Pern 01 - Die Welt der Drachen
F'lar
liebenswürdig.
Fax drehte sich ruckartig um. Seine Augen blitzten, und seine Rechte hing Millimeter über dem Schwert.
F'lar war sprachlos. Der Mann würde es tatsächlich wagen, seine Waffe gegen einen Drachenreiter zu erheben! Fast war er enttäuscht, als der Baron nach den Zügeln griff und sein Pferd mit einem Tritt in die Flanken vorantrieb.
»Eines Tages töte ich ihn noch«, sagte F'lar leise, und Mnementh raschelte zustimmend mit den Flügeln.
F'nor landete neben dem Bronzereiter.
»Habe ich recht gesehen? Er wollte sein Schwert ziehen?«
F'nors Blick war hart und forschend.
»Offensichtlich fiel ihm gerade noch rechtzeitig ein, dass ich auf einem Drachen sitze.«
»Sei vorsichtig, Bronzereiter! Er will dich umbringen!«
»Versuchen kann er es.«
»Er soll ein heimtückischer Kämpfer sein.«
F'nor war sehr ernst geworden.
Mnementh schlug wieder mit den Flügeln, und F'lar strich ihm geistesabwesend über die weiche Nackenhaut.
»Hältst du ihn für stärker als mich?« fragte F'lar ein wenig gekränkt.
»Nein, das nicht«, versicherte F'nor rasch.
»Ich hatte noch keine Gelegenheit, ihn beim Kampf zu beobachten, aber man hört so allerlei. Er tötet oft, auch wenn gar kein Grund dazu besteht.«
»Sind wir Schwächlinge, weil wir den Kampf meiden?«
fragte F'lar aufgebracht.
»Du schämst dich wohl für unsere Erziehung?«
»Nein. Das trifft weder für mich noch für die anderen des 33
Geschwaders zu.
Aber die Herausforderung, mit der uns Fax und seine Leute täglich begegnen, ist schwer zu ertragen. Manchmal bedauern wir es fast, dass sie uns keinen Grund zum Kämpfen geben.«
»Vielleicht ändert sich das noch. Irgend etwas auf Ruatha macht unseren stolzen Baron nervös.«
Mnementh und dann auch Canth schlugen erregt mit den Flügeln. Der Bronzedrache drehte den Kopf nach hinten, und F'lar las in seinen opalblau schimmernden Augen eine deutliche Botschaft.
»Hier im Tal befindet sich eine verborgene Kraft«,
murmelte F'lar.
F'nor nickte. »Ja. Selbst mein Brauner spürt sie.«
»Nun dürfen wir nichts falsch machen, F'nor«, warnte F'lar.
»Lass das gesamte Geschwader aufsteigen! Durchsucht das Tal! Ich hätte es wissen oder zumindest ahnen müssen. Die Anzeigen waren so deutlich. Was ist nur aus uns Drachenreitern geworden?«
34
Die Burg ist verriegelt, Der Saal ist leer,
Die Menschheit vergeht.
Das Land ist verrottet, Der Felsen ist kahl,
Die Hoffnung verweht.
Lessa holte die Asche aus dem Herd, als der aufgeregte Bote in den Großen Saal stolperte. Sie hatte sich so still wie möglich verhalten, damit der Verwalter sie nicht hinausschickte.
»Fax kommt! Mit Drachenreitern!« stieß der Mann hervor, als er in den düsteren Saal stolperte.
Der Verwalter, der eben im Begriff gewesen war, den
obersten Tuchweber wegen der schlechten Qualität seiner Ware auszupeitschen, wandte sich verständnislos von seinem Opfer ab. Der Kurier, ein Bauer aus dem Grenzbezirk von Ruatha, war so erregt, dass er den Verwalter am Arm packte.
»Wie kannst du es wagen, dein Gehöft zu verlassen?«
Der Verwalter schlug mit der Peitsche nach ihm. Die Wucht des Hiebes warf den Mann zu Boden. Wimmernd rollte er sich zur Seite.
»Drachenreiter... hah! Fax... hah! Er meidet Ruatha!«
Der Verwalter betonte jedes seiner Worte durch einen kräftigen Peitschenhieb.
Dann wandte er sich atemlos an seine beiden Gehilfen, die neben dem Tuchweber standen.
»Wie kam der Mann mit einer so durchsichtigen Lüge
hierher?«
Er ging auf die Tür zu, doch bevor er sie öffnen konnte, wurde sie von außen aufgerissen. Der Wachoffizier stürzte kreidebleich in den Großen Saal.
»Drachenreiter und Drachen überall auf Ruatha!« keuchte der Mann und ruderte wild mit den Armen.
Er zerrte den Verwalter mit sich in den Hof.
Lessa scharrte die letzten Aschenreste zusammen. Sie nahm 35
Eimer und Schaufel auf und verließ unauffällig den Saal. Ein Lächeln stahl sich über ihre Züge.
Drachenreiter auf Ruatha!
Eine günstige Gelegenheit!
Vielleicht war Fax durch den verwahrlosten Zustand der Burg so gedemütigt oder verärgert, dass sie ihn dazu brachte, in Anwesenheit der Drachenreiter auf Ruatha zu verzichten.
Dann würde sie sich zu erkennen geben und Besitzanspruch erheben.
Aber sie musste mit großer Vorsicht zu Werke gehen.
Drachenreiter waren ein besonderer Menschenschlag. Sie kannten weder Zorn noch Gier oder Furcht. Ihr Verstand und ihr Urteilsvermögen blieb immer ungetrübt. Ihre
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