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Pinguine frieren nicht

Pinguine frieren nicht

Titel: Pinguine frieren nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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offensichtlichen sechzig Jahre, ein starker und gesunder Mann zu sein. Er stieg in Trainingshosen und T-Shirt aus dem Wagen, begrüßte Viktor und schlug ihm vor, gleich loszufahren.
    Sie fuhren eine halbe Stunde, dann hielten sie in einem kleinen malerischen Dörfchen am Meer. Vor einem hellgrün gestrichenen Hoftor hupte Mladen, und kurz darauf kamen die fehlenden zwei auf die Straße – das hochgewachsene Mädchen in Jeans und Pulli und der zweite Mann im grauen Anzug und dunkelblauer Fliege, noch älter aussehend als auf dem Internet-Foto.
    »Radko«, stellte der Mann sich vor.
    [510] »Vesna.« Das Mädchen betonte ihren Namen auf der ersten Silbe und streckte Viktor die Hand hin.
    Die etwas tiefe Stimme berührte Viktor seltsam. ›Vermutlich raucht sie‹, dachte er bedauernd.
    »Zeig mal das Geld«, bat Mladen Viktor, bevor sie wieder ins Auto stiegen.
    Viktor zog die Kreditkarte des Bankiers aus der Jackentasche.
    »Hier ist viel mehr, als Sie haben wollten.«
    »Gut, das überprüfen wir«, nickte Mladen. »Jetzt fahren wir zum Boot, dann einkaufen.«
    Das Boot lag nicht weit von diesem malerischen Dorf in einer Bucht und war viel kleiner als jene, die zu ihnen an die Antarktisstation gekommen waren. Und auch noch kleiner, als er es sich vorgestellt hatte.
    »Vesna«, las er laut den Namen, nach russischer Art auf dem ›a‹ betonend.
    »Vesna«, betonte Mladen auf der ersten Silbe, und Viktor begriff, daß das Boot zu Ehren ihrer künftigen Reisegefährtin benannt war.
    Zwanzig Minuten später erreichten sie eine andere Bucht. Hier gab es schon ein größeres Städtchen, sogar mit einer kleinen Uferstraße. An der Uferstraße lag ein Geschäft für Bootsausrüstung. Dort gingen sie alle vier hinein.
    Der zuvorkommende, braungebrannte Verkäufer, ohne Zweifel selbst ein Segler, erklärte Mladen und Radko irgendwas eingehend.
    Auf dem breiten Ladentisch landeten schon ein paar Taurollen, metallene Karabiner und Haken. Mladen und [511] Radko musterten alles aufmerksam, nickten und fragten nach dem nächsten, und der Verkäufer verschwand wieder hinter einer Tür.
    Als alle Einkäufe auf dem Ladentisch lagen, wandte Mladen sich zu Viktor um.
    »Gib ihm dein Kärtchen!«
    Der Verkäufer studierte die Kreditkarte gelassen, aber gründlich. Er steckte sie in den Kassenapparat und zog einen Durchdruck heraus, auf dem jetzt die Summe von dreitausendachthundert Dollar zu lesen war. Dann schob der Verkäufer Viktor den Durchdruck samt Kopie hin, und Viktor verstand, was man von ihm erwartete. Sorgfältig unterschrieb er für den toten Bankier.
    Sie verstauten die Einkäufe im Kofferraum und fuhren alles zum Boot.
    Auf dem Rückweg fing Viktor, der jetzt hinten saß, immer wieder angespannte Blicke auf, mal von Mladen, mal von Radko. Nur Vesna sah ihn anders an. Ihr Blick war eher ein wenig ratlos, und Viktor glaubte sogar, Mitleid in ihm zu lesen. Sofort versuchte er, entschlossener und stärker auszusehen.
    »Zeig noch mal das Kärtchen«, bat Mladen, nachdem er den Wagen in Split neben einem Supermarkt angehalten hatte.
    Er musterte aufmerksam die Unterschrift auf der Rückseite und pfiff nachdenklich durch die Zähne.
    »Okay, jetzt kannst du dich um deine Sachen kümmern. Den Proviant für die Reise kaufe ich damit selbst.«
    »Ich kenne doch die Stadt gar nicht«, wunderte sich Viktor. »Bringt mich doch wenigstens zum Hotel zurück!«
    [512] »Da ist das Hotel«, wies Radko mit der Hand hin. »Drei Minuten zu Fuß!«
    Viktor drehte sich um und erblickte tatsächlich sein Hotel.
    »Wir starten am achten um sechs Uhr morgens«, sagte Mladen. »Morgen gegen elf komme ich mal vorbei.«
    »Geht es etwas später, gegen zwei? Wir haben einen Wettkampf, ich bin mit einer Armwrestling-Mannschaft hier.«
    Mladen und Radko tauschten bedeutungsschwere Blicke.
    »Geht auch«, antwortete Mladen langsam.
    »Und ich habe noch eine Bitte«, begann Viktor und merkte zu seinem Entsetzen, daß seine Stimme zitterte, und bestimmt strahlte auch sein Gesicht nicht die kleinste Selbstsicherheit aus. »Ich wollte einen Pinguin mitnehmen, um ihn in der Antarktis freizulassen. Ich war schon mal dort…«
    In Mladens reglosem rundem Gesicht bewegten sich nur die dicken Lippen.
    »Darüber reden wir morgen«, sagte er. »In welchem Zimmer bist du?«
    »Hundertachtundvierzig.«
    Mladen nickte und gab Viktor die Hand.
    Auf dem Weg zum Hotel widerstand Viktor dem Drang, sich umzudrehen. Er spürte die scharfen, angespannten Blicke in seinem

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