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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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mich zur Seite und erklärte mir, dass ich den Jungen ruinieren würde.
    »So sehe ich die Welt jetzt, Sir«, sagte ich.
    »Nun, es ist eine äußerst eigenartige Weise, sie zu sehen. Es hat mir nie gefallen, dich zu schlagen, Tom, aber es hat deinen Charakter geformt. Ist es nicht so?«
    Ich sagte nichts, und er ging davon, etwas über Jugend und Veränderungen murmelnd und dass die alten bewährten Werte durch den Krieg zerstört worden seien, und je eher das alles vorbei sei, desto besser.
    Es war ein schöner Märztag, und das Eis im Hof hatte sich in Schneematsch verwandelt, als Nehemiah aufgeregt aus Westminster zurückgerannt kam. Er entschuldigte sich dafür, dass er seine Mütze verloren hatte – früher hätte er nie gewagt, es mir zu erzählen –, doch er habe einen wichtigen Brief für mich. Lord Stonehouse’ Falke starrte mich vom Siegel an. Ich hatte mich damit abgefunden, dass ich nicht damit rechnen konnte, noch einmal von ihm zu hören, doch der Anblick des Siegels brachte all meine alten Hoffnungen und Erwartungen zurück. Meine Finger zitterten, als ich das Siegel erbrach. Ich starrte auf die kurzen abgehackten Sätze, und vor Enttäuschung wurde mir fast schlecht.
    Der Brief kam nicht von Lord Stonehouse, sondern von seinem Sekretär Mr Cole. Er teilte mir mit, dass in zwei Tagen das Parlament in Westminster zusammenträte und seine Lordschaft wünsche, dass ich dabei Notizen machte.
    »Es scheint mir eine Ehre zu sein«, sagte Anne sanftmütig.
    »Eine Ehre? Notizen zu machen wie ein Schreiber?«
    »Gewiss, es ist nicht das, worauf du gehofft hast.«
    »Nicht das, worauf ich gehofft habe? Es ist eine Beleidigung!«
    Ich knüllte den Brief zusammen und warf ihn ins Feuer. Er sprang wieder heraus, und Anne fischte ihn vom Kamingitter und strich ihn glatt. Sie las ihn langsam, aber nachdenklich, tonlos buchstabierte sie die schwierigen Wörter. »Seine Methode ist vielleicht ein wenig unglücklich.«
    »Ein wenig …?« Inzwischen besuchte sie Lucy mehrmals pro Woche und schnappte immer mehr Phrasen und Angewohnheiten auf. Ich fragte mich, ob sie noch mehr mitbekam. »Weißt du irgendetwas darüber?«
    »Nein. Warum sollte ich?« Sie schenkte mir einen Blick, der mir bekannt vorkam, verführerisch und gefügig, aber zugleich berechnend, ein Blick, der ihrem Vorschlag vorausging, ich solle das genaue Gegenteil von dem tun, was ich wollte. »Es sei denn … ich glaube, es könnte vielleicht um Edgehill gehen.«

    Edgehill war eine schwärende Wunde. Die Einheimischen behaupteten, an dem Ort gingen die Geister um. Am Neujahrstag hatte man zwischen drei und vier im kalten Nebel des Nachmittags eigentümliche Erscheinungen von Musketieren und Landsknechten auf den Wiesen von Kineton gesehen. Man hatte das Donnern von Kanonen gehört, die Schreie und das Stöhnen der Sterbenden. Reitertrupps jagten einander und verschwanden im Nebel. Am folgenden Tag wurden viele Menschen Zeuge einer vollständigen Schlacht, die um Mitternacht begann. Im Sonnenschein lösten sich die geisterhaften Erscheinungen auf, die sich über die Wiesen verteilten.
    So besagte es jedenfalls eine Flugschrift mit dem Titel Ein großes Himmlisches Wunder: wir berichten von den Jüngsten Erscheinungen und gar Erstaunlichen Tönen von Krieg und Schlachten, gesehen in Edgehill. Der König verbürgte sich für die Geschehnisse und schickte sechs Beobachter, welche die Erscheinungen bezeugten und einige von ihnen sogar identifizierten, darunter Sir Edmund Verney, der bei der Verteidigung der königlichen Standarte getötet worden war. Viele sahen in den Erscheinungen ein Zeichen für Gottes Unmut, weil so viel christliches Blut vergossen worden sei. Nehemiah ging zu einer riesigen Demonstration der Lehrjungen in Covent Garden, in der zum Frieden aufgerufen wurde, und in der Stadt kam es zu Tumulten, bei denen ein Ende des Krieges gefordert wurde. Die Wohlhabenden fanden die Steuerverordnungen des Parlaments jetzt viel schlimmer als das Schiffsgeld, das der König ihnen auferlegt hatte.
    Allmählich festigte der König seine Position. Er hielt den Norden, von Newcastle bis York, die Midlands bis hinunter nach Oxford sowie Cornwall und Devon. Bristol, immer noch in der Hand des Parlaments, war von Prinz Rupert eingekesselt worden. Im Ausland trieb die Königin mit Erfolg Gelder für Charles ein.
    Angesichts der wachsenden Bedrohung durch den König war das Parlament gespalten. Denzil Holles, eines der fünf Mitglieder, die der König

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