Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
Vom Netzwerk:
Mein Dolch fiel zu Boden.
    »Tom!«
    Will winkte neben einer der Türen. Der Mann mit dem Biberhut schob sich durch eine Gruppe Zecher auf ihn zu. Crow machte sich auf der Stelle daran, die andere Tür zu sichern. Ich sah, wie sein Blick peinlich genau von Kopf zu Kopf wanderte. Trotz des Dämmerlichts und obwohl ich spürte, dass mein Hut fest auf dem Schädel saß, hatte ich das Gefühl, meine roten Haare kröchen über meinen Hals, als würden sie gleich einem Signalfeuer brennen.
    Will sah mich an. Ich schaffte es gerade noch, stumm den Kopf zu schütteln. Als der Mann mit dem Biberhut ihn ansprach, schüttelte Will ebenfalls den Kopf und deutete auf die Tür, an der Crow stand.
    »Er ist abgehauen«, rief der Mann mit dem Biberhut Crow zu, der hinaus auf die Straße stürmte, den anderen dicht auf den Fersen.
    Ich hob den Dolch auf und starrte seine Klinge an, während Will sich einen Weg durchs Gedränge bahnte, zusammen mit einem älteren Mann in einer Uniformjacke im holländischen Stil mit ordentlichem Leinenkragen.
    »Ich wollte ihn umbringen«, sagte ich törichterweise.
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Du standst falsch«, sagte er in gebildeter Sprechweise. »Du hättest ihn lediglich verwundet. Er hätte sich umgedreht und dich getötet.« Er zog seinen Finger über die Kehle.
    Will unterbrach ihn barsch, als er sah, dass der Wirt etwas zur Schankmagd sagte. »Bring ihn hier raus, Luke!«
    Er packte mich an einem Ellenbogen und der Mann namens Luke am anderen, und gemeinsam hetzten sie mit mir hinaus in die Nacht.

8. Kapitel
    In jener Nacht schlief ich, zusammengerollt in meinem Josephmantel, auf Ballen besten Virginia-Tabaks im Speicher von Wills Vater. Seitdem verbinde ich den Rauch von Virginia-Tabak, der kräuselnd aus einer Tonpfeife emporsteigt, mit dem Geruch der Rebellion. Er stieg aus den Pfeifen von Will und Luke auf, als sie mich am nächsten Morgen weckten. Sie brachten mich ins Kontor, wo ich einen dritten Mann kennenlernte, Ben. Es folgte eine genaue Inventur, jedoch nicht der Waren, sondern meiner selbst – eine Vernehmung.
    Alle drei waren Mitglieder der Allerheiligen Bürgergarde. Will und Ben waren typische Vertreter vieler Teilzeit-Soldaten der Stadt: durchschnittliche Männer, die gegen die reichsten Kaufleute der Stadt kämpften, welche in der Regel den König unterstützten. Wie viele Tabakhändler bemühte sich Wills Vater darum, das Monopol der sagenhaft reichen Gewürzhändler zu brechen. Benyon, sein Gegner bei den Wahlen zur Ratsversammlung im nächsten Monat, war einer von ihnen.
    Ben war Apotheker. Von einem anderen Monopol, den Ärzten, daran gehindert, in der Stadt zu arbeiten, praktizierte er in Spitalfields außerhalb der Stadtmauern und verteilte Heilkräuter an die Londoner Armen. Ben war still und zurückhaltend wie seine graue Jacke und Hose, doch in seinem Schweigen lag eine Starrköpfigkeit, die Weigerung, alles als gegeben hinzunehmen, die mir gefiel.
    Luke dagegen war ganz anders. Er schien nur ein Ziel gehabt zu haben, als er sich der Bürgergarde anschloss: zu kämpfen. Er kam gerade vom Fechttraining und lehnte sein Schwert gegen einen klapprigen Tisch im Kontor. Er war Lehrzögling eines Rechtsanwalts in Gray’s Inn und der zweite Sohn eines Adligen, und so sah er auch aus. Das ausgesprochen weiche Leder seiner Stulpenstiefel verspottete meine Schuhe »wie sie bei Hofe getragen wurden«. Ich versteckte sie unter dem Tisch, und meine Wangen brannten vor Verlegenheit, doch die Schäbigkeit meiner Kniehosen konnte ich nicht verbergen, ebenso wenig den üblen Geruch und die Flecken auf meinem Josephmantel, bei dem er die Nase rümpfte. Zweifelnd musterte er mich, als sei ich eine dieser Kuriositäten, die vom fahrenden Volk ausgestellt wurden.
    »Du bist auf der Flucht«, sagte er gedehnt.
    »Ja«, erwiderte ich herausfordernd. »Werdet Ihr mich nach Newgate bringen?«
    »Bridewell«, korrigierte er, »für unbedeutende Missetäter wie dich. Es sei denn, du hättest tatsächlich jemanden getötet.«
    Vielsagend blickte er auf den Dolch an meinem Gürtel. Ich sprang auf und warf beinahe den Tisch um. Eine Woche auf der Flucht hatte mich bereits verändert, und ich hatte mir angewöhnt, zuerst zu handeln. Noch einen Moment länger, und ich wäre zur Tür raus gewesen, bereit, Luke von seinem Stuhl zu stoßen, falls er mich aufhalten wollte.
    »Was ist passiert, Tom?«
    Ben sprach mit leiser Stimme, und seine Besorgnis wirkte beruhigend auf mich. Ich schämte

Weitere Kostenlose Bücher