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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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mich meiner heftigen und unangemessenen Reaktion und ließ mich auf meinen Schemel zurückfallen. Ich erzählte ihnen alles, von dem Moment an, als Mr Black mich aus Poplar geholt hatte, bis zum Anschlag auf mein Leben und die Abrechnungen und Notizen über mich, die ich in Mr Blacks Kontor entdeckt hatte.
    Als ich fertig war, herrschte Stille, bis auf das Glockengeläut der Schuten auf dem Fluss. Will paffte an einer Pfeife mit dem bestem Virginia seines Vaters, der sich von einer »fauligen, stinkenden Neuheit«, wie König James ihn verspottet hatte, zu einem Heilmittel gegen alle möglichen Leiden verwandelt hatte, von Koliken bis Blasensteinen.
    »Ist das eine Geschichte aus deinen Flugschriften?«, fragte Luke skeptisch.
    »Es ist die Wahrheit!« Ich schlug mit der Faust auf den Tisch, doch dann ertönte zu den Schiffsglocken der viel tiefere Klang einer Kirchenglocke.
    »St. Mary-le-bow«, sagte Will. »Das bedeutet …«
    Der Ende seines Satzes wurde von dem gewaltigen Getöse der Glocken verschluckt, das sich von Osten her über die ganze Stadt ausbreitete. Gleich einem Feuer, das von Dach zu Dach sprang, schwoll der Lärm an, das kehlige Wummern von St. Katherine’s beim Tower, das Hallen von St. Dunstan-in-the-East, welches die Glockenspiele von St. Lawrence Jewry und St. Giles Cripplegate, St. Paul’s, St. Martin’s, St. Dunstan-in-the-West und St. Clement Danes zum Leben erweckte, bis der ganze Speicher einem riesigen Kessel aus Tönen glich.
    Luke war nicht zu verstehen, aber niemand brauchte seine Worte zu hören.
    »Der König«, formte er mit den Lippen.

    Der König war angekommen, um zum Parlament zu sprechen! Alle unsere Streitigkeiten waren vergessen, als wir uns der gewaltigen Menge anschlossen, die sich die Thames Street entlangschob, vorbei an den Hallen der Fischhändler und die Fish Street hinauf. Indem wir unsere Fragen in die Menge brüllten und die Ohren dicht an den Mund derer hielten, die uns Antwort gaben, fanden wir allmählich heraus, dass der König den Lord Mayor und die Ratsherren in Hoxton getroffen hatte, auf dem freien Feld direkt hinter den sich ausbreitenden neuen Häusern. Die Bauarbeiten waren, ähnlich wie in Poplar, in der aktuellen Krise abrupt zum Stillstand gekommen, es gab nur halbfertige Häuser und Holzabfälle in Matschpfützen zu sehen.
    »Der König hat den Lord Mayor auf der Stelle zum Ritter geschlagen«, schallte es aus der Menge.
    Will stöhnte. »Ritterschaft gegen Gold! Der König möchte, dass die Stadt ihm ein Heer finanziert!«
    Aufbrandende Jubelschreie brachten ihn zum Schweigen. Ich fragte mich, wie die Menge nach den Aufständen der letzten Nacht so glücklich darüber sein konnte, bis wir die Gracious Street erreichten. Wir kamen nicht mehr weiter, da die Menschen um den Springbrunnen herum sich uns entgegenschoben. Männer und Frauen taumelten auf uns zu, Hände und Kleider mit etwas bedeckt, das wie Blut aussah.
    Selbst Luke verlor seine Kaltschnäuzigkeit und bahnte sich seinen Weg durch die Menge. Er brüllte mir etwas zu, aber ich konnte kein Wort verstehen. Die Glocken in unserer Nähe verstummten, die anderen wurden ebenfalls leiser, und Lukes Stimme dröhnte in meinen Ohren.
    »Trinkt auf den König! Und verdammt seien seine schlechten Ratgeber!«
    Er verschwand in der wogenden Menge, nur um bald wieder aufzutauchen. Der feine Spitzenkragen war mit purpurnen Flecken bedeckt, von seinen Händen tropfte es rot.
    »Der beste Bordeaux!«, schrie er. »Wenn der König Euch begünstigt, bedeutet Ihr ihm alles.«
    Ich konnte es nicht fassen. Aus dem Brunnen sprudelte Wein. Eine Frau trug einen Krug davon fort. Die meisten streckten ihre Hände aus und schlürften ihn schmatzend, kämpften sich immer wieder nach vorn, um noch mehr zu bekommen, ehe die Fässer, die den Nachschub lieferten, geleert waren. Auf Händen und Füßen schlängelte ich mich unter der Schürze eines Bierkutschers hindurch und fing den Wein auf, der ihm durch die Finger rann. Ich trank, indem ich den Kopf zum Himmel hob und den roten Regen einfing, bis ich das Gleichgewicht verlor und Gefahr lief, in dem blutroten Schlamm zertrampelt zu werden. Ob es der beste Bordeaux war oder Essig, wusste ich nicht, und ich schaffte es auch nicht, besonders viel davon zu schlucken, doch trunken war ich ganz gewiss. Trunken von dem Gedränge um mich herum, und dann, als wir uns wie ein Mann Richtung Cornhill wandten, vom donnernden Gebrüll der Menge, das von dort ertönte. Er

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