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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Vielleicht kam es uns allerdings auch nur so vor, weil es unser letzter Abend war, bevor es nach Hause ging. Da wäre uns jeder Ort recht gewesen.
    »Und? Findest du es schade, daß du den Trail jetzt verläßt?« fragte Katz mich nach einer Weile.
    Ich überlegte. Ich war unsicher. Ich merkte, daß ich keine Gefühle gegenüber dem AT hegte, die nicht von Widersprüchlichkeit gekennzeichnet waren. Einerseits hatte ich den Trail satt, andererseits hatte er mich in seinen Bann geschlagen; einerseits konnte ich die endlosen Wälder hinterher nicht mehr sehen, andererseits bewunderte ich gerade diese Endlosigkeit; einerseits begab ich mich gern auf eine Flucht vor der Zivilisation, und andererseits sehnte ich mich doch nach deren Annehmlichkeiten. Ich wollte aufhören, und ich wollte ewig so weitermachen; in einem Bett schlafen und im Zelt; gucken, was hinter dem nächsten Berg lag, und nie wieder einen Berg sehen. Alles zusammen, und alles auf einmal, auf jedem Meter des Trails. »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Ja und nein. Und du?«
    Er nickte. »Mir geht es genauso. Ja und nein.«
    Wir spazierten noch ein Stück weiter, gedankenverloren.
    »Wir haben es geschafft«, sagte Katz und schaute dabei hoch. Ihm fiel mein fragender Gesichtsausdruck auf. »Jedenfalls haben wir Maine durchwandert.«
    Ich sah ihn an. »Wir sind nicht einmal in die Nähe des Mount Katahdin gekommen.«
    Er tat das als reine Spitzfindigkeit ab. »Ist doch nur ein Berg«, sagte er. »Auf wieviel Bergen muß man denn gewesen sein, Bryson?«
    Ich lachte kurz auf. »So kann man das natürlich auch sehen.«
    »So muß man es sehen«, fuhr Katz fort, jetzt ganz ernst. »Was mich betrifft, kann ich sagen, ich bin den Appalachian Trail entlanggewandert. Bei Schnee und bei Hitze. Im Süden und im Norden. Ich bin gewandert, bis mir die Füße bluteten. Ich bin den Appalachian Trail entlanggewandert, Bryson.«
    »Wir haben ganz schön viel ausgelassen.«
    »Nebensächlichkeiten«, bemerkte Katz naserümpfend.
    Ich zuckte die Achseln, nicht unzufrieden mit dem, was er sagte. »Vielleicht hast du recht.«
    »Natürlich habe ich recht«, sagte er, als sei nur selten das Gegenteil der Fall.
    Wir waren wieder an den Stadtrand gekommen, an die Tankstelle, wo uns die Holzfäller abgesetzt hatten. Sie war immer noch geöffnet.
    »Was hältst du von einer Cream Soda?« sagte Katz vergnügt. »Ich lade dich ein.«
    Ich sah ihn verdutzt an. »Du hast doch gar kein Geld mehr.«
    »Ich weiß. Ich lade dich mit deinem Geld ein.«
    Ich grinste und gab ihm fünf Dollar aus meinem Portemonnaie.
    »Heute abend kommt Akte X«, sagte Katz zufrieden, sehr zufrieden sogar, und verschwand in dem Laden. Ich sah ihm hinterher, schüttelte den Kopf und fragte mich, woher er das bloß immer wußte.
     
    Und so ging unsere gemeinsame Tour zu Ende – mit einem Sixpack Cream Soda in Milo, Maine.
    Katz kehrte nach Des Moines in seine kleine Wohnung zurück, zu seinem Job auf dem Bau und zu einem Leben eifriger Nüchternheit. Ab und zu ruft er an und redet davon, sich doch nochmal an die Hundred Mile Wilderness heranzuwagen, aber ich glaube nicht, daß wir das je machen werden.
    Ich bin noch den ganzen Sommer über bis weit in den Herbst hinein gewandert, mal hier, mal da. Mitte Oktober, zum Höhepunkt der Herbstsaison, bin ich zu meiner, wie sich später erwies, letzten Wanderung aufgebrochen, einer erneuten Besteigung des Killington Peak in Vermont. Es war ein Tag wie aus dem Bilderbuch, die Gegend war erfüllt von einem moschusartigen herbstlichen Duft und einer scharfen Frische, und die Luft war so rein, daß man meinte, man brauche nur die Hand auszustrecken, um sie mit den Fingern zu berühren. Selbst die Farben waren knackig frisch: stahlblauer Himmel, dunkelgrüne Felder, und Blätter in allen Schattierungen, die die Natur hervorzubringen vermag. Es ist wahrlich ein erstaunlicher Anblick, wenn jeder einzelne Baum in einem Wald auf einmal für sich steht, wenn da, wo vorher ein nahtloser grüner Teppich ausgebreitet war, plötzlich tausend verschiedene Farben leuchten.
    Ich schritt begeistert und energisch aus, angetrieben von der frischen Luft und der Pracht um mich herum. Vom Gipfel des Killington aus hatte ich einen Rundblick über fast ganz New England und weiter bis nach Quebec, zum fernen, bläulichen Stumpf des Mont Royal. Fast jeder bedeutendere Gipfel in New England – Washington, Lafayette, Greylock, Monadnock, Ascutney, Moosilauke – hob sich reliefartig ab und sah

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