Perry Rhodan 2716: Das Polyport-Desaster (Heftroman): Perry Rhodan-Zyklus "Das Atopische Tribunal"
der Verlassenheit. Die Angst.
Als hätte sie seinen Blick gespürt, drehte Holly Allgood sich um. Sie lächelte tapfer. Ihr Gesicht war klein, hell wie ein Aquarell oder ein Porträt auf einem Porzellanteller, gerahmt von glatten kastanienroten Haaren.
Er nickte ihr zu und verließ die Zentrale. Sein Quartier befand sich nur wenige Schritte entfernt, ein Stückchen weiter den Gang hinunter. Die Kabine war weder groß noch überbordend luxuriös eingerichtet. Die Tür glitt mit einem Zischen auf.
»Nicht ganz so grell!«, befahl er, und das Licht wurde sanft wie eine Katzenpfote, die die Krallen eingezogen hatte.
An der Kabinenwand hing ein Holorahmen. Das Bild hatte sich schon aufgebaut, als die Tür sich noch schloss. Er betrachtete es. Die einfachen Häuser leuchteten weiß getüncht im silbrig grauen Licht, die Tür- und Fensterrahmen und die Läden waren bunte Tupfer: hellblau, zinnoberrot, seegrün und ocker. Die Schieferdächer grün vom Moos oder fahlgelb und fleckig. Einige der Gebäude ruhten auf uralten Schiffsmasten. Reusen lagen aufgehäuft am Rand der Gassen: die Fahne mit dem pochenden Herzen von Walls Eiskrem wehte.
Die Häuserzeilen wanden sich die Klippen hoch; winzige Gärten, steinerne, bemooste Stufen. Der Hafen öffnete sich zum Meer.
Die Kähne im Hafen hoben und senkten sich sacht; die Möwen wischten wie verirrte weiße Bumerangs durchs Bild. Für einen Moment meinte Tyrone Kilmacthomas die Brise zu spüren, den Atemzug des Atlantiks. Das Meer war von einem jenseitigen Azur. Der Himmel unbegrenzt und wolkenlos.
Kilmacthomas räusperte sich zweimal, als hätte er dem Holo etwas zu sagen, was er ihm für dieses Mal jedoch verschwieg.
Er öffnete einen Schrank und gönnte sich das, was er seine kleine Zeremonie nannte.
Er hielt die Flasche Tawny Port ans Licht und wendete sie behutsam. Der Korken war durch die lange Lagerung brüchig geworden und spröde. Mit einem normalen Korkenzieher ließ sich in einem solchen Fall nichts Gutes ausrichten.
Er befeuchtete ein Tuch unter dem Wasserkran der Kochnische, kramte eine Kerze hervor, stellte sich auf und zündete sie an. Dann nahm er die Zange und erhitzte sie an der Flamme. Als es gut war, presste er die Zange für etwa eine halbe Minute um den Hals der Flasche. Er zählte die Sekunden ab. Dann löste er den Griff, legte die Zange ab, nahm das bereitliegende feuchte Tuch und wickelte es um die erhitzte Stelle.
Durch den Thermoschock brach das Glas sauber ab.
Kilmacthomas füllte ein Portweinglas. Das Gefäß ähnelte einer gläsernen Tulpe. Er hielt sich die Tulpe unter die Nüstern und sog das Aroma des Weins ein. Der Duft zauberte etwas wie einen Bannkreis um ihn, den die Weißen nicht passieren konnten.
Der Duft erinnerte ihn an das letzte Glas Port, das er in seinem Haus in Maidenhead getrunken hatte, am Abend vor dem Start. Es erinnerte ihn an die Reise mit der Eisenbahn zum Heathrow Space Port, die Fahrt vom Festland über den viele Kilometer langen Starward-Damm zu den Start- und Landefeldern des Raumhafens, den man in die Nordsee gebaut hatte. Das Wasser zu beiden Seiten des Damms war grau gewesen wie flüssige Asche.
Er dachte an das altersschwache, gut bewachte Topsiderschiff auf Landefeld 8, dessen Kapitän von dem militärischen Aufwand geschmeichelt sein musste, den die Londoner Behörden trieben; an die grellbunt in Purpur, Magenta und Gelb lackierte Walze des Springers; an die alles überragende Terkonitstahlkugel der WIZARD OF OZ, die auf ihrem Startfeld stand wie ein Riesenglobus auf filigranen Stelzen.
Die meisten Kolonistenfamilien waren seit über einer Woche an Bord gewesen, aber immer noch bestiegen Passagiere das Schiff, wurden Container voller persönlicher Güter eingeladen. Es gab immer solche, die sich bis zum letzten Moment nicht entscheiden konnten – oder sich vormachten, sie hätten sich nicht entschieden. Siedler, deren Leben einige Stunden vor dem Start noch in der Schwebe hing.
Die WIZARD OF OZ war ein Schiff der nordamerikanischen Raumfluglinie Kansas & Beyond; ihre Schiffe trugen Namen wie EMERALD CITY, PRINCESS OZMA oder eben WIZARD OF OZ – zu verspielt, wie Tyrone Kilmacthomas immer gefunden hatte. Kindlich und märchenhaft. Aber so waren die Leute in den alten Kolonien – selbst schuld, wenn man die ehrwürdige Krone des Mutterlands gegen das Regime von Disney & Co tauschte.
Immerhin roch es an Bord der WIZARD OF OZ alles andere als märchenhaft. Es war der unnachahmliche Verschnitt von
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