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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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hellen Staubschicht bedeckt; der ganze Mond war mit mikroskopisch kleinen Meteorteilchen gepudert – toter Regen, der seit Millionen von Jahren auf ihn herabfiel. Der sogenannte Steg war nichts anderes als eine Anhäufung von Quadern und Felssplittern, ebenso wild wie die ganze Umgebung, und er verdankte seine Bezeichnung den einzementierten Aluminiumstangen, die oben so etwas wie Rubinkugeln trugen. Zu beiden Seiten dieses in den Geröllgang führenden Steges standen riesige Wände, zur Hälfte vom Licht erfaßt, zur Hälfte schwarz wie die Nacht der Milchstraße – Wände, die weder in den Alpen noch im Himalaja ihresgleichen hatten.
    Die geringe Mondschwerkraft erlaubte es dem Felsbaustoff, gespenstisch anmutende Formen anzunehmen, und diese Formen überdauerten Jahrhunderte. Das menschliche Auge wurde immer wieder irre, selbst wenn es den Anblick der Abgründe gewohnt war. Die anderen Sinne potenzierten noch den Eindruck des Unwirklichen, des Unmöglichen dieser Landschaft: Weiße Pumexquader, die die Sohle berührten, flogen wie Seifenblasen in die Höhe, und selbst der schwerste Basaltsplitter, der auf das Geröll geworfen wurde, flog unheimlich langsam und lange, um schließlich lautlos niederzusinken. Es war wie im Traum.
    Einige hundert Schritt höher änderte sich die Farbe des Felsens. Flüsse von rosafarbenem Porphyr umschlossen die Bergrinne, der sie zustrebten. Felsen, die sich stellenweise mehrere Stockwerke hoch türmten und nur mit ihren rasiermesserscharfen Rändern zusammenhingen, schienen lediglich auf eine Berührung zu warten, um als unaufhaltsame Steinlawine niederzusausen.
    Pnin führte sie durch diesen Wald der in Stein erstarrten Explosionen. Er ging nicht rasch, aber mit untrüglicher Sicherheit. Manchmal schwankte die Platte, auf die er seinen gewaltigen Skaphanderstiefel setzte, und wenn das geschah, hielt er augenblicklich inne. Nach einer Weile setzte er seinen Weg fort, oder er wich der Stelle aus. Merkmale, die nur ihm bekannt waren, zeigten ihm, ob der Felsen das Gewicht des Menschen aushalten würde oder nicht. Irgendwelche Geräusche, die den Bergsteiger warnten, gab es nicht. Einer der Basaltblöcke, an denen sie vorbeigingen, rollte ohne die geringste Ursache einen Hang hinunter, das heißt, er flog ganz langsam, schlug ab und zu auf und riß dabei andere Steine mit sich fort, die sich zu einer Lawine vereinigten. Man konnte ihren Weg nicht lange verfolgen, denn eine milchig-weiße Staubwolke hüllte alles ein. Das Schauspiel wirkte wie eine Halluzination – die zusammenprallenden Blöcke gaben kein Geräusch von sich, und durch die wulstigen Sohlen der Stiefel war kein Zittern, kein Beben zu spüren. Als sie an der nächsten Schneise scharf um die Ecke bogen, sah Pirx die Spur der Lawine und dann die Lawine selbst – eine Wolke sanft herabgleitender Wellen. Voller Unruhe suchte er die Rakete, aber die stand in Sicherheit. Sie war ein bis zwei Kilometer entfernt; er sah ihre leuchtende Hülle und die drei gespreizten Stützen. Wie ein seltsames Mondinsekt ruhte sie auf dem alten Lawinengelände, das Pirx so abschüssig erschienen war und das nun so flach wirkte wie ein Tisch.
    Als sie sich der Zone des Schattens näherten, beschleunigte Pnin seinen Schritt. Das Grauen, das die Umgebung ausstrahlte, hatte Pirx’ Aufmerksamkeit so sehr in Anspruch genommen, daß er einfach keine Zeit hatte, Langner zu beobachten. Nun erst bemerkte er, daß der Astrophysiker sicher einherschritt und niemals stolperte.
    Sie mußten einen vier Meter breiten Spalt überspringen.
    Pirx legte zuviel Kraft in den Sprung, er segelte in die Höhe und landete, krampfhaft mit den Beinen strampelnd, gute acht Meter weiter. Ein solcher Mondsprung war ein Erlebnis – er hatte nichts gemein mit den Narreteien der Touristen.
    Sie betraten den Schatten. In der Nähe der Felswände, die das Sonnenlicht reflektierten, konnten sie die Umgebung noch ein wenig erkennen, aber dann wurde die Dämmerung dichter, und es wurde so finster, daß sie einander aus den Augen verloren. In diesem Schatten war die Nacht. Pirx spürte den Frost durch die antithermischen Schichten des Skaphanders. Er drang nicht unmittelbar zum Körper, er biß nicht in die Haut, er war gewissermaßen nur die Manifestation einer schweigenden, eisigen Gegenwart. Einzelne Teile des Skaphanders begannen spürbar zu zittern, sie hatten sich um etwa zweihundertfünfzig Grad abgekühlt. Pirx’ Augen gewöhnten sich allmählich an die Finsternis. Er

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