Penthesilea - ein Trauerspiel
geschehn!
(sie trägt die Königinn, mit Hülfe einiger Amazonen wieder auf den Vorgrund der Scene)
Die Amazonen . (in Verwirrung)
Wir sind gefangen!
Wir sind umzingelt! Wir sind abgeschnitten!
Fort! Rette sich, wer retten kann!
Diomedes . (zu Prothoe) Ergebt euch!
Meroe . (zu den flüchtigen Amazonen)
Ihr Rasenden! Was thut ihr? Wollt ihr stehn?
Prothoe! Sieh her!
Prothoe . (immer bei der Königinn)
Hinweg! Verfolge sie,
Und wenn du kannst, so mach’ uns wieder frei.
(Die Amazonen zerstreuen sich. Meroe folgt ihnen)
Achilles .
Auf jetzt, wo ragt sie mit dem Haupte?
Ein Grieche . Dort!
Achilles .
Dem Diomed will ich zehn Kronen schenken.
Diomedes .
Ergebt euch, sag’ ich noch einmal!
Prothoe . Dem Sieger
Ergeb’ ich sie, nicht dir! Was willst du auch?
Der Peleïd’ ist’s, dem sie angehört!
Diomedes .
So werft sie nieder!
Ein Ätolier . Auf!
Achilles . (den Ätolier zurückstoßend)
Der weicht ein Schatten
Vom Platz, der mir die Königinn berührt! –
Mein ist sie! Fort! Was habt ihr hier zu suchen –
Diomedes .
So! Dein! Ei sieh, bei Zevs, des Donnrers, Locken,
Aus welchen Gründen auch? Mit welchem Rechte?
Achilles .
Aus einem Grund, der rechts, und einer links. –
Gieb.
Prothoe .
Hier. Von deiner Großmuth fürcht’ ich nichts.
Achilles . (indem er die Königinn in seine Arme nimmt)
Nichts, nichts. –
(zu Diomedes)
Du gehst und folgst und schlägst die Frauen,
Ich bleib’ auf einen Augenblick zurück.
– Fort! Mir zu Lieb’. Erwiedre nichts. Dem Hades
Stünd’ ich im Kampf um sie, vielmehr denn dir!
(er legt sie an die Wurzel einer Eiche nieder)
Diomedes .
Es sei! Folgt mir!
Ulysses . (mit dem Heer über die Bühne ziehend)
Glück auf, Achill! Glück auf!
Soll ich dir die Quadriga rasselnd schicken?
Achill . (über die Königinn geneigt)
Es braucht’s nicht. Laß noch sein.
Ulysses . Gut. Wie du willst. –
Folgt mir! Eh’ sich die Weiber wieder sammlen.
Ulysses und Diomedes mit dem Heer. (Von der Seite der Amazonen ab)
Dreizehnter Auftritt.
Penthesilea , Prothoe , Achilles , Gefolge von Griechen und Amazonen .
Achilles . (indem er der Königinn die Rüstung öffnet)
Sie lebt nicht mehr.
Prothoe . O mögt’ ihr Auge sich
Für immer diesem öden Licht verschließen!
Ich fürchte nur zu sehr, daß sie erwacht.
Achilles .
Wo traf ich sie?
Prothoe . Sie raffte von dem Stoß sich,
Der ihr die Brust zerriß, gewaltsam auf;
Hier führten wir die Wankende heran,
Und diesen Fels just wollten wir erklimmen.
Doch sei’s der Glieder, der verwundeten,
Sei’s der verletzten Seele Schmerz: sie konnte,
Daß sie im Kampf gesunken dir, nicht tragen;
Der Fuß versagte brechend ihr den Dienst,
Und Irrgeschwätz von bleichen Lippen sendend,
Fiel sie zum zweitenmal mir in den Arm.
Achilles .
Sie zuckte – sahst du es?
Prothoe . Ihr Himmlischen!
So hat sie noch den Kelch nicht ausgeleert?
Seht, o die Jammervolle, seht –
Achilles . Sie athmet.
Prothoe .
Pelide! Wenn du das Erbarmen kennst,
Wenn ein Gefühl den Busen dir bewegt,
Wenn du sie tödten nicht, in Wahnsinn völlig
Die Leichtgereizte nicht verstricken willst,
So gönne eine Bitte mir.
Achilles . Sprich rasch!
Prothoe .
Entferne dich! Tritt, du Vortrefflicher,
Tritt aus dem Antlitz ihr, wenn sie erwacht.
Entrück’ ihr gleich die Schaar, die dich umsteht,
Und laß, bevor die Sonne sich erneut,
Fern auf der Berge Duft ihr niemand nahn,
Der sie begrüßte, mit dem Todeswort:
Du bist die Kriegsgefangene Achills.
Achilles .
So haßt sie mich?
Prothoe . O frage nicht, Großherz’ger! –
Wenn sie jetzt freudig an der Hoffnung Hand
Ins Leben wiederkehrt, so sei der Sieger
Das Erste nicht, das freudlos ihr begegnet.
Wie manches regt sich in der Brust der Frauen,
Das für das Licht des Tages nicht gemacht.
Muß sie zuletzt, wie ihr Verhängniß will,
Als die Gefangne schmerzlich dich begrüßen,
So fordr’ es früher nicht, beschwör ich dich!
Als bis ihr Geist dazu gerüstet steht.
Achilles .
Mein Will’ ist, ihr zu thun, muß ich dir sagen,
Wie ich dem stolzen Sohn des Priam that.
Prothoe .
Wie, du Entsetzlicher!
Achilles . – Fürchtet sie dies?
Prothoe .
Du willst das Namenlos’ an ihr vollstrecken?
Hier diesen jungen Leib, du Mensch voll Greuel,
Geschmückt mit Reizen, wie ein Kind mit Blumen,
Du willst ihn schändlich, einer Leiche gleich – ?
Achilles .
Sag’ ihr, daß ich sie liebe.
Prothoe . Wie? – Was war das?
Achilles .
Beim Himmel, wie! Wie Männer Weiber lieben;
Keusch und das Herz voll
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