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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Dann wäre alles in Ordnung ... Eigentlich ist sie gar nicht so schlecht konstruiert, die Rakete ... Man hat doch so manches bedacht und für die nötige Sicherheit gesorgt.
    Er hätte gern gewußt, ob auch Boerst gleich darauf gekommen wäre. Ja, wahrscheinlich, das war zu befürchten. Vielleicht sogar ... Himmel, nur noch zwei Minuten! Das Manöver ist nicht mehr zu schaffen ... Er sprang auf, er hatte die anderen auf den Tod vergessen!
    Eine Weile überlegte er mit geschlossenen Augen.
    AMU 27, Leitrakete Terraluna an JO zwei, JO zwei bis – Habe Kurzschluß im Steuerraum – Führe Einbiegemanöver auf zeitweilig feste Umlaufbahn über dem Sonnenäquator des Mondes mit Verspätung von ... unbestimmter Dauer durch – Vollendet das Manöver selbst in der festgesetzten Frist – Empfang.
    JO bis an führenden AMU 27 Terraluna – Führe Komplexmanöver mit JO zwei durch, um über Äquatorzone auf zeitweilig feste Umlaufbahn zu gelangen – Hast neunzehn Minuten Zeit bis zur Scheibe – Erfolg, Erfolg – Ende.
    Pirx hatte kaum zugehört. Er löste das Kabel der Radiophonie, die Sauerstoffschlange und das zweite kleine Kabel – die Gurte hatte er bereits aufgeknöpft. Als er aufstand, flammte der Automat des Reduktors rubinrot auf; die ganze Kapsel tauchte aus der Finsternis empor, dann versank sie wieder in dem trüben, orangeroten Licht der verminderten Spannung. Die Triebwerke schalteten sich nicht aus. Das rote Licht starrte ihn aus dem Halbdunkel an, als wollte es ihn um Rat fragen. Er hörte einen Brummton in regelmäßigen Abständen – das Warnsignal. Der Reduktor konnte die Triebwerke nicht automatisch abschalten.
    Pirx sprang taumelnd hinter den Sitz. Der Schalthebel steckte in einer Kassette, die in den Fußboden eingelassen war – sie war verschlossen. Verschlossen, jawohl. Er zerrte an dem Deckel, aber er ließ nicht locker. Wo ist der Schlüssel? überlegte er.
    Der Schlüssel war nicht zu finden. Pirx rüttelte noch einmal an dem Deckel – vergebens. Er sprang auf und starrte blind vor sich hin. Der Mond auf den vorderen Schirmen war nicht mehr silbern, sondern weiß, ein gigantischer Mond, weiß wie Bergschnee. Die gezackten Schatten der Krater huschten über die Scheibe. Der Radarhöhenmesser meldete sich – arbeitete er schon lange? Er tickte regelmäßig, kleine grüne Ziffern sprangen aus dem Halbdunkel: einundzwanzigtausend Kilometer Entfernung.
    Das Licht flackerte ununterbrochen, die Sicherung schaltete regelmäßig den Strom aus. Auch wenn es erlosch, wurde es nicht völlig dunkel – der gespenstische Schein des Mondes füllte die Kapsel aus. Nur wenn die trüben Lampen aufblitzten, schien das Mondlicht schwächer zu werden.
    Das Schiff flog geradeaus, ständig geradeaus, die Geschwindigkeit erhöhte sich bei der restlichen Beschleunigung von 0,2 g noch immer, und gleichzeitig wuchs die Anziehungskraft des Mondes. Was tun? Was tun? fragte sich Pirx verzweifelt. Er sprang noch einmal zu der Kassette, stieß mit dem Fuß gegen den Deckel, aber der Stahl gab nicht nach.
    Moment! O Gott, wie konnte er nur so dumm sein! Er mußte – ja, natürlich – er mußte auf die andere Seite der Kapsel! Und das war möglich! Am Ausgang, wo die Kapsel mit dem immer schmaler werdenden Tunnel in den Trichter überging, der an der Klappe endete, befand sich ein besonderer, rotlackierter Hebel unter dem Schild NUR BEI HAVARIE DES SYSTEMS. Man brauchte den Hebel nur umzulegen, und die Kapsel würde sich fast um einen Meter heben und ihm erlauben, unter ihrem Rand auf die andere Seite hinüberzukriechen! Dort könnte er mit einem Stück Isolierung die Leitungen reinigen und ...
    Mit einem Satz war er am roten Hebel. Idiot! dachte er, packte den stählernen Griff und zerrte daran, bis es in seinen Schultergelenken knackte. Der Griff, ein ölglänzender stählerner Stab, sprang in seiner ganzen Länge heraus – aber die Wanne zitterte nicht einmal. Verdutzt starrte er sie an. Im Hintergrund sah er die Bildschirme, die im Mondlicht schimmerten. Hoch über ihm flackerten noch immer die Lampen. Obwohl der Griff bereits völlig herausgezogen war, packte ihn Pirx erneut ... Nichts.
    Den Schlüssel! Den Schlüssel von der Kassette des Schalters! Pirx warf sich flach auf den Boden, sah unter den Sessel, aber dort lag nur die Spicke ...
    Die Lichter flackerten unaufhörlich, die Sicherung schaltete regelmäßig den Strom aus. Jedesmal wenn sie verlöschten, wirkte ringsherum alles gespenstisch, als sei es aus den

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