Perry Rhodan 2714: Das Ultimatum der Onryonen (Heftroman): Perry Rhodan-Zyklus "Das Atopische Tribunal" (Perry Rhodan-Erstauflage)
Alina Rudya [3]. »Ich war ein Jahr alt, als sich der Unfall ereignete«, sagt sie. »Mein Vater hat als Ingenieur in Tschernobyl gearbeitet, sogar in jener Nacht, als der Reaktorblock 4 explodierte. Er war in einem anderen Bereich beschäftigt, aber er wusste, dass etwas Schlimmes passiert war. Er durfte seinen Posten nicht verlassen. Und als er seine Kollegen am Morgen sah, waren viele schon ganz rot im Gesicht und mussten sich übergeben. Einen Tag später haben wir die Stadt verlassen.« Wie seine Familie haben rund 50.000 Menschen damals ihre Heimat verloren.
Nun macht Alina Rudya Fotos von sich in der verlassenen Region. »Ich bin ein Geist in einer Geisterstadt. Aber ich lebe weiter«, sagt sie. Und beschreibt, was sie sah: »Die Häuser werden immer brüchiger, drohen einzustürzen. Es ist jetzt schon relativ gefährlich, sie zu betreten. Irgendwann wird alles einfallen, und die letzten Lebensspuren der Stadt werden verschwinden.« Allerdings nur die Lebensspuren der Menschen. Denn: »Die Natur ergreift immer mehr Besitz von der Stadt. Bäume brechen durch Häuserböden, wachsen durch Fenster, Gestrüpp wuchert die Wege zu, Moos asphaltiert Treppen und Häusereingänge. Alles ist wunderschön und friedlich. Ich habe mich gefühlt, als sei ich in einem verlorenen Paradies.«
Wie weiträumig die Folgen eines Super-GAUs sind, zeigt übrigens ein fast kurios anmutendes Detail nach der Tschernobyl-Katastrophe, von dem Weisman berichtet: »Teeplantagen in der Türkei waren so gleichmäßig verstrahlt, dass man in der Ukraine die Dosimeter mit türkischen Teebeuteln eichte.«
Jeder Mensch ist ein »soziales Netzwerk«
Die unmittelbarsten Leidtragenden der menschlichen Extinktion wären natürlich unsere Mitbewohner. Was als Mensch erscheint, ist zugleich ein Wirt unzähliger Kleinstlebewesen. Jeder einzelne Mensch ist keine »physiologische Insel«, sondern eher ein mikrobiologisches »soziales Netzwerk«, ein Ökosystem im Kleinen.
Dieses Mikrobiom [4], so die Bezeichnung für die Gesamtheit dieser kommensaler Bakterien, wird bereits ab der Geburt und mit den ersten Bezugspersonen aufgenommen und bleibt nie gleich. Es wirkt teils symbiotisch, teils indirekt nützlich, weil es bei der Verdauung und Appetit-Regulation mitwirkt, Parameter wie den Säuregehalt im Magen beeinflusst und mit dem Immunsystem interagiert. So könnte die Zunahme von Fettleibigkeit und Autoimmunerkrankungen (wie Morbus Crohn, Diabetes mellitus I, multiple Sklerose) in der westlichen Welt mit einer Abnahme des Mikrobioms durch saubereres Wasser, Antibiotika und eine bessere medizinische Versorgung zusammenhängen. Der Biologe Sarkis K. Mazmanian vom California Institute of Technology meint sogar: »Uns war die menschliche Überheblichkeit im Weg. Wir waren überzeugt, der Mensch verfüge selbst über alle Voraussetzungen für die Gesunderhaltung seines Körpers.«
Tatsächlich dürften auf jede der vielleicht 100 Billionen Zellen pro Mensch mehr als dreimal – vielleicht zehnmal – so viele andere Organismen kommen. Hunderte verschiedener Bakterienarten leben nämlich in und auf uns. So identifizierte eine europäische Forschergruppe allein 3,3 Millionen verschiedene Gene von über 1000 Spezies im menschlichen Verdauungstrakt – 150 Mal so viele Erbfaktoren wie im menschlichen Genom (weniger als 25.000). Die meisten Einzeller hausen im Dickdarm (wo sie in der Regel die Verdauung unterstützen, nicht sabotieren). Auch Magen, Urogenitaltrakt, Nasenlöcher, Zähne, Mund- und Rachenhöhle sind besiedelt. Und Hunderte von Staphylokokken gedeihen beispielsweise auf jedem Quadratzentimeter unserer Haut. Die Analyse des Mikrobioms, wie die Gesamtheit dieser Mikroorganismen genannt wird, hat erst begonnen, und sie verspricht viele interessante Einsichten in die »andere Seite« des Menschen.
Es gibt jedoch nicht nur Einzeller, die auf unsere Existenz angewiesen sind, sondern auch vielzellige Organismen. So leben Hunderte von Haarbalgmilben in unseren Augenwimpern, wo sie sich von abgestoßenen Hautzellen ernähren. Hinzu kommen Läuse in den Haaren. Die Kleiderläuse sind so speziell an uns angepasst, dass sie nicht nur von uns, sondern auch von unserer Kleidung abhängig sind – »eine Eigenschaft, die sie mit keiner anderen Art teilen, abgesehen vielleicht von den Modedesignern«, wie Weisman kommentiert.
Leben – menschlich ungestört
Von unseren somatischen Bewohnern abgesehen, würde die Erde aber ganz
Weitere Kostenlose Bücher