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Pfade Ins Zwielicht

Pfade Ins Zwielicht

Titel: Pfade Ins Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Leuten, die sie in Ketten gelegt hatten, nicht ihre Schiffe überlassen wollen. Drei Dutzend genau vor ihm, und das ohne die versunkenen Wracks hinzuzuzählen, über denen die Bergungsboote arbeiteten. Vielleicht konnte ein Seefahrer anhand der aus dem Wasser ragenden Mastspitzen ein Großschiff von einem Klipper unterscheiden, aber das lag jenseits seiner Fähigkeiten.
    Plötzlich stieg in ihm eine alte Erinnerung empor, über das Beladen von Schiffen für einen Angriff vom Meer, und wie viele Männer man wie lange Zeit auf welchem Raum unterbringen konnte. Eigentlich war das nicht seine Erinnerung, an einen längst vergangenen Krieg zwischen Fergansea und Moreina, aber sie schien es zu sein. Die Erkenntnis, dass er die Szenen aus dem Leben anderer Männer einer längst vergangenen Zeit tatsächlich nicht selbst erlebt hatte, überraschte ihn immer wieder aufs Neue, und vielleicht gehörten sie ihm ja doch auf gewisse Weise. Sie waren auf jeden Fall klarer als manche Phasen seines Lebens. Die Schiffe, an die er sich erinnert hatte, waren kleiner als die meisten Schiffe im Hafen gewesen, aber das Prinzip war das gleiche.
    »Sie haben nicht genug Schiffe«, murmelte er. Die Seanchaner hatten in Tanchico noch mehr, als hier vor Anker gegangen waren, aber die Verluste reichten aus, um einen Unterschied zu machen.
    »Genug Schiffe wofür?«, sagte Noal. »Ich habe noch nie zuvor so viele an einem Ort gesehen.« Da es von ihm kam, war das schon eine beachtliche Aussage. Wenn man Noal Glauben schenken wollte, hatte er schon alles gesehen, und so gut wie immer war es größer oder großartiger als das gewesen, was sich vor seiner Nase abspielte. Zu Hause hätte man gesagt, er würde die Wahrheit fest verschnürt im Beutel halten.
    Mat schüttelte den Kopf. »Sie haben nicht genug Schiffe, um wieder alle nach Hause schaffen zu können.«
    »Wir haben unser Zuhause nicht verlassen«, sagte eine Frauenstimme mit einem breiten Akzent hinter ihm. »Wir sind nach Hause gekommen.«
    Der seanchanische Akzent ließ Mat nicht zusammenzucken, aber es hätte nicht viel gefehlt, bevor er die Sprecherin erkannte.
    Egeanin schaute finster drein, ihre Augen erinnerten an blaue Dolche, aber das war nicht auf ihn gemünzt. Zumindest glaubte er das nicht. Sie war hochgewachsen und schlank und hatte ein hartes Gesicht, das trotz eines Lebens auf See blass geblieben war. Ihr grünes Kleid war grell genug für eine Kesselflickerin und an dem hohen Kragen und den Ärmelaufschlägen mit winzigen gelben und weißen Blüten bestickt. Ein fest unter dem Kinn gebundener Schal mit Blumenmuster hielt die schwarze Perücke auf ihrem Kopf fest, deren Locken bis über die Schultern reichten. Sie hasste den Schal und das Kleid, das nicht so richtig passte, aber alle paar Minuten tasteten ihre Finger nach der Perücke, um sich zu vergewissern, dass sie noch richtig saß. Das machte ihr mehr Sorgen als die Kleidung, obwohl Sorgen nicht mal annähernd das passende Wort war.
    Die langen Fingernägel kurz schneiden zu müssen hatte ihr lediglich ein Seufzen entlockt, aber sie hatte fast einen Wutanfall bekommen, mit rotem Gesicht und hervorquellenden Augen, als er ihr klar gemacht hatte, dass sie sich den Kopf kahl rasieren musste. Die Art und Weise, wie sie ihr Haar zuvor getragen hatte - oberhalb der Ohren rasiert bis auf einen runden Schöpf und einen bis zu den Schultern reichenden Pferdeschwanz -, schrie der Welt förmlich zu, dass sie als niedrige Adlige dem seanchanischen Blut angehörte. Selbst jemand, der noch nie zuvor einen Seanchaner gesehen hatte, hätte sich an sie erinnert. Sie hatte zögernd eingewilligt, aber danach war sie beinahe hysterisch geworden, bis sie den Kopf hatte bedecken können. Allerdings nicht aus Gründen, aus denen die meisten Frauen rasend geworden wären. Nein, bei den Seanchanern rasierte sich allein die kaiserliche Familie den Kopf. Männer, die kahl wurden, trugen Perücken, sobald der Haarausfall sichtbar wurde. Egeanin wäre eher gestorben, als jemanden glauben zu lassen, sie würde vortäuschen, ein Mitglied des Kaiserhauses zu sein, und selbst wenn es Leute gewesen wären, die nie im Leben auf diesen Gedanken gekommen wären. Nun, unter den Seanchanern stand auf diese Art der Täuschung die Todesstrafe, aber Mat hätte es nie für möglich gehalten, dass sie so darauf herumreiten würde. Was bedeutete schon ein Todesurteil mehr, wenn man ohnehin die Axt im Nacken spürte? Oder in ihrem Fall die Würgeschnur. Für ihn

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