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Perlen im Sand

Perlen im Sand

Titel: Perlen im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pepper Espinoza
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keinen Appetit hatte. Was dachte Jag wohl über ihn? Es schien ihm, dass er jedes Mal, wenn er den jungen Mann ansah, etwas Neues an ihm entdeckte, das er bewundern konnte. Seine Finger waren schlank, aber nicht zerbrechlich. Seine Haut hatte einen tiefen, goldfarbenen Ton, der zeigte, dass der junge Gelehrte nicht den ganzen Tag in seinem Zimmer verbrachte. Im Vergleich zu Jag fühlte sich Brace alt, dreckig und ungehobelt. Vielleicht hätte er sich wirklich rasieren sollen. Wenn Jag es wollte, konnte er das immer noch tun.
    »Was haben dir deine Eltern über mich erzählt?«, fragte Brace, während er Wein in zwei silberne Weinkelche goss.
    »Du bist aus der Euclid-Provinz. Du warst dort Statthalter. Du besitzt einen der besten Ställe aller Provinzen. Und du besuchst regelmäßig den Tempel.«
    Mehr hatte Brace nicht erwartet. »Das ist eine ziemlich exakte Liste der Dinge, die ich tue. Es sagt aber nichts darüber aus, wer ich bin.«
    Jags Blick war weich. »Nein, das tut es nicht. Ich fürchte, sie haben sich mit diesen Details ein wenig zurückgehalten.«
    »Du darfst mir jede Frage stellen, die dir auf dem Herzen liegt.« Er begegnete Jags Blick und hoffte, dass dieser die Aufrichtigkeit in seinen Augen sehen konnte. »Ich werde dir nichts verheimlichen.«
    Jag legte den Kopf schräg. »Könnte ich mein Studium weiterführen?«
    Brace blinzelte. Das war nicht die Frage, die er als Erstes erwartet hatte, aber er verstand, weshalb Jag fragte. Häufig musste der jüngere oder ärmere Partner in einer Verbindung wie ihrer mehr aufgeben als nur seine Familie und sein Zuhause. »Natürlich.«
    Jag nickte und schnitt vorsichtig ein Stück aus der schwarzen Flosse. Er bewegte das Messer in präzisen, bedachten Winkeln. »Wird von mir erwartet, dass ich deinen Haushalt führe?«
    »Du kannst, wenn du möchtest. Aber ich hätte nie… Ich habe zuverlässige Angestellte, die für einen reibungslosen Ablauf sorgen.«
    »Du hättest nie was?«, fragte Jag und beugte sich nach vorn.
    »Ich hätte nie gedacht, dass ich überhaupt heirate.«
    »Ich auch nicht. Aber ich vermute, deine Familie hat es von dir erwartet.«
    »Der Großteil, ja. Bis ich klargemacht habe, dass ich nicht daran interessiert bin, eine Frau zu heiraten.« Die Worte kamen ihm leicht über die Lippen, aber er beobachtete Jags Reaktion aufmerksam. »Warst du es?«
    »War ich was? Daran interessiert, eine Frau zu heiraten?«
    »Ja.«
    »Nein.«
    Beinahe hätte Brace seinen Kelch umgestoßen. Er wackelte gefährlich, ehe er ihn mit unsicherem Griff festhielt. Er hatte gehofft, Jag würde ihm diese Antwort geben, befürchtete aber dennoch, dass Menschen sich nicht zu schade waren, zu lügen, um unglücklichen Umständen zu entkommen. Es hätte ihn nicht überrascht, wenn Jag nur eine Schachfigur gewesen wäre.
    Jags schmale Lippen verzogen sich zu einem amüsierten Grinsen. »Du hast gedacht, dass ich gegen meinen Willen hier bin?«
    »Ja. Es wäre nicht das erste Mal, dass Eltern eine Ehe arrangieren und dabei über die Tauglichkeit ihres Kindes lügen.« Brace verzog das Gesicht. »Entschuldige. Ich wollte deine Eltern nicht als Lügner bezeichnen. Aber ich habe befürchtet, dass Verzweiflung sie zu… einem untypischen Verhalten zwingen würde.«
    Jag wischte Brace' Entschuldigung mit einer Handbewegung zur Seite. »Nein. Meine Eltern haben mich gefragt, ob ich einen Ehemann oder eine Ehefrau bevorzuge. Sie würden nie… sie sind gerade nicht in der besten Lage, aber sie haben versucht, jemanden zu finden, der mich glücklich machen kann.«
    Brace wollte nach vorn stürmen und sagen, dass er Jag glücklich machen konnte. Er würde alles in seiner Macht Stehende tun, um ihn glücklich zu machen. Allerdings wusste er, dass dieser Drang der Verzweiflung entsprang. Er wollte nichts tun, was seinen jungen Bräutigam verunsichern könnte – zum Beispiel ihn glauben zu lassen, dass er ein Nervenbündel war.
    »Das war sehr nett von ihnen.«
    »Es tat ihnen leid, dass sie mich überhaupt in diese Situation bringen mussten.«
    Sie hatten es nie gesagt, aber vor allem Dame Martin schien verunsichert und tieftraurig über das Chaos zu sein, in dem sie sich gerade befanden. Brace' Aufmerksamkeit wanderte zu dem Ring. Er bezweifelte nicht, dass Jag den Zweck und den Wert des Ringes erkannt hatte. Trotzdem war er in die Suite gekommen.
    »Deine Mutter hat erzählt, dass du Priester werden willst.« Sicher war diese Richtung gefährlich, aber wenn er eine echte Chance

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