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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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der natürlichen Risse oder Flüsse aufdeckte, und dann war die Sache geplatzt wie eine Seifenblase: eine optische Täuschung. Basta.
    Er säuberte den Rasierapparat, und während er ihn im Futteral verstaute, sah er sich noch einmal, schon mit unverhohlenem Mißvergnügen, dieses ganze Agathodaemon an, diesen rätselhaften »Kanal«, der aus einem langweiligen, flachen Terrain mit zahllosen Schutthaufen am nebligen Horizont bestand. Verglichen mit dem Mars, war der Mond geradezu gemütlich. Sicherlich wäre das jemandem, der sich noch nie von der Erde wegbewegt hatte, seltsam vorgekommen, aber es war nun mal die reine Wahrheit. Erstens wirkte die Sonne von dort aus gesehen genauso wie von der Erde aus, und daß dies wichtig war, wußte jeder, der sich weniger gewundert als vielmehr direkt erschrocken hatte, wenn er sie in Form eines geschrumpften, verwelkten, ausgekühlten Feuerbällchens erblickte. Und dann die majestätische blaue Erde, wie eine Lampe, wie ein Symbol sicherer Nähe, wie ein Symbol der Heimat, das die Nächte so schön erhellte – während der Phobos und der Deimos zusammen nicht einmal soviel Licht spendeten wie der Mond im ersten Viertel. Ferner die Stille. Das Fehlen jeglicher Atmosphäre – kein Zufall, daß es einfacher war, den ersten Schritt des Apolloprojekts im Fernsehen zu übertragen als einen analogen Vorgang beispielsweise vom Gipfel des Himalaja. Und was für den Menschen ein pausenloser Wind bedeutet, davon konnte man sich richtig erst auf dem Mars überzeugen.
    Er sah auf die Uhr: Sie war eine völlig neue Errungenschaft mit fünf konzentrischen Zifferblättern, die die Standardzeiten der Erde, die Bordzeit und die planetare Zeit anzeigten. Es war kurz nach sechs.
    Morgen um diese Zeit bin ich vier Millionen Kilometer von hier weg, dachte er nicht ohne Genugtuung. Er gehörte zum »Klub der Transporter«, die das Projekt versorgten, aber die Tage seines Dienstes waren gezählt, denn für die Linie Ares-Terra waren schon die riesigen neuen Flugkörper mit einer Ruhemasse von hunderttausend Tonnen vorgesehen. Seit ein paar Wochen waren »Ariel«, »Ares« und »Anabis« auf Marskurs; Ariel sollte in zwei Stunden landen. Er hatte noch nie die Landung eines Hunderttausenders beobachtet, weil diese auf der Erde nicht aufsetzen konnten; sie wurden auf dem Mond beladen, den Berechnungen der Ökonomen zufolge zahlte sich das aus. Raumschiffe wie sein »Cuivier« mit zehn- bis zwanzigtausend Tonnen sollten ein für allemal von der Bühne verschwinden. Bestenfalls würde man noch ein paar Kleinigkeiten mit ihnen transportieren. Es war sechs Uhr zwanzig, und ein vernünftiger Mensch hätte um diese Zeit etwas Warmes zu sich genommen. Der Gedanke an Kaffee war in der Tat verlockend. Aber er wußte nicht, wo man hier Verpflegung bekam. Er war zum erstenmal im Agathodaemon. Bisher hatte er das Hauptfeld angeflogen, das der Syrte. Weshalb man den Mars an zwei Punkten zugleich anging, die zehn- bis zwanzigtausend Meilen voneinander entfernt waren? Er kannte die wissenschaftlichen Gründe, aber er dachte sich sein Teil. Übrigens trug er seine Kritik nicht zu Markte. Die Große Syrte sollte das thermonukleare und intellektronische Polygon werden. Dort sah es ganz anders aus. Es gab Leute, die behaupteten, das Agathodaemon sei das Aschenputtel des Projekts, es hätte schon mehrmals vor der Auflösung gestanden. Aber immer noch rechnete man mit dem angeblich gefrorenen Wasser, mit den dicken Gletschern aus Urzeiten, die hier unter dem verharschten Boden verborgen sein sollten – sicher, wenn das Projekt auf Wasser stieße, wäre das ein wahrer Triumph in Anbetracht der Tatsache, daß vorerst jeder Tropfen von der Erde hergebracht werden mußte und daß man schon seit zwei Jahren an einer Einrichtung baute, die den Wasserdampf aus der Atmosphäre auffangen sollte. Die Inbetriebnahme wurde jedoch ständig aufs neue verschoben.
    In der Tat, der Mars besaß für ihn keinerlei Reiz.
    Er wollte noch nicht hinausgehen – in dem Gebäude war es so still, als wären alle ausgeflogen oder gestorben. Vor allem deshalb aber blieb er lieber hier, weil er sich ans Alleinsein gewöhnt hatte – als Kommandant eines Raumschiffes konnte man sich zurückziehen, wann immer man wollte, und die Einsamkeit tat ihm gut: Nach einem längeren Flug – jetzt, da Erde und Mars in Opposition standen, brauchte man mehr als drei Monate – mußte er sich immer überwinden, um gleich unter fremde Menschen zu gehen. Und hier

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