Peter Nimble und seine magischen Augen
sofort, was der Höker von ihm hören wollte. Er traute dem Mann nicht, aber etwas tief in seinem Innern – sein Diebesinstinkt – riet ihm mitzuspielen.
»Nun, wonach riecht der Herr Wachtmeister jetzt?«, wiederholte der Höker ein wenig drängender.
Peter schnüffelte hörbar und stieß einen überraschten Laut aus. »Wo ist er denn hin?!« Er tat ein paar Schritte vorwärts und griff in gespielter Verwirrung in die Luft. »Eben war er doch noch hier … aber jetzt rieche ich überhaupt nichts mehr !«
Die Zuschauer jubelten begeistert. »Da sehen Sie es!«, sagte der Höker und verneigte sich. »Brauchen Sie noch mehr Beweise?« Hände erhoben sich aus der Menge und warfen dem Mann Münzen zu, um eine von seinen Wunderkappen zu erstehen.
Während die Leute sich schubsend und schreiend nach vorn drängten, überlegte Peter, was er tun sollte. Mit dem,was er bereits gestohlen hatte, könnte er sich ohne weiteres davonschleichen. Es würde in jedem Fall ausreichen, um Mr Seamus zu beruhigen. Andererseits wollte er zu gerne herausfinden, was für ein Schatz in dem Wagen verborgen war. Obgleich es Peter nicht behagte, gewöhnliche Leute zu bestehlen, erschien ihm die Vorstellung, den Höker zu bestehlen, durchaus vertretbar. Schließlich würde er auf diese Weise doch dazu beitragen, dass ein Gauner seine gerechte Strafe bekam, oder nicht? Peter beschloss, dass es sich lohnen könnte, noch ein Weilchen zu bleiben. »Kann ich Ihnen helfen, Sir?«, fragte er den Mann.
»Das ist aber nett von dir!« Der Höker drückte dem Jungen einen leeren Geldbeutel in die Hand. Der Beutel war nicht aus einfachem Leinen, sondern aus dickem Samt und mit Goldfäden und winzigen Edelsteinen bestickt. »Du kannst mir helfen, das Geld von diesen reizenden Kunden einzusammeln. Und wenn du schon dabei bist« – er beugte sich vor und tippte auf den Diebessack, der über Peters Schulter hing –, »dann sei so gut, deine Beutestücke in die Taschen zurückzuschieben, aus denen du sie gestohlen hast. Für so etwas kannst du am Galgen enden.« Er schob Peter in die Menge. »Keine Sorge, ich lasse dich nicht mit leeren Händen gehen!«
Peter ging durch die Menge und nahm die Münzen von den begeisterten Kunden entgegen. Jedes Mal, wenn er an jemandem vorbeikam, dem er den Geldbeutel gestohlen hatte, schob er diesen an Ort und Stelle zurück, bevor das Opfer überhaupt merkte, dass etwas fehlte. So machte er weiter, bis sein Diebessack leer und der Geldbeutel des Hökers voll war. Der Duft war verlockend, nahezu unerträglich, aber er war zu klug, um auch nur eine einzige Münze zu nehmen. Wenn dieser seltsame Höker tatsächlich Gedankenlesen konnte, würde er ihn sofort ertappen. Er würde sich gedulden müssen, bis sich eine günstige Gelegenheit bot.
Als die Stadtbewohner sich schließlich zerstreuten – alle mit billigen Lederkappen auf dem Kopf und an sich herumschnüffelnd –, wandte sich der Höker wieder Peter zu. »Du hast deine Rolle vorhin gut gespielt. Wir zwei waren wie ein richtiges Gaunerpaar. Wie heißt du?«
»Alistair«, erwiderte Peter. Er hatte mittlerweile gelernt, dass man Fremden nie trauen durfte.
»Tatsächlich?« Der Mann nahm ihm den Geldbeutel aus der Hand. »Nun, Alistair , mir ist aufgefallen, dass du dich für meinen schönen Wagen interessierst. Zu schade, dass du ihn nicht sehen kannst, was?«
»Es scheint wirklich ein schöner Wagen zu sein«, sagte Peter, der sich Mühe gab, möglichst hilflos und unschuldig zu wirken. »Er riecht nach frischer Farbe.«
»Riechst du sonst noch was?«
»Nein, Sir.«
Der Höker griff unter seinen Mantel, nahm einen großen Schlüsselring aus Messing von seinem Gürtel und begann die zwölf Vorhängeschlösser zu öffnen, mit denen die Tür seines Wagens gesichert war. »Man kann nie vorsichtig genug sein. Der Schatz in diesem Wagen kann das Schicksal eines Menschen für immer verändern. Aber mir ist noch nie ein Dieb begegnet, der diesen Schlössern gewachsen wäre.« Peter lächelte leise, während er auf das Klick , Klick der aufspringenden Bolzen lauschte. Sein Lieblingsgeräusch.
Als der Höker das letzte Schloss entfernt hatte, öffnete er den Wagen und beugte sich hinein. In dem Moment, als die Tür an Peters Nase vorbeischwang, begann sein Herzschneller zu schlagen. Er hatte zehn Jahre darauf verwendet, den Duft von Silber, Elfenbein und Edelsteinen unterscheiden zu lernen – doch nichts davon roch auch nur halb so kostbar wie das, was sich in dem
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