Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Titel: Pfarrers Kinder Muellers Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
Vom Netzwerk:
dann auch getan, ich meine, den Blumenstrauß habe ich auf den Altar gestellt. Aber die Mesnerin war beleidigt.
    »Also, entweder schmick i d’ Kirch oder d’ Frau Pfarrer. Wenn d’ Frau Pfarrer aber meint, i ded’s net gut gnug mache, no...«
    »Aber nein, Frau Rüstig, sie machen es wunderbar. Ich dachte nur, weil ich so schöne Tulpen hatte...«
    »Na ja, ‘s sieht net schlecht aus, aber die Vas paßt fei gar net!«
    Wie gesagt, ich überlebte. Der Arzt klopfte Manfred auf die Schulter und sagte, er hätte es gut gemacht und dürfe bald wieder kommen. Mich lobte niemand, aber ich hielt unseren Sohn im Arm und war glücklich. Wo aber blieb die Milch? Ich hatte gelesen, daß sie zur rechten Zeit »einschieße«, es war schon allerhöchste Zeit und sie schoß nicht. Andreas nuckelte verzweifelt, schrie und schlief ein. Ich weinte, klingelte nach der Schwester und bekam schließlich Fieber.
    »Bei uns ist noch kei Kind verhungert!« sagte Schwester Lena, »Geduld Frau Pfarrer, die Milch kommt schon!« Sie kam, aber sehr spärlich.
    Wir kauften eine Kinderwaage, und diese Waage entschied für Wochen über das Wohlbefinden der Familie. Ich wog den Kleinen vor und nach dem Stillen. Kam ordentlich was zusammen, dann war ich vergnügt, zeigte die Waage aber nur ein paar Gramm an, dann ließ ich den Kopf hängen und bangte um das Leben meines Kindes. Eines Tages war diese Waage verschwunden. Ich stellte das ganze Haus auf den Kopf und suchte verzweifelt. Dann kam Manfred nach Hause.
    »Weißt du, wo die Waage ist?« Ich hatte einen schrecklichen Verdacht.
    »Wo sie jetzt ist, weiß ich nicht«, sagte er, »aber gestern abend habe ich sie noch kurz gesehen, bevor ich sie fortwarf.«
    »Ja, bist du denn zu retten? Wie sollen wir ohne die Waage leben?«
    »Mit ihr können wir auch nicht leben, also versuchen wir’s einmal ohne sie!« Er ging in sein Zimmer und schlug die Türe zu.
    Am Abend hatte der Kleine Durchfall, ich keine Milch und Manfred Bibelstunde. Er verlas den Text, hörte dazwischen seinen Sohn oben schreien und las den dritten Vers aus dem zweiten Kapitel des Johannesevangeliums wie folgt: »...Und da es an Wein gebrach, sprach die Mutter Jesu zu ihm: Sie hat keine Milch...« Er selber merkte den Fehler nicht, aber die Zuhörer wunderten sich darüber, daß der Herr Pfarrer so unbekümmert die Worte der Schrift veränderte.
    Die Frauen des Dorfes kamen, der Wöchnerin einen Besuch abzustatten und das »Bobbele« anzusehen. Sie brachten Höschen und Hemden mit, Jäckchen, Badetücher und viele gute Ratschläge. Ich solle Haferflocken essen und Malzbier trinken. Ich tat’s und wurde davon immer dicker, unser Sohn blieb dünn.
    »Des isch aber a magers Buale«, sagten die Mütter, wenn sie mit ihren dicken Prachtskindern zur Säuglingsberatung kamen. Sie sahen mich mißbilligend an, so, als glaubten sie, ich äße dem armen Kleinen alles weg.
    Unser Sohn wuchs heran unter den besorgten und hebevollen Augen der Dorfbewohner.
    »Heit nacht hat er aber wieder ebbes weggschrie!« sagte die Mesnerin vorwurfsvoll zu mir. »Frau Pfarrer, des ka dem Kindle net guat do!«
    Wir galten bald als Rabeneltern, weil wir manchmal abends fortgingen und das Kind allein ließen.
    Marie und Rosa Walter hießen die beiden Schwestern, die das Lädchen gegenüber dem Pfarrhaus betrieben. Ich stand vor dem Ladentisch und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Ich war in Eile und heute machten sie ganz besonders langsam voran, bedienten alle anderen vor mir, die Marie ging zum dritten Mal die Rechnung durch. Jetzt war ich nur noch allein im Laden.
    »Frau Pfarrer«, die Rosa holte tief Luft, »Frau Pfarrer, des isch fei net recht, daß er Sonndichs in die Kirch ganget un des Bobbele alloi lasset! I kas nemme mit asehe. Bringet’s rüber zu ons. I ond d’ Marie, mir basset uff!«
    Also brachten wir Andreas zu ihnen, erst im Kinderwagen, dann mit dem Ställchen und schließlich lief er allein hinüber. Sie fütterten ihn mit Süßigkeiten, lehrten ihn allerlei Kunststücke und ließen sich erzählen, was so im Pfarrhaus passierte.
    »Vati, die Rosa hat desagt, des darfst du nimmer tun!«
    »Was darf ich nicht mehr tun?«
    »Das Mulchen zum Bett nausschmeißen! Die Rosa hat desagt, da kann man sich was brechen, un anständge Leute tun es nicht!«
    »Andreas, du sollst nicht alles von uns erzählen!«
    »Doch, die Marie hat desagt, ich soll.«
    »Mulchen, die Rosa hat desagt, wenn du morgens immer solange im Nachthemdle

Weitere Kostenlose Bücher