Pfade Ins Zwielicht
Sedai sein, die sich stritten.
Die kleine Frau fummelte noch einen Augenblick länger an ihrem Reitrock herum. »Ich habe den Befehl, das Kommando über die hier gefundenen Schwestern zu übernehmen«, sagte sie verdrossen, »und das zu tun, was ich kann.« Einen Moment später seufzte sie und verbesserte sich zögernd. »Die Schwestern, die ich unter Covarla antreffe. Aber bestimmt ...«
Diesmal unterbrach sie Katerine. »Ich habe niemals unter Covarlas Kommando gestanden, Narenwin, also gelten diese Befehle nicht für mich. Ich breche am Morgen auf und finde diese Fischerhütten.«
»Aber ...«
»Es reicht, Narenwin«, sagte Katerine eisig. »Trefft Eure Übereinkunft mit Covarla.« Die schwarzhaarige Frau warf ihrer Ajah-Schwester einen Seitenblick zu.
»Ihr könnt mich begleiten, wenn Ihr wollt, Tarna.
Ein Fischerboot sollte Platz für zwei haben.« Tarna neigte andeutungsweise den Kopf, möglicherweise als Dank.
Da sie ihre Dinge geregelt hatten, zogen die beiden Roten ihre Umhänge enger und rauschten auf die Tür zu, die ins Innere des Hauses führte. Narenwin warf ihnen einen verdrossenen Blick nach und wandte ihre Aufmerksamkeit dann Gawyn zu; ihr Gesicht nahm die Züge einer reglosen Maske an.
»Habt Ihr etwas von meiner Schwester gehört?«, fragte er, bevor sie den Mund aufmachen konnte.
»Wisst Ihr, wo sie ist?«
Die Frau war wirklich müde. Sie blinzelte, und er konnte förmlich sehen, wie sie eine nichtssagende Antwort formulierte.
Tarna blieb auf dem halben Weg zur Tür stehen.
»Als ich sie das letzte Mal sah, war Elayne bei den Rebellen.« Sämtliche Köpfe wandten sich ihr ruckartig zu. »Aber Eure Schwester braucht keine Strafe zu befürchten«, fuhr sie gelassen fort, »also denkt nicht länger daran. Aufgenommene können nicht wählen, welchen Schwestern sie gehorchen wollen. Ich gebe Euch mein Wort, dem Gesetz nach kann sie deshalb keinen bleibenden Schaden erleiden.« Sie schien sich Katerines finsterem Blick oder Narenwins hervorquellenden Augen nicht bewusst zu sein.
»Das hättet Ihr mir auch schon früher sagen können«, sagte Gawyn grob. Niemand sprach eine Aes Sedai in einem groben Tonfall ein, jedenfalls nicht mehr als einmal, aber das war ihm schon lange egal. Waren die anderen beiden überrascht, dass Tarna die Antwort kannte oder dass sie sie gegeben hatte? »Was meint Ihr damit, keinen bleibenden Schaden‹?«
Die blonde Schwester lachte verächtlich. »Ich kann kaum versprechen, dass sie nicht ein paar Striemen davonträgt, wenn sie ihre Füße zu weit in die falsche Richtung gesetzt hat. Elayne ist eine Aufgenommene, sie ist keine Aes Sedai. Das beschützt sie vor größerem Schaden, wenn sie von einer Schwester auf den falschen Weg geführt wird. Und Ihr habt nie gefragt. Davon abgesehen braucht sie nicht gerettet werden, selbst wenn Ihr das könntet. Sie ist bei den Aes Sedai. Nun wisst Ihr so viel, wie ich Euch über sie sagen kann, und ich werde vor Tagesanbruch noch ein paar Stunden schlafen. Ich überlasse Euch Narenwin.«
Katerine sah zu, wie sie ging, ohne ihre Miene auch nur einen Hauch zu verändern, eine Frau aus Eis mit den Augen einer Raubkatze, aber dann verließ sie den Raum selbst so überstürzt, dass der Umhang hinter ihr herwehte.
»Tarna hat Recht«, sagte Narenwin, als sich die Tür hinter Katerine geschlossen hatte. In Anwesenheit der anderen beiden brachte die kleine Frau die Gelassenheit und das Geheimnisvolle der Aes Sedai vielleicht nicht gut zur Geltung, aber allein war sie ganz gut darin. »Elayne ist mit der Weißen Burg verbunden. Genau wie Ihr, trotz Eures Geredes darüber, verstoßen worden zu sein. Die Geschichte Andors bindet Euch an die Burg.«
»Die Jünglinge sind alle durch ihre freie Entscheidung an die Burg gebunden, Narenwin Sedai«, sagte Rajar und verneigte sich förmlich. Narenwins Blick blieb auf Gawyn gerichtet.
Er schloss die Augen, und er konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, sie mit den Handballen zu massieren. Die Jünglinge waren an die Weiße Burg gebunden. Niemand würde je vergessen, dass sie auf dem Gelände der Burg darum gekämpft hatten, die Rettung einer abgesetzten Amyrlin zu verhindern. Ob im Guten oder im Schlechten, diese Geschichte würde ihnen bis ins Grab folgen. Auch er war davon gezeichnet, wie auch von seinen eigenen Geheimnissen. Nach all dem Blutvergießen war er der Mann, der Siuan Sanche hatte gehen lassen. Aber was noch viel wichtiger war, Elayne band ihn an die Weiße Burg, genau wie
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