Pern 07 - Moreta, die Drache
einzuschränken.«
Capiam versetzte Kadith einen dankbaren Klaps auf die Schulter. Der Bronzedrache sah den Meisterheiler aufmerksam an, lief dann ein paar Schritte vorwärts und erhob sich senk-recht in die Lüfte.
Capiam schaute dem Drachen und seinem Reiter nach, bis sie die Bergkette jenseits der Burg erreicht hatten und im Dazwischen verschwanden. Dann ging er mit müden Schritten die kleine Anhöhe zum Haupteingang hinauf. Er sehnte sich nach seinem Bett. Aber zunächst mußte er die für Ruatha bestimmte Trommelbotschaft entwerfen.
Die Nachtluft enthielt eine Spur von Feuchtigkeit, die sich später zu Morgennebel verdichten würde. Im Hof war alles finster; lediglich am Eingang zur Harfnerhalle brannte ein Leuchtkorb. Capiam staunte, welche Fortschritte der Anbau zur Harfnerhalle in den zwei Tagen seiner Abwesenheit gemacht hatte. Dann kam der Wachwher angehetzt, beschnüffelte ihn und begrüßte ihn mit gurgelnden Lauten. Capiam tätschelte liebevoll Burrs häßlichen Kopf.
Wachwhere waren sehr nützliche Geschöpfe, aber die meisten Menschen fühlten sich von ihrem Aussehen abgestoßen, wohl weil es in einem so krassen Gegensatz zur Eleganz und Schönheit der Drachen stand. Der Legende nach hatte man einst Wachwhere als letzte Verteidigungskette gegen die Fäden eingesetzt - in welcher Weise, konnte sich Capiam allerdings nicht denken, denn die Tiere waren Nachtgeschöpfe, die kein Sonnenlicht ertrugen.
Auch das Innere der Harfnerhalle war nur schwach erhellt.
Capiam schloß die Tür und beschleunigte seine Schritte.
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Er wandte sich nach links, in den Korridor, der zu den Archiven führte.
Ein lautes, mißtönendes Rasseln empfing ihn, und er warf einen Blick in das Bibliotheksgewölbe. Zwei Lehrlinge, einer gegen die Wand gelehnt, der andere halb über einem Stapel von Pergamenten zusammengesunken, schnarchten um die
Wette. Sein anfänglicher Ärger wich einem gutmütigen
Lächeln. Der Morgen zog bald herauf, und Meister Fortine würde die beiden schon mit dem nötigen Nachdruck an die Arbeit zurückholen. Plötzlich fühlte sich Capiam zu erschöpft, um die Fragen zu beantworten, mit denen sie ihn sicherlich überfielen, wenn er sie weckte.
Leise holte er sich ein Stück sorgfältig geschabter Haut und setzte eine knappe Botschaft auf, die später mit der großen Trommel an die Weyr und Hauptburgen ausgesandt und von dort an die kleineren Höfe und Handwerksbetriebe weitergelei-tet werden sollte. Er le gte die Botschaft so auf Fortines Schreibpult, daß der Meister sie auf keinen Fall übersehen konnte. Wenn alles klappte, würde die Nachricht von der Epidemie im Lauf des Vormittags sämtliche Bewohner von Pern erreichen.
Verfolgt vom Schnarchen der Lehrlinge, schleppte sich Capiam zu seinen Räumen. Er bekam vielleicht noch ein paar Stunden Schlaf, ehe die Trommeln zu lärmen begannen. Wenn sich der Rote Stern wieder von Pern entfernte, wollte er endlich damit beginnen, eine eigene Heiler-Halle zu errichten. Der Krach in der Harfnerhalle war oft nicht zu ertragen.
Er erreichte sein Zimmer und öffnete die Tür. Gedämpftes Licht brannte, auf einem Tisch standen eine Schale mit frischem Obst und ein kleiner Krug Wein, und die Bettdecke war einladend zurückgeschlage n. Desdra! Wie aufmerksam von ihr!
Capiam warf seine Sachen in eine Ecke, setzte sich auf die Bettkante und zerrte mit letzter Kraft die Stiefel von den 89
Füßen. Nachdem er den Gürtel abgenommen hatte, fühlte er sich einfach zu müde, um noch aus den Kleidern zu schlüpfen.
Er rollte sich auf die Matratze und zog die Felldecke über die Schultern.
Dann stöhnte er. Durch die Trommelbotschaft im Archiv würde Fortine zwar wissen, daß er zurückgekehrt war, aber nicht, zu welcher Uhrzeit. Wenn der Mann ihn nun in aller Frühe aufsuchte? Capiam brauchte seinen Schlaf, sonst fiel er selbst dieser Epidemie zum Opfer, ehe er wußte, wie man sie bekämpfte.
Er stolperte vom Bett zu seinem Schreibtisch. NICHT STÖ-
REN! schrieb er in Großbuchstaben auf ein Blatt und legte es vor die Tür.
Dann endlich fand er den ersehnten Schlaf.
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KAPITEL V
Fort-Weyr, 11.03.43
Moreta war sicher, daß sie höchstens ein paar Minuten geschlafen hatte, als Orlith sie weckte.
Zwei Stunden, wenn du es genau wissen willst - aber Kadith ist außer sich!
»Warum?« Moreta fiel es entsetzlich schwer, den Kopf aus den Kissen zu heben. Auch ihre Beine fühlten sich steif und schwer an. Sie wußte nicht, ob das vom Tanzen
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