn ich im ganzen
Gebiet der Möglichkeit mich nicht versuchte.
    Prothoe . (Unwillig)
Nun denn, so wollt’ ich, daß wir gleich versunken!
Denn Rettung giebt’s nicht mehr.
    Penthesilea . (erschrocken) Was ist? Was fehlt dir?
Was hab’ ich ihr gethan, ihr Jungfrau’n, sprecht!
    Die Oberpriesterinn .
Du denkst – ?
    Meroe . Du willst auf diesem Platze noch – ?
    Penthesilea .
Nichts, nichts, gar nichts, was sie erzürnen sollte.
Den Ida will ich auf den Ossa wälzen,
Und auf die Spitze ruhig blos mich stellen.
    Die Oberpriesterinn .
Den Ida wälzen – ?
    Meroe . Wälzen auf den Ossa – ?
    Prothoe . (mit einer Wendung)
Schützt, all’ ihr Götter, sie!
    Die Oberpriesterinn . Verlorene!
    Meroe . (schüchtern)
Dies Werk ist der Giganten, meine Königinn!
    Penthesilea .
Nun ja, nun ja: worinn denn weich’ ich ihnen?
    Meroe .
Worin du ihnen – ?
    Prothoe . Himmel!
    Die Oberpriesterinn . Doch gesetzt – ?
    Meroe .
Gesetzt nun du vollbrächtest dieses Werk – ?
    Prothoe .
Gesetzt was würdest du – ?
    Penthesilea . Blödsinnige!
Bei seinen goldnen Flammenhaaren zög’ ich
Zu mir hernieder ihn –
    Prothoe . Wen?
    Penthesilea . Helios,
Wenn er am Scheitel mir vorüberfleucht!
    Die Fürstinnen . (sehn sprachlos und mit Entsetzen einander an)
    Die Oberpriesterinn .
Reißt mit Gewalt sie fort!
    Penthesilea . (schaut in den Fluß nieder)
Ich, Rasende!
Da liegt er mir zu Füssen ja! Nimm mich –
(sie will in den Fluß sinken, Prothoe und Meroe halten sie)
    Prothoe .
Die Unglückselige!
    Meroe . Da fällt sie leblos,
Wie ein Gewand, in unsrer Hand zusammen.
    Die Priesterinn . (auf dem Hügel)
Achill erscheint, ihr Fürstinnen! Es kann
Die ganze Schaar der Jungfrau’n ihn nicht halten!
    Die

Weitere Kostenlose Bücher