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Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)

Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)

Titel: Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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Es steht dir frei, Projekt Brain Drain jederzeit zu verlassen. Ich werde dafür sorgen, dass du materiell für den Rest deiner Tage abgesichert bist.«
    Das Projekt verlassen. Es hätte bedeutet, die Kinder Ivanhoe auszuliefern. Julie zu verlieren. Seinen Lebenssinn zu verlieren.
    »Soll ich?«, fragte Ivanhoe. Er nahm das Tablet, das Display leuchtete auf. »Eine einzige Mail genügt.«
    »Ich ... ich ...«
    Er sollte es. Er musste es, wollte er nicht den Respekt vor sich selbst verlieren.
    Clifford Monterny konnte es nicht.

13.
    11. Juli 2036
     
    Krüppel.
    Sue mutete es wie das erste Wort an, das sie gelernt hatte. Auf jeden Fall war es ein Wort, das sie öfter gehört hatte als ihren Namen.
    Krüppel.
    Von Geburt an. Ein gesundes Baby, dem unerklärlicherweise eine Hand fehlte. Ein Baby, dem mit der fehlenden Hand die Liebe abhandengekommen war, die einem Kind eigentlich zustand, die Eltern.
    Und es war nicht der einzige Mangel ihres Körpers, wie sich herausstellen sollte. Sue war fünfzehn, eigentlich mitten in der Pubertät. Aber ihr Körper, so schien es, nahm davon keine Notiz. Er hatte irgendwann zwischen ihrem zehnten und elften Lebensjahr das Wachstum eingestellt.
    Es war zum Verzweifeln. Und zugleich ein Ansporn, der Sue niemals ruhen ließ.
    Sie hatte nur eine Hand – also musste sie geschickter sein, wollte sie mithalten.
    Sie wollte mithalten. Mehr als alles andere. Einfach nur sein wie jeder andere. Und zuweilen besser.
    Sue steckte im Körper eines Kinds fest, sie war schwach und zerbrechlich – also musste sie vorsichtiger, geschickter und flinker sein.
    Sue war kein Teleporter wie Sid, der sich davonmachen konnte, wie es ihm beliebte. Keine Telekinetin wie Anne, die sich vom Leib halten konnte, was ihr nicht behagte. Kein Telepath wie John, der spürte, wenn andere logen und nie darum verlegen war, das richtige Wort, die passende Geste zu finden – also musste sie mit dem klarkommen, was sie hatte: ihren Kopf.
    Ihrem kleinen, außergewöhnlich klugen Kopf.
    Ein Teleporter zu sein war praktisch, aber es machte faul. Es verleitete dazu, jedes Problem darauf zu reduzieren, wie man es mit seiner Psi-Gabe lösen konnte. Oder vor Problemen einfach davonzuspringen.
    Statt sich dem Leben zu stellen. Den Kopf einzusetzen, tief durchzuatmen und sich zu trauen.
    Sue rannte hinaus in die Nacht, hinaus in die Wüste, weg von ihren streitenden Kameraden, weg von der glänzenden Kuppel, der ihr ganzes Sehnen galt.
    Sie musste Abstand gewinnen, einen Weg einschlagen, der nicht nachvollziehbar war. Früher oder später würden John und die Übrigen nach ihr suchen.
    Das Mädchen rannte mit leichtem Schritt. Sue war ein Federgewicht, ausdauernd. Die Wasserflasche, die sie an sich genommen hatte, baumelte vom Gürtel, schlug gegen ihre Hüfte. Sue drückte den Armstumpf gegen die Flasche. Ihre gesunde Hand wanderte immer wieder an den Bauch, um den Plastikbeutel zu ertasten, den sie aus Johns Rucksack gestohlen und sich in den Hosenbund geklemmt hatte. Sie durfte ihn nicht verlieren.
    Ohne ihn war sie verloren, war alles verloren.
    Zu ihrer Linken zog sich ein Wurm aus Lichtern. Die Verbindungsstraße nach Hohhot. Auch jetzt, kurz bevor die Dämmerung anbrach, herrschte reger Verkehr. Laster und Geländewagen quälten sich über die geschundene Piste, ließen den Landeplatz der STARDUST, der sich bald in eine atomare Hölle verwandeln würde, hinter sich.
    Nur wenige Lichter fuhren in die Gegenrichtung. Aber das machte nichts aus. Sue genügte ein einziger Laster.
    Sie blieb stehen, zog den Umschlag aus dem Bund, öffnete ihn geschickt, indem sie ihn an den Mund hob, und ging durch das Bündel der Scheine. Sie nahm die Hälfte, klemmte den Umschlag wieder unter den Bund und rollte das verbliebene Bündel Geld so in der Hand zusammen, dass es nicht zu erkennen war.
    Dann wartete Sue auf ihre Chance, eine Unterbrechung im Lichterwurm. Nach einigen Minuten kam sie. Die Piste lag im Dunkel, nur ein einziges Scheinwerferpaar arbeitete sich dem Ring der Belagerer entgegen.
    Sue sprintete los, baute sich mitten in der Fahrbahn auf, reckte beide Arme hoch und brüllte »Stopp!«.
    Die Scheinwerfer waren so grell, dass sie die Lider zusammenkneifen musste. Das Licht kam näher und näher, schien keine Anstalten zu machen, langsamer zu werden.
    Sues Puls hämmerte. Sie wollte wegrennen, nur weg, und sich verkriechen, aber das galt nicht. Sie hatte nur ihre Traute. Verließ sie der Mut, verlor sie sich selbst.
    Im letzten

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