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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Busens. Sie nickte gerade, neigte ernsthaft und respektvoll das Kinn vor Lord Stonehouse und zeigte damit ihren langen, glatten Hals. Zur gleichen Zeit, umrahmt von wunderschönen kleinen Löckchen, strahlten ihre großen blauen Augen hell und blickten kokettierend zu Lord Stonehouse auf, in einer Art und Weise, wie ich es nie zuvor gesehen hatte. Sie erinnerte mich an jemanden, aber so sehr ich mich auch anstrengte, ich wusste nicht, an wen.

45. Kapitel
    In dieser Nacht kam sie nicht zurück. Von Eifersucht zerfressen, schlief ich nur wenig. Nachdem ich reglos und zu einem Eiszapfen erstarrt dort vor dem Fenster gestanden hatte, bis die ersten Kutschen kamen, erwachte ich am nächsten Morgen mit einer dicken Erkältung und Fieber. Mir fiel ein, an wen Anne mich erinnert hatte, als ich durch das Fenster zu ihr emporgeschaut hatte. Es war jemand, den ich niemals kennengelernt, sondern mir immer nur vorgestellt hatte: meine Mutter.
    Je mehr das Fieber stieg, desto mehr verschmolzen die beiden miteinander, bis ich das Gefühl hatte, nicht länger zu wissen, wer Anne war, genau wie ich die Gewissheit über mich selbst verloren hatte, sobald ich mein Porträt in Highpoint erblickt hatte. Der Anhänger an Annes Busen wurde zu dem Anhänger, den Matthew aus den nassen Büschen gesammelt hatte, und ich dachte, ich müsste gehen, doch in dieser mir entgleitenden, verblassenden Vision hielt ich ihre Hand, und wir gingen zusammen.

    »Eiscreme!«, kreischte Mrs Black.
    Ich hob den Kopf und hörte das Murmeln von Annes Stimme. Ich war schweißgebadet, und meine Nase war geschwollen wie eine Schweinsblase. Aus den schwachen Sonnenstrahlen, die durch die frischen Eisblumen am Fenster drangen, schloss ich, dass es bereits nach Mittag war. Jemand hatte zusätzliche Decken und Umhänge über mich gehäuft. Ich wuchtete sie zur Seite und fing augenblicklich an zu zittern. Mrs Black kreischte erneut.
    »Der Earl von wer ?«
    Ich sank zurück ins Bett und zog mir die Decke über den Kopf. Kurz darauf kam Anne herein und rief meinen Namen. Als ich mich nicht rührte, begann sie erneut, die Umhänge und Mäntel über mich zu häufen. Gereizt stieß ich sie beiseite und erklärte ihr mit belegter krächzender Stimme, dass mir zu heiß sei.
    »Armer Tom. Du klingst furchtbar.« Blinzelnd sah ich sie an. In meinen Träumen hatte sie stets so ausgesehen wie im Fenster am Bedford Square, so dass ich verwirrt war, sie jetzt im dicken alten Morgenmantel ihrer Mutter zu sehen. Sie trug ihn über dem Kleid, das ich zerrissen und das sie so geschickt repariert hatte, dass die Stiche kaum zu erkennen waren.
    »Hier.« Sie stellte einen Becher mit heißem Milchpunsch ab.
    »Danke.« Ich vergrub mein Gesicht im Kissen.
    »Willst du nicht hören, was passiert ist?«
    »Ich will nur schlafen«, murmelte ich, »Lady Black.«
    Sie berührte meinen Kopf. »Du bist eifersüchtig.«
    Ich fuhr hoch und schrie: »Ich bin nicht eifersüchtig! Ich will nur schla…« Ich bekam einen Hustenanfall. Sie stopfte mir ein Kissen in den Rücken, und ich trank etwas von der Milch. »Was hast du zu Lord Stonehouse gesagt?«
    »Woher weißt du, dass ich mit ihm gesprochen habe?«
    »Weil ich dich gesehen habe.«
    »Mich gesehen? Wie das?«
    Ich putzte mir die Nase. »Durchs Fenster. Ich dachte, du würdest dich fürchten, so weit weg von deiner …«
    »Tom, ach Tom!« Sie umarmte mich und hielt mich fest.
    Ich nieste. »Ich dachte … da oben … warst du so hoch über mir.«
    Sie ließ mich los. »Was meinst du, wie ich mich gefühlt habe, seit diese Geschichte begann? Darum hat Lucy … die Countess … mir Unterricht erteilt, nachdem ich das erste Mal bei ihr war.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich habe nicht mit Lord Stonehouse gesprochen. Er hat mit mir geredet. Das gefällt ihm, weil er nicht besonders gut hören kann. Hast du das nicht gemerkt?«
    Ich schüttelte den Kopf darüber, wie begriffsstutzig und ichbezogen ich gewesen war, dass es mir nicht aufgefallen war. Das erklärte, warum er so laut und barsch sprach und warum er so zurückhaltend auf manche der Dinge reagiert hatte, die ich sagte. Lucy Hay hatte seine Taubheit ausgenutzt. Sie hatte Anne als Lady Black vorgestellt, und erst nachdem Lord Stonehouse eine Zeit lang mit ihr gesprochen hatte – er sagte, sie erinnere ihn an seine Frau, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte –, legte Lucy offen, wer sie war, und sagte, er müsse sich verhört habe, da sie Anne als ihre Kammerfrau Anne Black

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