Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)
zusammen wie ein Tier und war auf der Stelle eingeschlafen. Es dauerte lange, bis ich ihm in den Schlaf folgte, während ich seine Narbe beobachtete, die sich im Halbdunkel hob und senkte.
24. Kapitel
Am nächsten Tag herrschte einiger Schrecken und Verwirrung über Eatons Anwesenheit, ganz zu schweigen von Jane, die Sarah verstimmte, indem sie als Erste aufstand und Feuer machte. Eaton erklärte, es sei alles ein großes Missverständnis gewesen und dass wir eine Einigung erzielt hätten. Es wurde nie genauer erläutert, worin diese Einigung bestand, doch Mr Black war außer sich vor Freude und drückte Eaton die Hand.
Ich hielt mein Wort gegenüber Lord Stonehouse und zog die feinen Kleider aus, mit einer seltsamen Mischung aus Erleichterung und Bedauern. Mir entging nicht, dass ich in Eatons Augen mit dem Ablegen der Kleider auch einen Teil der Fassade eines Stonehouse abgelegt hatte. In Eatons Lächeln schwang ein Hauch Sarkasmus mit, als er mich in meinem Lederwams und den Kniehosen sah. Es war, als sei ich zum gemeinen Soldaten degradiert worden. Er hatte einen derben, wenn auch sich wiederholenden Sinn für Humor, den ich niemals bei ihm erwartet hätte, und so rief er mir immer wieder zu: »Bereit machen … präsentiert … Feuer!«
Er sattelte mein Pferd auf einer Seite des Apfelbaums, während Anne auf die andere Seite kam, um sich zu verabschieden. Das Wetter war umgeschlagen, und die ersten Blätter begannen zu fallen. Sie trat in einen kleinen Haufen von ihnen und wollte wissen, warum ich meine Kleider gewechselt habe.
»Weil ich in der Armee bin.«
»Und warum bist du dann nicht bei Will? Und dem Rest der Einheit?«
Ich hatte das Gefühl, es hatte sich zu viel ereignet, um ihr alles in der kurzen Zeit zu erzählen. Nun, das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Aus irgendeinem Grund war mir unwohl bei dem Gedanken, ihr von dem sonderbaren Treffen mit Lord Stonehouse zu erzählen. Hier im Half Moon Court wehte ein anderer Wind. Ich hatte mich im Eimer auf dem Hof gewaschen, wie ich es immer getan hatte. Hatte mich in der Druckerei umgezogen, wo der Geruch der Tinte mir wie der frischeste Duft erschien. Und wichtiger als alles andere war Annes Ausdruck reiner Freude, als sie mich sah.
»Warum gehst du mit ihm fort?«, flüsterte sie mit einem Seitenblick auf Eaton. »Wollt ihr nach dem Anhänger suchen?«
Ich lachte. Im Sommer hatte ich ihr alles erzählt, was ich von Turville erfahren hatte. Doch damals hatte ich es als Phantasiegespinst abgetan, als ein Märchen, das Eaton und Turville sich ausgedacht hatten, was zum Teil ja der Wahrheit entsprach. Der Anhänger und die Stonehouses selbst wirkten wie einer Geschichte aus einem Flugblatt entsprungen. Jetzt, wo die »Geschichte« Wirklichkeit geworden war, empfand ich ein merkwürdiges Unbehagen, Anne davon zu erzählen. Und ich spürte Eatons spöttischen Blick auf mir, während er beim Pferd den Gurt anzog. Ich wusste, was er dachte – was für ein großartiger Witz es sei, dass ich ihretwegen die Aussicht auf eine bedeutende gesellschaftliche Stellung und einen der größten Landsitze Englands aufgeben wollte.
»Es ist ein militärischer Auftrag«, sagte ich. »Ich bin nicht befugt, dir etwas darüber zu sagen.«
»Du bist ein miserabler Lügner, Tom! Mylord!« Spöttisch deutete sie eine Verbeugung an. Der Duft der Damaszenerrose betäubte mich, als sie dicht zu mir trat und mir ins Ohr flüsterte: »Sag es mir. Sag mir die Wahrheit.«
Zweige knackten, als Eaton ein paar Äpfel vom Baum pflückte. Ich machte mich von ihr los. »Ich habe es dir gesagt!«
»Fass den Baum an!«, verlangte sie.
Es war ein Spiel, das wir in unserer kurzen gemeinsamen Kindheit zu spielen pflegten, ehe Eaton Mr Black angewiesen hatte, uns voneinander zu trennen. Indem man den Baum berührte, schwor man feierlich, die Wahrheit zu sagen. Gereizt schickte ich mich an, den Fuß in den Steigbügel zu stellen.
Sie stieß einen Schrei aus. »Verlass mich nicht auf diese Weise, Tom«, rief sie und packte mich am Arm. Ich stolperte zurück, warf sie beinahe um, und wir lagen einander in den Armen. »Ich werde dich immer lieben, was auch geschehen wird«, sagte sie.
Ich küsste sie. »Ich werde dich immer lieben, was auch geschehen wird«, wiederholte ich.
Ich berührte den Baum, und sie legte ihre Hand auf meine. Als Eaton mein Pferd festhielt, damit ich aufsteigen konnte, pfiff er leise.
Nächtlicher Regen hatte etwas von dem Gestank fortgewaschen, und immer
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