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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Kurve, stieße sich ab und schwamm auf den Steuerraum zu. Über ihm dröhnte das Rohr.
    »W-a-y-n-e-h-i-e-r-s-i-m-o-n ...«
    Das Klopfen wurde schwächer, Pirx hatte das Rohr aus den Augen verloren. Er warf sich zur Seite, bog in den Quergang ein, stieß sich von der Wand ab und erblickte durch eine Staubwolke den verbogenen Stumpf des Rohres mit dem eingeschraubten rostigen Stopfen. Hier endet es ..., überlegte er. Es führt also nicht zum Steuerraum. Dann kann das Klopfen nur vom Heck kommen ... Aber da ist doch niemand ...
    »P-r-a-t-t-i-m-s-e-c-h-s-t-e-n-m-i-t-d-e-r-1-e-t-z-t-e-n ...«, hämmerte es. Pirx hing an der Decke wie eine Fledermaus, die Finger umklammerten das Rohr, in den Schläfen pochte es wie wild. Eine Weile war es still, dann setzte das Morsen wieder ein.
    »D-i-e-f-l-a-s-c-h-e-h-a-t-d-r-e-i-ß-i-g-m-i-n-u-s ...«
    Dreimaliges Klopfen ...
    »M-o-m-s-s-e-n-a-n-t-w-o-r-t-e – m-o-m-s-s-e-n ...«
    Stille ...
    Pirx sah sich um. Die Geräusche waren verstummt, nur die Jalousie des Ventilators schepperte leise. Ein Luftzug war zu spüren, er wirbelte flockigen Staub auf, kleine Schattensprenkel tanzten an der Decke wie große, unförmige Nachtfalter. Plötzlich hagelte es heftige Schläge.
    »P-r-a-t-t-p-r-a-t-t – m-o-m-s-s-e-n-a-n-t-w-o-r-t-e-t-n-i-c-h-t – h-a-t-s-a-u-e-r-s-t-o-f-f-i-m-s-i-e-b-e-n-t-e-n-k-a-n-n-s-t-d-u-d-u-r-c-h-k-o-m-m-e-n – e-m-p-f-a-n-g ...«
    Erneut heftiges Hämmern, das Rohr zitterte noch lange danach. Pause. Dutzende unverständlicher Zeichen, dann eine schnelle Serie.
    »G-e-h-t-s-c-h-w-a-c-h-g-e-h-t-s-c-h-w-a-c-h ...«
    Stille ...
    »P-r-a-t-t-a-n-t-w-o-r-t-e – p-r-a-t-t – e-m-p-f-a-n-g ...«
    Stille ... oder?
    Das Rohr bebte nur leicht. Wie aus weiter Ferne war ein leises Pochen zu hören – drei Striche, drei Punkte, drei Striche: SOS. Die Klopftöne wurden immer schwächer.
    Noch zwei Striche ... Noch einer, dann ein durchdringender, ersterbender Laut, als kratze oder schabe jemand am Rohr.
    Pirx hangelte sich weiter, er glitt mit dem Kopf voran am Rohr entlang und folgte dem Strang um Ecken und Kurven, mal höher, mal tiefer schwebend. Da, der Schacht, er stand offen ... Der schräge Gang ... Die Wände rückten näher zusammen ... Die erste, die zweite, die dritte Tür des Laderaums ... Es wurde dunkler ... Pirx tastete mit den Fingern über das Rohr, er wollte es nicht verlieren. Schwarzer, brandiger Staub hüllte wie ein Tuch seine Hände ein ... Die Decks lagen nun hinter ihm, er schwamm in dem Raum zwischen dem Außenpanzer und den Laderäumen. An den Traversen hingen die geschwollenen Leiber der Reservetanks, hin und wieder durchschnitt ein Lichtstreifen voller Staub die Dunkelheit. Pirx schaute hinauf und erblickte in dem schwarzen Schacht zwei Lampenreihen. Ihr Licht war rostrot von dem Staub, den er in einer länglichen Wolke wie Qualm hinter sich herschleppte. Die Luft war muffig, stickig, es roch nach erhitztem Blech. Er schwebte inmitten der schwach erkennbaren Schatten der Eisenkonstruktion und hörte das Rohr hallen.
    »P-r-a-t-t-p-r-a-t-t-a-n-t-w-o-r-t-e-n – p-r-a-t-t- ...«
    Die Leitung gabelte sich. Pirx preßte die Hände um beide Stränge, er wollte wissen, aus welcher Richtung die Geräusche kamen, aber es war vergebens. Auf gut Glück bog er links ab. Ein Eingang. Ein Tunnel, der enger wurde, schwarz wie Teer. Am Ende war ein Lichtschein zu erkennen. Pirx schwamm auf ihn zu, so rasch er konnte, und landete in der Vorkammer des Reaktors.
    »H-i-e-r-w-a-y-n-e – p-r-a-t-t-a-n-t-w-o-r-t-e-t-n-i-c-h-t ...«, dröhnte es im Rohr, als er die erste Tür öffnete. Heiße Luft schlug ihm ins Gesicht. Er zog sich an der Plattform hoch, die Kompressoren heilten, warmer Wind zauste sein Haar. Er erblickte in verkürzter Perspektive die Betonwand des Reaktors, die Uhren leuchteten, die Signallichter zitterten wie rote Tropfen.
    »S-i-m-o-n-a-n-w-a-y-n-e – h-ö-r-e-m-o-m-s-s-e-n-u-n-t-e-r-m-i-r ...«, hämmerte es in unmittelbarer Nähe. Das Rohr verlief im Bogen nach unten, und dort, wo es in die Hauptleitung mündete, stand Terminus, der Automat. Er hatte sich breitbeinig hingestellt, seine Arme zuckten abwechselnd vor, er schien mit einem unsichtbaren Gegner zu kämpfen. Mit vollen Händen warf er Zementteig an die Wand, klatschte ihn breit, verbesserte, modellierte und wandte sich dem nächsten Abschnitt zu. Pirx verfolgte den Rhythmus der Bewegungen. Die Arme, die wie Kolben arbeiteten, trommelten: »H-i-e-r-w-a- y-n-e –

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