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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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das Pot erreichte, wohin sich viele der Demonstranten begaben. Was Mr Ink vorhergesagt hatte, war eingetreten. Der Aufruf war an das Volk gerichtet gewesen – und das Volk hatte geantwortet!
    Die Worte, die er kopiert und die ich aus dem Schmutz gerettet hatte, hatten dies bewirkt. Zumindest glaubte ich das. Nun ging der Kampf darum, dass sie auch offiziell veröffentlicht wurden. Unsere Schwarzkopien wurden in den Schänken gelesen, wo sie bierdurchtränkt von Hand zu Hand gereicht und den Menschen vorgelesen wurden, die nicht lesen konnten, Menschen, die schweigend nickten.
    Sie sprachen nicht von Rebellion. Das Volk sprach von der Magna Charta. Von alten Rechten auf schwindendes Gemeindeland, das die Menschen von ihren Familien fort nach London getrieben hatte. Von dem Recht auf Religion. Und von dem größten Recht von allen – dem Recht, sich einen Laib Brot leisten zu können.
    Will konnte ich nirgends entdecken. Ich klammerte mich an ein Bier, das mir ein vollkommen Fremder in die Hand gedrückt hatte, während ich in dem Gedränge etwas erspähte, das alles andere aus meinen Gedanken vertrieb. An der Bar stand der Mann mit dem Biberhut. Meine Wut rang mit dem Verlangen, die Flucht zu ergreifen. Ich glaubte, dass er meine Mutter getötet hatte. Ich hatte wenig gegessen, und das Bier stieg mir zu Kopfe. Die Wut gewann, und ich kämpfte mich durch die lachende, schreiende Menge. Jetzt sah ich die massige Gestalt von Crow und meinte erneut zu spüren, wie er meinen Kopf zurückriss, um mir die Kehle durchzuschneiden. Crow drehte sich um und musterte die Menge mit starrem Blick. Ich legte meine Hand an meinen Dolch, überzeugt, dass er mich gesehen hatte, aber er gehörte zu jenen Männern, die sich gewohnheitsmäßig ständig umsahen, um zu wissen, was hinter ihrem Rücken vorging.
    »… letzte Ort, an den er kommen würde«, hörte ich ihn sagen.
    »Ein Hund kehrt immer zum Gestank seiner eigenen Scheiße zurück«, sagte der Mann mit dem Biberhut.
    Ein paar Kerzen standen auf einem Tisch, an dem ich auf dem Weg zur Bar vorbeikam. Ich löschte sie mit meinem Ärmel aus. Jemand rief etwas. Im Schatten verborgen näherte ich mich der Bar.
    Der Dolch fühlte sich ganz anders an als mein Lehrlingsmesser, das im Vergleich dazu nichts als ein Spielzeug war. Der Dolch war schwerer und besser ausbalanciert. Ich löste ihn von meinem Gürtel und blieb stehen, wenige Zoll von ihren Rücken entfernt. Sie hatten die Aufmerksamkeit des Wirts gewonnen.
    »… rotes Haar. Tom Neave«, sagte der Mann mit dem Biberhut gerade. Er zog ein zerknittertes Blatt Papier aus der Tasche. Als er es auseinanderfaltete, erhaschte ich den Blick auf eine der Skizzen, die der Maler in jenem Sommer von mir angefertigt hatte. Mit wenigen Strichen hatte er mein Grinsen eingefangen, ebenso wie meine spitze Nase zwischen den dunkel glänzenden Augen.
    Ich schob mich näher heran. Ich versuchte zu schlucken, aber mein Mund war wie ausgedörrt. Crows derber Lederwams hatte einen Riss am Rücken, der wie ein offener Mund aussah und größer wurde, sobald er sich bewegte. Ich fühlte mich davon angezogen und betrachtete ihn fasziniert.
    Der Wirt sagte: »Hab ihn seit einer Woche nicht mehr gesehen.«
    »Wir arbeiten für die Verlegerzunft und für Mr Black«, sagte der Mann. Seine Stimme klang ernst und besorgt. »Er wird gesucht, weil er seinen Vertrag gebrochen hat, gestohlen hat … Ihr könnt mich im The Cock and the Hen in Holborn erreichen … Es ist eine Belohnung von fünf Kronen auf ihn ausgesetzt.«
    Der Wirt hob die Augenbrauen. In seinem Gesicht stand geschrieben, dass ihm das einen beträchtlich größeren Gewinn bescheren würde, als es durch den Verkauf von Bier jemals möglich war. Aber das war es nicht, was mich die Beherrschung verlieren ließ. Dazu kam es erst, als ich hörte, dass Mr Black, den ich für einen gottesfürchtigen Mann gehalten hatte und der heuchlerisch so getan hatte, als wollte er mich vor der Gefahr warnen, zu den Verschwörern gehörte, die beabsichtigten, mich zu töten.
    Der Dolch schien ein Eigenleben zu entwickeln, als ich ihn aus der Scheide zog. Ich sah nichts als den Riss in Crows Wams, der sich öffnete und schloss und ein perfektes Ziel abgab.
    »Tom!«
    Gott sei mein Zeuge, aber ich glaubte, es sei die Stimme des Herrn, die mich innehalten ließ. Crow und der Mann mit dem Biberhut wirbelten herum, stießen gegen einen Mann, der versuchte, zur Bar zu gelangen, der wiederum gegen mich stolperte.

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