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Pfade Ins Zwielicht

Pfade Ins Zwielicht

Titel: Pfade Ins Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Sonnenpalast selbst durch die Finger zu schlüpfen!
    Corgaide würden eher Flügel wachsen und sie umherfliegen, als dass sie Stillschweigen über das bewahrte, was sie hier gesehen hatte, und was auch immer sie sagte, würde wie der Blitz durch den Palast gehen und jeden Diener anstecken bis hinunter zu den Männern, die die Ställe ausmisteten. Der letzte Knicks hatte deutlich gezeigt, was sie dachte. Beim Licht, wie Samitsu Cairhien hasste! Der Brauch, einander mit Höflichkeit zu begegnen, war tief in den Schwestern verwurzelt, aber Sashalle stand nicht hoch genug in der Rangordnung, als dass sie angesichts dieses Desasters ihren Mund halten würde, und sie beabsichtigte, sich nicht zurückzuhalten.
    Doch als sie Sashalle mit finsterem Blick musterte, sah sie ihr Gesicht - sah es vielleicht das erste Mal richtig -, und plötzlich war ihr klar, warum es ihr so sehr zu schaffen machte, vielleicht sogar, warum es ihr solche Schwierigkeiten bereitet hatte, der Roten ins Auge zu sehen. Es war nicht länger das Gesicht einer Aes Sedai, außerhalb der Zeit und jenseits des Alters. Die meisten Leute erkannten nicht, was das Besondere an diesem Aussehen war, bis man sie darauf hinwies, aber für eine andere Schwester war es unverkennbar. Vielleicht war noch etwas davon übrig, ein paar Überreste, die Sashalle schöner erscheinen ließen, als sie in Wirklichkeit war, doch keiner würde sie älter als in ihren mittleren Jahren schätzen. Die Erkenntnis lahmte Samitsus Zunge.
    Was man über Frauen wusste, die gedämpft worden waren, war kaum besser als Gerüchte. Sie liefen weg und verbargen sich vor anderen Schwestern; für gewöhnlich starben sie bald darauf. Die wenigsten Frauen konnten den Verlust von Saidar lange ertragen.
    Aber das war alles nur Gerede; soweit Samitsu wusste, hatte schon seit langer Zeit niemand mehr den Mut gehabt, mehr darüber in Erfahrung zu bringen. Im dunkelsten Winkel des Bewusstseins einer jeden Schwester existierte die nur ganz selten eingestandene Furcht, dass sie in einem achtlosen Augenblick das gleiche Schicksal heimsuchen könnte, und das hielt jeden davon ab, zu viel wissen zu wollen. Selbst Aes Sedai konnten ihren Blick abwenden, wenn sie etwas nicht sehen wollten. Aber da gab es diese Gerüchte, so gut wie nie zur Sprache gebracht und so vage, dass man sich daran erinnern konnte, wo man sie das erste Mal gehört hatte, Geflüster am Rand der Wahrnehmung, und doch stets im Umlauf. Ein Gerücht, an das sich Samitsu bis jetzt nur undeutlich erinnert hatte, besagte, dass eine gedämpfte Frau wieder jung wurde, falls sie es überlebte. Die Vorstellung war ihr immer lächerlich erschienen - bis jetzt. Sashalle hatte die Fähigkeit wiedererlangt, die Macht lenken zu können, aber nicht alles war wieder so, wie es gewesen war. Sie würde jahrelang mit der Macht arbeiten müssen, um das Gesicht zu bekommen, das sie für jede Schwester, die sie genau ansah, zur Aes Sedai machen würde. Aber ... würde sie es überhaupt wiedererlangen? Es erschien unausweichlich, aber das war unbekanntes Gebiet. Und wenn sich ihr Gesicht verändert hatte, hatten sich bei ihr auch noch andere Dinge verändert? Samitsu schauderte erneut, und zwar schlimmer als bei dem Gedanken an die Dämpfung. Vielleicht war es ganz gut, dass sie nicht mehr mit Nachdruck daran arbeiten konnte, Damers Heilungsmethode zu ergründen.
    Sashalle spielte an ihrer Aielkette herum und schien sich nicht bewusst zu sein, dass Samitsu sie so genau betrachtete. »Das muss nichts zu bedeuten haben, vielleicht lohnt es sich nicht einmal, da nachzuhaken«, sagte sie, »aber Corgaide hat nur berichtet, was sie gehört hat. Wenn wir etwas erfahren wollen, müssen wir uns das selbst ansehen.« Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, hob sie die Röcke an und war auf dem Weg nach draußen, was Samitsu nur die Wahl ließ, sich ihr entweder anzuschließen oder zurückzubleiben. Das war unerhört! Aber zurückzubleiben war undenkbar.
    Sashalle war nicht größer als sie, jedenfalls nicht nennenswert, aber sie musste sich beeilen, um den Anschluss nicht zu verlieren, als die Rote durch die breiten Korridore rauschte. Es stand außer Frage, die Führung zu übernehmen, dazu hätte sie rennen müssen. Sie kochte still vor sich hin, auch wenn dies erforderte, dass sie die Zähne zusammenbiss. Es war bestenfalls ungehörig, sich mit einer anderen Schwester in der Öffentlichkeit zu streiten. Aber noch viel schlimmer war, dass es zweifellos sinnlos gewesen

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