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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Verwendung von radioaktiven Materialien als Sprengmittel. Und so zankten und stritten sie sich, bis die Platte abstürzte ... Die Engländer schrieben später, an allem seien die Kanadier schuld, denn sie hätten das erste Projekt, die Betonviadukte, abgelehnt ...«
    Pnin betrachtete eine Weile die Aufnahmen. Die eine zeigte in fast zweifacher Vergrößerung die Scharte im Kamm – schwarze Punkte kennzeichneten die Stelle des Einsturzes.
    »Die Folge ist, daß die Station periodisch unzugänglich ist, am Tage ist sie leicht zu erreichen, aber nachts überhaupt nicht. Wir sind nicht auf der Erde, wissen Sie ...«
    Pirx hatte bereits begriffen, was der Russe meinte: Auf dieser Seite der langen Mondnächte leuchtete nicht die große Lampe der Erde.
    »Und mit Infrarot läßt sich nichts machen?« fragte er.
    Pnin lächelte. »Infrarote Brillen? Aber was für Infrarot, Kollege, wenn der Felsen eine Stunde nach Sonnenuntergang hundertsechzig Grad an der Oberfläche hat ... Gewiß, theoretisch könnte man es mit Radar versuchen, aber haben Sie schon einmal versucht, auf diese Weise zu klettern?«
    Pirx bekannte, daß er es noch nie versucht habe.
    »Und ich rate es Ihnen auch nicht. Das ist eine höchst komplizierte Methode, Selbstmord zu begehen. Radar ist gut im flachen Gelände, aber nicht an der Wand ...«
    Langner und der Professor kamen herein – es war Zeit zum Weiterflug. Zum Mendelejew brauchten sie eine halbe Stunde, der Weg erforderte zwei weitere Stunden, und in sieben Stunden ging die Sonne unter. Sieben Stunden Reserve – das erschien Pirx viel. Es stellte sich heraus, daß Dr. Pnin mit ihnen fliegen würde. Sie beteuerten zwar, daß das unnötig sei, aber die Gastgeber wollten davon nichts wissen.
    Als sie schon gehen sollten, fragte Ganschin, ob sie nicht irgendwelche Nachrichten hätten, die zur Erde übermittelt werden sollten – es sei die letzte Gelegenheit. Mendelejew habe zwar Funkverbindung zu Ziolkowski, aber in sieben Stunden würden sie auf den Terminator gelangen, und es würde starke Störungen geben.
    Pirx überlegte, daß es gar nicht so übel wäre, Matters’ Schwester »Grüße von der anderen Seite« zu übermitteln, aber er traute sich nicht. Sie dankten also und gingen nach unten. Die Russen begleiteten sie bis zur Rakete, und Pirx erzählte ihnen von seinem Pech mit dem Skaphander, worauf sie ihm einen anderen heraussuchten.
    Der russische Skaphander sah anders aus als diejenigen, die Pirx kannte: Er hatte drei, nein zwei Visiere – eins gegen die hohe Sonne und ein zweites, orangefarbenes, gegen niedrige Sonne und gegen Staub. Die Luftventile waren anders angeordnet, und besonders lustig waren die Stiefel – man konnte die Sohlen aufblasen, so daß man wie auf Kissen ging. Das Geröll war nicht zu spüren, und die äußere Sohlenschicht paßte sich jeder Oberfläche an. Es war ein »Hochgebirgsmodell«. Der Skaphander war übrigens zur Hälfte silbern und zur Hälfte schwarz. Wenn man sich mit der schwarzen Seite der Sonne zuwandte, begann man zu schwitzen, und wenn man es mit der silbernen tat, umfing einen angenehme Kühle.
    Kein besonders guter Einfall, dachte Pirx, denn nicht immer kann man die Seite wählen, aus der die Sonne scheint. »Man muß dann rückwärts gehen, oder wie ...?« fragte er.
    Die Gastgeber lachten. Sie zeigten ihm den Drehgriff auf der Brust, der ein Verschieben der silbernen und der schwarzen Seite gestattete. So konnte man einen schwarzen Vorderteil und einen silbernen Rücken haben – oder umgekehrt. Die Art, wie sich diese Farben vermischten, war interessant. Zwischen der äußeren, der durchsichtigen Skaphanderschicht, die aus einem harten Plast gefertigt war, und seinem eigentlichen Korpus war ein schmaler Zwischenraum, der mit zwei verschiedenen Farbstoffen oder vielmehr halbflüssigen Massen ausgefüllt war – einer aluminisierten und einer mit Kohle angereicherten. Der Sauerstoffdruck aus dem Atemgerät bewegte sie.
    Doch nun galt es, sich zum Startplatz zu begeben. Vorher, als sie aus der Sonne gekommen waren, hatte Pirx in der Druckkammer nichts gesehen, so sehr war er geblendet. Erst jetzt bemerkte er, daß die Kammer eine Besonderheit aufwies – die Wand funktionierte wie ein Kolben; man konnte eine beliebige Anzahl von Personen herein- oder herauslassen, ohne daß dabei viel Luft entwich. In Pirx regte sich so etwas wie Eifersucht, denn die Kammern im heimatlichen Institut waren ausgediente, veraltete Kästen. Man hinkte auf diesem

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