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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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fünfundfünfzig
Jahren waren die Aussichten, noch ein Kind zu empfangen, dahin und da
sich auch ihr Gatte nun seinem dreiundsechzigsten Jahr näherte
und anfing zu kränkeln, hatte sie ihm dazu geraten, einen Erben
durch Adoption in Erwägung zu ziehen. Eine Idee, die er nach
einigem Zögern dankbar aufgegriffen hatte, allerdings nicht so,
wie sie es sich erhofft hatte. So hatte ihr ihr Gatte drei Wochen
zuvor Folgendes verkündet: Er würde keinesfalls einen ihm
gänzlich unbekannten und nicht oder nur entferntest verwandten
männlichen Erben in Erwägung ziehen, sondern lieber eine
nahe Verwandte. Er wolle deshalb seine Nichte Charlotte zu sich ins
Haus holen und als seine Tochter adoptieren. Es müsse doch auf
diese Weise gelingen, durch eine Heirat einen fähigen und dazu
vielleicht auch begüterten jungen Gentleman zu gewinnen und an
Millford Hall zu binden.
    Lady
Millford war sprachlos vor Empörung gewesen. Charlotte Brandon,
die gottlose Frucht der Verbindung Miss Elisas mit Mr Brandon, war
nunmehr fast einundzwanzig Jahre alt und dem Institut von Mrs
Longbottom längst entwachsen. Zuletzt hatte sie dort als
Lehrerin gearbeitet, denn natürlich besaß das Mädchen
keinen Penny. Sie hatte dieses Institut und die dort erhaltene
ausgezeichnete Erziehung nur der unverständlichen und wie immer
viel zu weichherzigen Großzügigkeit ihres Onkels Sir
Alistair zu verdanken, der sie nach dem frühen Tod ihrer Eltern
dort unterbrachte. Allerdings hatte Lady Millford selbst sich seither
jeden Kontakt und jeden Besuch von Charlotte auf Millford Hall
verbeten. In den sechs Jahren, die Charlotte im Institut verbrachte,
hatten sie – oder vielmehr ihr Gatte – nur einmal einen
Brief von dem Mädchen erhalten, den sie aber mit der kurzen
Anweisung, jede weitere Korrespondenz mit Sir Alistair und seinem
Haushalt zu unterlassen, umgehend zurückschicken ließ. Und
nun dies!
    Aber
letztlich hatte sie zugeben müssen, dass der Plan ihres Gatten
auch seine positiven Seiten hatte. Wenn es gelänge, Charlotte in
die Gesellschaft einzuführen (schließlich war der Skandal
nun doch schon einige Jahre her), könnte sie eine gute Partie
machen und mit einer lukrativen Heirat dem Hause Millford wieder zu
mehr Glanz verhelfen. Die Gutmütigkeit ihres Gatten gegenüber
seinen Pächtern und seine nicht eben glückliche Hand bei
den Geschäften in den überseeischen Besitzungen hatten das
Vermögen Sir Alistairs doch empfindlich geschmälert. Wenn
sie sich auch noch nicht einschränken mussten, was nur ihrer
Umsicht in der Haushaltsführung zuzurechnen war, so war doch die
Aussicht auf eine Verbindung mit einem ansehnlichen Vermögen von
zwanzig- oder dreißigtausend Pfund oder gar einem erklecklichen
jährlichen Einkommen verlockend. Summen, die bei entsprechender
Verheiratung ihrer Nichte mit einem der infrage kommenden Gentlemen
in der Umgebung doch durchaus zu erzielen sein müssten. Und so
hatte sie schlussendlich und trotz ihrer moralischen Bedenken im
Hinblick auf Charlotte Brandon nachgegeben.
    » Nun,
mein lieber Mr Millford, mögen Sie recht behalten. Ich
jedenfalls erwarte nichts und hoffe das Beste. Ich nehme an, die
Kutsche wird zum Tee eintreffen. Ich gedenke den Tee im Blauen Salon
einzunehmen und Charlotte dort zu empfangen. Möchten Sie sich
mir anschließen oder wünschen Sie das Kind später zu
sehen?«
    » Meine
Liebe, das Empfangen überlasse ich doch lieber der Herrin von
Millford. Sie werden das Kind schon recht in Augenschein nehmen. Ich
fühle mich heute doch etwas schwach und mein Rücken plagt
mich. Ich würde gerne hier noch etwas im Sessel sitzen bleiben.«
Sir Alistair wusste durch lange Ehejahre, wann es besser war, sich
nicht einzumischen. Er hatte sich in dieser Sache endlich
durchgesetzt, aber er durfte seine Fortune nicht überreizen.
Sollte sich Lady Millford das Mädchen zunächst einmal
allein ansehen und sich ein Bild machen. Die Vorbereitungen für
die Einführung einer jungen Frau in die Gesellschaft waren
schließlich schon immer die Sache der Frauen gewesen und
unterlagen Gesetzmäßigkeiten, zu denen er sich außerstande
sah, auch nur das Geringste beizutragen. Er hoffte jedoch inständig,
dass sein Wunsch, Charlotte in sein Haus aufzunehmen, doch von Erfolg
und Wohlwollen begleitet wurde und dass das Kind den strengen
Anforderungen seiner Frau genügen würde. Elisas
Verschwinden und die strikte Weigerung seiner Eltern – und auch
seiner Gattin –, ihr jemals zu verzeihen, hatte ihn weit

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