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Penthesilea - ein Trauerspiel

Penthesilea - ein Trauerspiel

Titel: Penthesilea - ein Trauerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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Ehrwürd’ge Priesterinn der Artemis,
Trit näher vor, ich bitte dich –
    Asteria . Sie zürnt,
Weil wir sie aus der Knechtschaft Schmach befreiten!
    Die Oberpriesterinn . (aus dem Gewühl der Frauen hervortretend)
Nun denn, du setzest würdig, Königinn,
Mit diesem Schmähungswort, muß ich gestehn,
Den Thaten dieses Tags die Krone auf.
Nicht bloß, daß du, die Sitte wenig achtend,
Den Gegner dir im Feld der Schlacht gesucht,
Nicht bloß, daß du, statt ihn in Staub zu werfen,
Ihm selbst im Kampf erliegst, nicht bloß, daß du
Zum Lohn dafür ihn noch mit Rosen kränzest:
Du zürnst auch deinem treuen Volke noch,
Das deine Ketten bricht, du wendest dich,
Und rufst den Überwinder dir zurück.
Wohlan denn große Tochter Tanaïs,
So bitt’ ich – ein Versehn war’s, weiter nichts –
Für diese rasche That dich um Verzeihung.
Das Blut, das sie gekostet, reut mich jetzt,
Und die Gefangnen, eingebüßt um dich,
Wünsch’ ich von ganzer Seele mir zurück.
Frei, in des Volkes Namen, sprech’ ich dich;
Du kannst den Fuß jetzt wenden, wie du willst,
Kannst ihn mit flatterndem Gewand ereilen,
Der dich in Fesseln schlug, und ihm den Riß,
Da, wo wir sie zersprengten, überreichen:
Also ja will’s das heil’ge Kriegsgesetz!
Uns aber, uns vergönnst du, Königinn,
Den Krieg jetzt aufzugeben, und den Fuß
Nach Themiscyra wieder heimzusetzen;
Wir mindestens, wir können jene Griechen,
Die dort entfliehn, nicht bitten , stillzustehn,
Nicht, so wie du, den Siegskranz in der Hand,
Zu unsrer Füsse Staub sie nieder flehn .
    (Pause)
    Penthesilea . (wankend)
Prothoe!
    Prothoe . Mein Schwesterherz!
    Penthesilea . Ich bitte dich, bleib bei mir.
    Prothoe .
Im Tod, du weißt – – Was bebst du, meine Königinn?
    Penthesilea .
Nichts, es ist nichts, ich werde gleich mich sammeln.
    Prothoe .
Ein großer Schmerz traf dich. Begegn’ ihm groß.
    Penthesilea .
Sie sind verloren?
    Prothoe . Meine Königinn?
    Penthesilea .
Die ganze junge Prachtschaar, die wir fällten? –
Sie sinds durch mich?
    Prothoe . Beruh’ge dich. Du wirst sie
In einem andern Krieg’ uns wiederschenken.
    Penthesilea . (an ihren Busen)
O niemals!
    Prothoe . Meine Königinn?
    Penthesilea . O niemals!
Ich will in ew’ge Finsterniß mich bergen!

Zwanzigster Auftritt.
    Ein Herold (tritt auf) Die Vorigen .
    Meroe .
Ein Herold naht dir, Königinn!
    Asteria . Was willst du?
    Penthesilea (mit schwacher Freude)
Von dem Peliden! – Ach, was werd’ ich hören?
Ach, Prothoe, heiß’ ihn wieder gehn!
    Prothoe . Was bringst du?
    Der Herold .
Mich sendet dir Achilleus, Königinn,
Der schilfumkränzten Nereïde Sohn,
Und läßt durch meinen Mund dir kündigen:
Weil dich Gelüst’ treibt, als Gefangnen ihn
Nach deinen Heimathsfluren abzuführen,
Ihn aber auch hinwiederum Gelüst,
Nach seinen heimathlichen Fluren dich:
So fordert er zum Kampf, auf Tod und Leben,
Noch einmal dich ins Feld hinaus, auf daß
Das Schwerdt, des Schicksaals ehrne Zung’ entscheide,
In der gerechten Götter Angesicht,
Wer würdig sei, du oder er, von beiden,
Den Staub nach ihrem heiligen Beschluß,
Zu seines Gegners Füßen aufzulecken.
Hast du’s auf solchen Strauß zu wagen Lust?
    Penthesilea . (mit einerfliegenden Blässe)
Laß dir vom Wetterstrahl die Zunge lösen,
Verwünschter Redner, eh’ du wieder sprichst!
Hört’ ich doch einen Sandblock just so gern,
Endlosen Falls, bald hier, bald dort anschmetternd,
Dem klafternhohen Felsenriff entpoltern.
(zu Prothoe)
– Du mußt es Wort für Wort mir wiederholen.
    Prothoe . (zitternd)
Der Sohn des Peleus, glaub’ ich, schickt ihn her,
Und fordert dich auf’s Feld hinaus;
Verweig’re kurz dich ihm, und sage, nein.
    Penthesilea .
Es ist nicht möglich.
    Prothoe . Meine Königinn?
    Penthesilea .
Der Sohn des Peleus fordert mich ins Feld?
    Prothoe .
Sag’ ich dem Mann gleich: nein, und laß ihn gehn?
    Penthesilea .
Der Sohn des Peleus fordert mich ins Feld?
    Prothoe .
Zum Kampf ja, meine Herrscherinn, so sagt’ ich.
    Penthesilea .
Der mich zu schwach weiß, sich mit ihm zu messen,
Der ruft zum Kampf mich, Prothoe, ins Feld?
Hier diese treue Brust, sie rührt ihn erst,
Wenn sie sein scharfer Speer zerschmetterte?
Was ich ihm zugeflüstert, hat sein Ohr
Mit der Musik der Rede bloß getroffen?
Des Tempels unter Wipfeln denkt er nicht,
Ein steinern Bild hat meine Hand bekränzt?
    Prothoe .
Vergiß den Unempfindlichen.
    Penthesilea . (glühend) Nun denn,
So ward die Kraft mir jetzo, ihm zu stehen:
So soll er in den Staub herab, und

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