Peter Pan
Junge, mit Laub und Spinnweben bekleidet. Aber das Erstaunlichste an ihm war, daß er noch all seine ersten Zähne hatte. Als er sah, daß Mrs. Darling erwachsen war, knirschte er böse mit den kleinen Perlen.
Der Schatten
MRS. Darling schrie, und als hätte man nach ihr geläutet, kam Nana herein, zurück von ihrem Abendausflug.
Sie knurrte und schnappte nach dem Jungen, der rasch aus dem Fenster sprang. Wieder schrie Mrs. Darling, aber diesmal aus Angst um ihn, denn sie dachte, er wäre tot, und sie lief auf die Straße hinunter, um nach dem kleinen Körper zu sehen, aber er war nicht da. Sie schaute zum Himmel, doch in der schwarzen Nacht konnte sie nichts entdecken – nur etwas Winziges, das sie für eine Sternschnuppe hielt.
Sie ging zurück ins Kinderzimmer, und Nana hatte etwas in der Schnauze, das, wie sich herausstellte, der Schatten des Jungen war. Als er zum Fenster sprang, hatte Nana es schnel zugemacht – zu spät, um den Kerl zu erwischen, aber sein Schatten konnte nicht mehr mit hinaus. Das Fenster knallte zu und riß ihn ab.
Du kannst sicher sein, daß Mrs. Darling den Schatten genau untersuchte, aber es war nur ein ganz gewöhnlicher Schatten.
Nana wußte sofort, was man am besten damit macht.
Sie hängte ihn aus dem Fenster und sagte: »Der Junge kommt bestimmt zurück und holt ihn.
Wir wollen ihn so hinhängen, daß er ihn leicht findet, ohne die Kinder zu stören.«
Aber leider konnte Mrs. Darling den Schatten nicht am Fenster hängen lassen. Er sah aus wie Wäsche und verdarb den schönen Anblick des Hauses. Sie dachte daran, ihn Mr. Darling zu zeigen, aber der rechnete gerade nach, ob sie sich Wintermäntel für John und Michael leisten könnten; ein nasses Handtuch um den Kopf sollte seinen Geist schärfen, und da wäre es doch eine Schande gewesen, ihn zu stören. Außerdem wuß-
te sie genau, was er sagen würde: »Das kommt alles nur davon, daß wir einen Hund als Kindermädchen haben.«
Also beschloß sie, den Schatten aufzurollen und ihn sorgfältig in einer Schublade zu verstauen, bis eine passende Gelegenheit käme, ihrem Mann davon zu erzählen. Oje!
Die Gelegenheit kam eine Woche später, an jenem unvergeßlichen Freitag. Natürlich war es ein Freitag.
»Ich hätte ganz besonders aufpassen müssen an einem Freitag«, sagte Mrs. Darling später oft zu ihrem Mann. Dann stand Nana an ihrer Seite und hielt ihr die Hand.
»Nein, nein«, sagte Mr. Darling jedesmal, »ich bin für alles verantwortlich. Ich, George Darling, bin schuld.
Mea culpa, mea culpa.« Er hatte eine humanistische Erziehung genossen.
So saßen sie Abend für Abend und riefen sich jenen schwarzen Freitag ins Gedächtnis.
»Wenn ich bloß die Einladung zum Essen im Haus Nummer 27 nicht angenommen hätte«, sagte Mrs. Darling.
»Wenn ich bloß nicht meine Medizin in Nanas Napf gegossen hätte«, sagte Mr. Darling.
»Wenn ich bloß so getan hätte, als schmeckte mir die Medizin«, sagten Nanas feuchte Augen.
»Mein Hang zum Feiern, George.«
»Mein verhängnisvoller Humor, Liebste.«
»Meine Empfindlichkeit, wenn es um Nichtigkeiten geht, lieber Herr, liebe Herrin.«
So manches Mal führte Mr. Darling sein Taschentuch zu Nanas Augen.
»Dieser Teufel!« heulte Mr. Darling, und Nanas Gejau-le war das Echo dazu. Doch Mrs. Darling machte Peter niemals Vorwürfe; etwas in ihrem rechten Mundwinkel weigerte sich, Peter zu beschimpfen.
Sie saßen im leeren Kinderzimmer und riefen sich unerbittlich jede kleinste Kleinigkeit dieses schrecklichen Abends in Erinnerung. Er hatte so harmlos angefangen, genau wie hundert andere Abende. Nana hatte Wasser für Michaels Bad einlaufen lassen und trug ihn auf dem Rücken ins Badezimmer.
»Ich will nicht ins Bett«, hatte er gerufen wie einer, der immer noch glaubt, in dieser Sache das letzte Wort zu haben. »Ich will nicht, ich will nicht. Nana, es ist noch nicht sechs. O nein, o nein, ich hab dich nicht mehr lieb, Nana. Ich will nicht baden, ich will nicht, ich will nicht!«
Dann war Mrs. Darling hereingekommen im weißen Abendkleid. Sie hatte sich früh umgezogen, weil Wendy sie so gern im Abendkleid sah, mit der Halskette, die George ihr geschenkt hatte. Und sie trug Wendys Armband, das sie sich ausgeborgt hatte. Wendy liebte es sehr, ihrer Mutter das Armband zu borgen.
Die beiden älteren Kinder spielten gerade Vater und Mutter. John sagte soeben: »Ich schätze mich glücklich, Mrs. Darling, Sie davon zu unterrichten, daß Sie nunmehr eine Mutter sind.«
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