Pern 02 - Die Suche der Drachen
mit sichtlicher Erleichterung. Unauffällig deutete er zum 266
Fernrohr hinüber.
»Er hat sich wieder mit seiner Echse eingefunden. Ich wollte Sie schon verständigen.«
Im gleichen Moment klang ein ängstliches Kreischen auf.
Grall, die auf F’nors Schulter saß, spreizte nervös die Flügel und fauchte.
F’nor streichelte sie, aber sie ließ sich nicht beruhige n.
»Wer ist da?« fragte Meron von Nabol herrisch. Er war gegen den dunklen Sternstein kaum auszumachen.
»F’nor, der Geschwader-Zweite von Benden«, erwiderte der braune Reiter kühl.
»Sie haben hier in Fort nichts zu suchen«, fuhr ihn Meron an. »Verschwinden Sie!«
»Baron Meron«, entgegnete N’ton und stellte sich vor F’nor,
»der Drachenreiter von Benden genießt auf Fort die gleiche Gastfreundschaft wie Sie.«
»Sie scheinen zu vergessen, daß Sie einen Burgherrn vor sich haben!«
»Kann er etwas entdeckt haben?« flüsterte F’nor dem Bronzereiter zu.
N’ton zuckte mit den Schultern und trat auf den Baron zu.
Die kleine Echse begann zu schreien. Grall spreizte erneut die Flügel.
Ihre Gedanken verrieten Abscheu und Zorn, vermischt mit Furcht.
»Baron Nabol, Sie benutzen das Fernrohr nun seit Einbruch der Dunkelheit!«
»Und ich werde es weiterhin benutzen, solange es mir Spaß macht! Gehen Sie, und lassen Sie mich in Ruhe!«
Damit drehte sich Meron um und trat erneut an das Fernrohr. Er schien es für selbstverständlich zu halten, daß die beiden Drachenreiter seinem Befehl nachkamen. F’nors Augen hatten sich jetzt an die Dunkelheit gewöhnt. Er konnte erkennen, daß der Mann die kleine Echse festhielt, obwohl sie sich 267
sträubte und zu entkommen suchte. Ihre Klagen wurden immer schriller.
Die Kleine ist außer sich vor Furcht, erklärte Canth seinem Reiter. Der Mann behandelt sie grausam.
F’nor hatte noch nie zuvor ein so hartes Urteil von seinem Braunen gehört.
Mit einemmal stieß Canth einen Schrei aus, der von den Klippen widerhallte. Die Reiter zuckten zusammen, und Grall flatterte auf. Meron ließ vor Schreck die Feuerechse los, und sie verschwand im Dazwischen.
Zornerfüllt stürmte Meron auf die Reiter zu, aber plötzlich fand er den Weg von Canths mächtigem Schädel versperrt.
»Der Re iter, den man Ihnen zugewiesen hat, Baron Meron, bringt Sie jetzt zurück nach Nabol«, erklärte N’ton.
»Auf Fort wird man Sie in Zukunft nicht mehr empfangen.«
»Dazu haben Sie kein Recht! Sie können mir den Zutritt zu diesem Fernrohr nicht verwehren! Sie sind nicht der Weyrfü hrer. Ich werde ein Konklave einberufen und euch Drachenreiter zum Handeln zwingen. Mich könnt ihr nicht betrügen. Ein Nabol fällt auf eure Ausreden nicht herein! Feiglinge! Ein Pack von Feiglingen seid ihr allesamt! Ich wußte es immer. Jeder kann zum Roten Stern gelangen. Jeder! Ich werde euch zwingen, Farbe zu bekennen!«
Der grüne Reiter half Meron wortlos beim Aufsteigen.
Kaum kreiste der Drache über den Sternsteinen, als F’nor sich auch schon über das Fernrohr beugte und einen Blick auf den Roten Stern warf.
Was konnte Meron gesehen haben? Oder schrie er ihnen unbegründete Anschuldigungen entgegen, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen?
Immer wenn er den Roten Stern mit seinen finsteren, rötlichgrauen Wolkenmassen betrachtete, durchzuckte ihn einen Moment lang Furcht. Doch an diesem Abend wollte ihn das 268
Grauen, das ihn erfaßt hatte, nicht mehr loslassen. Das Fernrohr enthüllte den grauen Schweif, der an die Halbinsel von Nerat erinnerte. Und dicht darüber sah er Wolken – Wolken, die sich zu einer Faust zusammenballten und nach dem Ausläufer zu greifen schienen. Noch während er sie beobachtete, lösten sie sich auf und bildeten ein Drachenauge.
»Was könnte er gesehen haben?« N’ton klopfte F’nor auf die Schulter, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen.
»Wolken«, sagte F’nor und trat einen Schritt zurück. »Wie eine Faust. Dann verwandelten sie sich in ein Drachenauge.
Wolken – das ist alles.«
N’ton seufzte erleichtert.
»Damit kommt er nicht weiter.«
F’nor streckte die Hand nach Grall aus. Sie hüpfte gehorsam von seiner Schulter. Er begann sie zu streicheln, ihren Kopf, dann ihre Flügel. Er hielt sie in Augenhöhe, und ohne sein sanftes Streicheln zu unterbrechen, strahlte er das Bild aus, das er gesehen hatte – die rötlichgrauen Wolken mit dem weißen Saum, die sich wie eine Faust über der Nerat-Halbinsel schlossen.
Dann übermittelte er den Gedanken, daß Grall den
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