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Peter Nimble und seine magischen Augen

Peter Nimble und seine magischen Augen

Titel: Peter Nimble und seine magischen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Auxier
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zusammengeschart hatte. Das war ein regelrechter Glücksfall, denn im Gedränge können Taschendiebe gute Beute machen. Und was noch besser war: All die schirmtragenden Diener waren genauso abgelenkt wie ihre Herrschaften. Der Junge ließ seinen Brokkoli und die Heringe fallen und machte sich sofort an die Arbeit. Vorsichtig schlich er sich durch die Menge, stibitzte den neugierigen Zuschauern ihre Geldbeutel und versuchte dabei herauszufinden, was die Leute so gebannt verfolgten.
    »Glänzt Ihr Schädel wie eine Billardkugel?«, rief eine Stimme jenseits der Menge. »Sind Sie so kahl wie ein Fels in der Wüste? Damit ist jetzt Schluss! Dieser edle Turban – genäht aus einem Bärenfell von den dunklen Meeren des Südens – gibt Ihnen über Nacht Ihre schimmernde Haarpracht zurück!« Die Stimme gehörte zu einem Mann, der irgendwo links von Peter stand. »Hüte für jeden Kopf! Was immer Sie brauchen, hier werden Sie fündig!« Seine Stimme war kraftvoll und geübt, und seine Worte hielten die Menge in ihrem Bann.
    Vielleicht wäre es klug, an dieser Stelle kurz innezuhalten und die vielen Einzelheiten zu beschreiben, die Peter Nimble entgingen. Er konnte den hohen Turm aus Hüten nicht sehen, der auf dem Kopf des Mannes thronte, und ebenso wenig sein scharf geschnittenes Kinn, die krumme rote Nase und die buschigen eulenartigen Augenbrauen. Peter wusste nur, dass dieser Mann einem jungen Taschendieb die perfekte Gelegenheit bot, seine Kunst an einer ahnungslosen Menge zu üben.
    Peter machte mit seiner »Geldbeutelsammlung« weiter, und seine Finger glitten geschickt in Mantel- und Westentaschen.Er musste sich ein Grinsen verbeißen. Die Leute lauschten dem Gefasel des Hökers so gebannt, dass sie überhaupt nichts merkten. Der Mann erzählte gerade wortreich, wo er seine wundersamen Waren gefunden hatte. Angeblich war er dafür über die Grenzen der bekannten Welt hinaus gereist, bis ans Ende der tiefen fremden Meere. Dort hatte er Hüte aus geheimnisvollen Stoffen, Giftpilzen und Drachenschuppen entdeckt. »Und die biete ich Ihnen heute zu einem Sonderpreis an!«, rief er.
    Peter dachte über die Worte des Mannes nach, während er seinen Diebessack füllte. Halb wünschte er sich, dass es diese magischen Orte wirklich gab. Bestimmt wären sie viel schöner als diese Hafenstadt. Aber natürlich waren sie bloß erfunden, sagte er sich, nichts als zusammengesponnener Unsinn.
    »Unsinn, sagst du?«, unterbrach die Stimme des Hökers seine Gedanken. »Vielleicht kann ich dich ja vom Gegenteil überzeugen?«
    Peter hielt mitten im Stehlen inne. Es klang beinahe so, als hätte der Mann mit ihm gesprochen. »Aber natürlich, mein Junge!«, sagte die Stimme.
    Der Junge zog seine Finger aus der Uniformtasche des Polizisten, als er spürte, wie die Blicke der Menge sich auf ihn richteten. »M-M-Meinen Sie mich, Sir?«, stammelte er und zog die Lasche über die Öffnung seines Diebessacks.
    »Wen sonst? Willst du dich nicht einen Moment zu mir nach vorne stehlen ?«
    Peter rührte sich nicht vom Fleck.
    Der Höker änderte seine Taktik und wandte sich an den Mann neben Peter. »Herr Wachtmeister, wären Sie so freundlich, ein wenig Platz zu schaffen und den Jungen mitgehen zu lassen ?«
    Peters Kehle wurde ganz trocken. Er hörte, wie der stämmige Polizist an ihm vorbeiwatschelte und die Leute mit seinem Stock beiseiteschob. »Sie haben doch gehört, was der Mann gesagt hat«, knurrte er barsch. »Lassen Sie den Jungen durch.« Alle warteten darauf, dass Peter nach vorn ging.
    »Nicht so schüchtern, Junge!«, rief der Höker lachend. »Es wäre ein Verbrechen , uns einfach hängen zu lassen.« Offensichtlich wusste der Mann, was Peter getan hatte, und drohte nun damit, ihn bloßzustellen. Peter hatte keine Wahl: Bemüht, möglichst harmlos und unbeholfen zu wirken, tastete er sich durch die Menge.
    Der Höker ergriff seine Hand und schüttelte sie schwungvoll. »Schön, dich an Bord zu haben!« Er wandte sich wieder an das Publikum. »Und jetzt habe ich eine ganz besondere Vorführung für Sie, meine Damen und Herren!«
    Peter versuchte, ein Gespür für seine Umgebung zu bekommen. Zu seiner Rechten war der Höker, der nach nasser Wolle und einem Hauch Bedauern roch. Direkt hinter ihm befand sich der Wagen des Mannes, gezogen von zwei … nein, nicht Pferden. Mit sieben hatte Peter einen Meereszirkus ausgeraubt, und seither waren ihm die Gerüche etlicher exotischer Tiere vertraut. Aber was waren das für seltsame

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