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Macabros 087: Myriadus, der Tausendfaltige

Macabros 087: Myriadus, der Tausendfaltige

Titel: Macabros 087: Myriadus, der Tausendfaltige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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Alain Moreau warf einen Blick auf seine Armbanduhr. 22.04 Uhr. Er
hatte noch genau eine Stunde und neun Minuten zu leben, doch davon
ahnte er nichts. Mit keinem Gedanken dachte er an den Tod. Wenn man
erst fünfunddreißig war, hatte das noch Zeit…
    Der Mann mit dem braunen Haar und den dunklen, ständig in
Bewegung befindlichen Augen warf die halb angerauchte Zigarette ins
Wasser, wo die Glut zischend verlöschte. Sein Blick schweifte
über das nächtliche Meer zu den kahl und schwarz aus dem
Wasser ragenden Felsen, bis zu denen es etwa eine Stunde zu rudern
war.
    Der drahtige Mann mit dem braunen T-Shirt, über das er eine
dunkelgemusterte Jacke trug, stutzte plötzlich und wandte den
Kopf. In der steinigen Bucht, wo er wartete, ließen sich
Geräusche nur schwer vermeiden. Bei jedem Schritt gerieten die
Steine in Bewegung.
    »Hört sich an, als würde sich ein Raupenschlepper
nähern«, murmelte Moreau vor sich hin.
    In der Dunkelheit zwischen den zerklüfteten Felsen tauchte
plötzlich eine schattengleiche Gestalt auf. Die Glut einer
Zigarette war deutlich zu sehen.
    »Wenn du dir schon so eine schöne Gegend aussuchst,
mußt du auch damit rechnen, daß es Krach gibt. Vorn der
Strand wäre mir lieber gewesen und hätte die ganze
Kletterei erspart«, entgegnete der Ankömmling. Er war etwa
so alt wie Moreau, einen Kopf kleiner und kräftiger. Wie Alain
Moreau, trug auch Bertrand Dupont eine dunkle Schildmütze.
    Moreau lachte leise. Erst jetzt, als er sich dem späten
Besucher zuwandte, war deutlich zu sehen, daß er an einem
schmalen Lederriemen ein großes Fernglas um den Hals
hängen hatte.
    »Am Strand weiter vorn wären wir das Risiko eingegangen,
von spazierengehenden Touristen beobachtet zu werden. Und das
möchte ich vermeiden, wie du weißt«, kam es über
Moreaus Lippen.
    Dupont grinste. »Mir kommt es eher vor, als hättest du
Befürchtungen, sie würden dir deine mysteriöse
Blondine abspenstig machen…«
    »Vielleicht auch das«, antwortete Moreau mit todernster
Miene. »Zumindest möchte ich nicht, daß ein
Außenstehender etwas merkt. Die Bucht liegt genau richtig. Es
führt kein direkter Weg hierher, das nächste Hotel ist weit
weg, fast einen Kilometer, und wir begegnen garantiert keinen
Strandläufern. Was wollen wir mehr? Alles ist perfekt bis auf
deine Unpünktlichkeit. Ich habe dich früher erwartet,
Bertrand…«
    »Tut mir leid, Alain. Ich hab’s nicht früher
geschafft.«
    »Wollte das Zimmermädchen noch etwas von dir?
Wenn’s die mit den roten Haaren war, verstehe ich’s noch.
Du hast eine Schwäche für solche Frauen.«
    »Sie war’s. Sie hat heute abend frei. Wäre bestimmt
eine tolle Nacht geworden.«
    »Verschiebe sie auf morgen… ich glaube, daß das,
was ich dir zu zeigen habe, das Opfer rechtfertigt. Ich bin nicht
verrückt ich habe sie gesehen. Auch wenn ich sie nachher nicht
mehr angetroffen habe…«
    Alain Moreau stiefelte zu dem auf den Wellen schaukelnden
Ruderboot. Es wäre keine Schwierigkeit gewesen, in Algeciras ein
Motorboot zu leihen. Aber es hätte Aufsehen erregt. Und das
wollte Moreau unter allen Umständen verhindern.
    »Wärst du heute mittag dabei gewesen, brauchte ich jetzt
diese Fahrt in der Nacht nicht zu unternehmen, nur um dir zu
beweisen, daß hier tatsächlich etwas existiert, das
einfach nicht wirklich sein kann – und doch wirklich ist!
Blöd hört sich das an, nicht wahr?«
    »Kann man wohl sagen…«
    Die beiden Freunde, die im Süden Spaniens Urlaub machten,
stiegen in das Boot und legten sich in die Riemen.
    Sie knarrten wie rostige Scharniere einer alten Tür.
    Moreau und Dupont saßen sich gegenüber. Kräftig
rudernd entfernten sie sich rasch vom Ufer.
    »Es ist so, wie ich dir sagte, Bertrand«, begann Morau
unvermittelt wieder zu sprechen. »Sie stand auf einem ins Meer
ragenden Felsplateau, war splitternackt und lächelte mir zu.
Blond, braungebrannt, eine Erscheinung wie aus einem
Traum…«
    »Vielleicht war’s einer… du hast selbst gesagt,
daß du im Boot eingeschlafen warst.«
    »Aber als ich sie sah, war ich eben wach. Daran gibt’s
nichts zu rütteln. Als ich um den Vorsprung herumruderte und das
Boot vertäute, sah ich sie hinter einen Felsen verschwinden. Ich
folgte ihr und packte sie am Arm. Aber nicht fest genug… sie
konnte sich losreißen…«
    »… und dann ist sie in einen Höhleneingang
gekrochen, in dem du sie nicht mehr gefunden hast…«, setzte
Dupont die Geschichte seines Freundes mechanisch fort. »Ich
weiß,

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