Penthesilea - ein Trauerspiel
– ?
Prothoe . Du willst – ?
Penthesilea . Ich will hier bleiben.
Prothoe .
Wie, Rasende!
Penthesilea . Ihr hört’s. Ich kann nicht stehen.
Soll das Gebein mir brechen? Laßt mich sein.
Prothoe .
Verlorenste der Frau’n! Und der Pelide,
Er naht, du hörst, im Pfeilschuß –
Penthesilea . Laßt ihn kommen.
Laßt ihn den Fuß gestählt, es ist mir recht,
Auf diesen Nacken setzen. Wozu auch sollen
Zwei Wangen länger, blüh’nd wie diese, sich
Vom Korb, aus dem sie stammen, unterscheiden?
Laßt ihn mit Pferden häuptlings heim mich schleifen,
Und diesen Leib hier, frischen Lebens voll,
Auf offnem Felde schmachvoll hingeworfen,
Den Hunden mag er ihn zur Morgenspeise,
Dem scheußlichen Geschlecht der Vögel, bieten.
Staub lieber, als ein Weib sein, das nicht reizt.
Prothoe .
O Königinn!
Penthesilea (indem sie sich den Halsschmuck abreißt)
Weg ihr verdammten Flittern!
Prothoe .
Ihr ew’gen Götter dort! Ist das die Fassung,
Die mir dein Mund so eben angelobt?
Penthesilea .
Vom Haupt, ihr auch – was nickt ihr? Seid verflucht mir,
Hülflosere, als Pfeil und Wangen, noch!
– Die Hand verwünsch’ ich, die zur Schlacht mich heut
Geschmückt, und das verrätherische Wort,
Das mir gesagt, es sei zum Sieg, dazu.
Wie sie mit Spiegeln mich, die Gleißnerinnen,
Umstanden, rechts und links, der schlanken Glieder
In Erz gepreßte Götterbildung preisend. –
Die Pest in eure wilden Höllenkünste!
Griechen . (ausserhalb der Scene)
Vorwärts, Pelide, vorwärts! Sei getrost!
Nur wenig Schritte noch, so hast du sie.
Die Priesterinn . (auf dem Hügel)
Diana! Königinn! Du bist verloren,
Wenn du nicht weichst!
Prothoe . Mein Schwesterherz! Mein Leben!
Du willst nicht fliehn? nicht gehn?
Penthesilea . (die Thränen stürzen ihr aus den Augen, sie lehnt sich an einen Baum)
Prothoe (plötzlich gerührt, indem sie sich neben ihr niedersetzt)
Nun, wie du willst.
Wenn du nicht kannst, nicht willst – sei’s! Weine nicht.
Ich bleibe bei dir. Was nicht möglich ist,
Nicht ist, in deiner Kräfte Kreis nicht liegt,
Was du nicht leisten kannst : die Götter hüten,
Daß ich es von dir fordre! Geht, ihr Jungfrau’n,
Geht; kehrt in eure Heimathsflur zurück:
Die Königinn und ich, wir bleiben hier.
Die Oberpriesterinn .
Wie, du Unseel’ge? Du bestärkst sie noch?
Meroe .
Unmöglich wär’s ihr, zu entfliehn?
Die Oberpriesterinn . Unmöglich,
Da nichts von außen sie, kein Schicksal, hält,
Nichts als ihr thörigt Herz –
Prothoe . Das ist ihr Schicksal!
Dir scheinen Eisenbanden unzerreißbar,
Nicht wahr? Nun sieh: sie bräche sie vielleicht,
Und das Gefühl doch nicht, das du verspottest.
Was in ihr walten mag, das weiß nur sie,
Und jeder Busen ist, der fühlt, ein Räthsel.
Des Lebens höchstes Gut erstrebte sie,
Sie streift’, ergriff es schon: die Hand versagt ihr,
Nach einem andern noch sich auszustrecken.
Komm, magst du’s jetzt an meiner Brust vollenden.
– Was fehlt dir? Warum weinst du?
Penthesilea . Schmerzen, Schmerzen –
Prothoe .
Wo?
Penthesilea .
Hier.
Prothoe .
Kann ich dir Lindrung – ?
Penthesilea . Nichts, nichts, nichts.
Prothoe .
Nun, faße dich; in Kurzem ist’s vollbracht.
Die Oberpriesterinn . (halblaut)
Ihr Rasenden zusammt – !
Prothoe . (eben so) Schweig bitt’ ich dich.
Penthesilea .
Wenn ich zur Flucht mich noch – wenn ich es thäte:
Wie, sag’, wie faßt ich mich?
Prothoe . Du giengst nach Pharsos.
Dort fändest du, denn dorthin wieß ich es,
Dein ganzes Heer, das jetzt zerstreut, zusammen.
Du ruhtest dich, du pflegtest deiner Wunden,
Und mit des nächsten Tages Strahl, gefiehl’s dir,
Nähmst du den Krieg der Jungfrau’n wieder auf.
Penthesilea .
Wenn es mir möglich wär – ! Wenn ichs vermöchte – !
Das Aeußerste, das Menschenkräfte leisten,
Hab’ ich gethan – Unmögliches versucht –
Mein Alles hab’ ich an den Wurf gesetzt;
Der Würfel, der entscheidet, liegt, er liegt:
Begreifen muß ich’s – – und daß ich verlor.
Prothoe .
Nicht, nicht, mein süßes Herz! Das glaube nicht.
So niedrig schlägst du deine Kraft nicht an.
So schlecht von jenem Preis nicht wirst du denken,
Um den du spielst, als daß du wähnen solltest,
Das, was er werth, sei schon für ihn geschehn.
Ist diese Schnur von Perlen, weiß und roth,
Die dir vom Nacken rollt, der ganze Reichthum,
Den deine Seele aufzubieten hat?
Wie viel, woran du gar nicht denkst, in Pharsos,
Endlos für deinen Zweck noch ist zu thun!
Doch freilich wohl – jetzt ist es fast zu
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