Perry Rhodan Neo 004 - Ellerts Visionen
die dem Menschen von der Schöpfung auferlegt waren.
»Woher wer wohl kommt?«, fragte Walt zurück.
»Die Fremden. Die Rhodan vom Mond mitgebracht hat«, sagte Ellert. »Und die jetzt mit ihm in der Gobi sitzen.«
»Sie kommen aus Hollywood«, sagte KaHe. »Ein bisschen E. T., ein bisschen Thor, ein bisschen Star Diver. Der übliche utopische Cocktail. Am Ende steigt der große Präsident des großen amerikanischen Volkes höchstpersönlich in eine alte F-22, fliegt zur Gobi, rettet den Chinesen den Arsch und wird zum Kaiser von China ernannt. Aus lauter Dankbarkeit erlassen die Chinesen daraufhin den USA alle Schulden. Jubel, Trubel, Konfettiparade. Denn wie schon Lenin sagte: Vertrauen ist gut, Konfetti ist besser.« Wie immer trug er seine Überlegungen im Brustton der Überzeugung vor.
Walt verdrehte leicht die Augen und sagte: »Natürlich. Alles wird gut. Dann muss nur noch aufgepasst werden, dass die Aliens ungesehen zurückmarschieren in die Requisitenkammern von Hollywood oder Bollywood.«
»Jedenfalls kommen sie nicht von der Kassiopeia«, sagte KaHe.
»Ganz sicher?«, fragte Walt.
KaHe nickte. »Ganz sicher. Wir werden es bald wissen. Wahrscheinlich verhandeln sie nur noch, welchem Sender sie zuerst ein Interview geben: den Chinesen oder den Indern.«
»Oder CNN«, ergänzte Walt. »Oder Al Jazeera.«
»Oder dem ZDF«, sagte Ellert.
Alle lachten.
»Warten wir es ab«, schlug Walt vor und nippte wieder an seinem schweren Glas.
»Ich würde es gerne etwas früher wissen«, sagte Ellert.
KaHe wies auf Ellerts Pod. »Ruf Rhodan an. Mach einen Termin aus.«
»Nein«, sagte Ellert. »Ich werde etwas ganz anderes machen.«
»Maud anrufen und um ihre Rückkehr flehen«, schlug Walt vor. »Auf dem Weg hierhin soll sie die Han auflesen. Und für dich« – er musterte KaHe nachdenklich – »hm, vielleicht einen Cheeseburger?«
»Danke!«, lehnte KaHe mit geradezu königlicher Grandezza ab. »Ich speise nicht mit dem Pöbel. – Was, hast du gesagt, willst du ganz anderes machen?«, fragte er Ellert.
Ellert sagte: »Ich werde mal in der Zukunft nachsehen.«
Was ihn am meisten verblüffte, war, dass weder KaHe noch Walt lachten, grinsten oder ihre Witze rissen. Beide sahen ihn nachdenklich an. Walt stellte sein Glas auf dem Boden der Dachterrasse ab. »Erklär uns das«, bat er. »Hat das was mit deinen Ahnungen zu tun? Deinen komischen Träumen?«
Ellert hatte sich seit Jahren vorgestellt, wie es wäre, andere ganz in seine weißen Träume einzuweihen, es nicht nur – wie Walt gegenüber – bei Andeutungen zu belassen.
Mit fünf oder sechs Jahren hatte er seine Mutter einmal gefragt, warum manche der weißen Träume wahr würden, die bunten nie. Er war damals natürlich davon ausgegangen, dass jeder Mensch diesen Unterschied erlebte. Das zunächst blanke, bald besorgte Unverständnis seiner Mutter hatte dazu geführt, dass er sich als eigenartig empfand und lange Zeit niemanden mehr ins Vertrauen gezogen hatte.
Bei Inken hatte er es versucht. Ob sie, wenn er ihr vorab von seinen anderen weißen Träumen erzählt hätte, ihm geglaubt hätte? Nein. Sie hatte ihm nicht glauben wollen. Weiße Träume kamen im Universum der Maschinenbauer nicht vor.
Erst nach Inkens Unfalltod hatte er erfahren, dass nicht alle seine weißen Träume in Erfüllung gingen. Hin und wieder war es ihm gelungen, die Zukunft, die er in seinen Träumen hatte kommen sehen, zu ändern.
Und Maud? Hätte er ihr von dem Traum erzählen sollen, in dem sie beide in ein namenloses Meer versanken, kraftlos und kalt, eine abgründig-weiße Tiefe unter sich? Was für ein Irrsinn, hätte sie gesagt. Das wäre der Grund, warum er sich all ihren Annäherungsversuchen entzog? Ein weißer Traum?
Ja , hätte er zugeben müssen. Unsere Zukunft wäre der Tod. Ich verhindere diese Zukunft. Du lebst, wenn wir getrennt bleiben. So lautet die Bedingung.
Er hasste diese Träume. Je mehr er sie hasste, desto häufiger musste er sie träumen. Er wünschte seit Jahren die bunten Träume zurück, Träume, wie sie jedermann haben mochte, der in seinem Alter war. Träume von Haut und Haar und weiblicher Nähe; davon, auf einer Brücke zu stehen und plötzlich fliegen zu können; davon, dass kein Weißbier mehr im Haus war und er sich auf den Weg in den nächsten Getränkeshop machte, der sich dann als ausweglos labyrinthisch erwies, voller Mörder und Messerstecher – solche Träume, die man sich am Morgen aus den Augen wusch.
Stattdessen
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